# taz.de -- Pressefreiheit in Deutschland: Ideologische Feindschaft
       
       > JournalistInnen werden meist von Rechten angegriffen. Das zeigt ein
       > Fünfjahresbericht. Seit 2015 erlebt das Motiv der „Lügenpresse“ eine
       > Renaissance.
       
 (IMG) Bild: Szene aus der Chemnitzer Innenstadt 2018: Ein Journalist auf der Flucht
       
       Ende August 2018: In Chemnitz mobilisieren extrem Rechte zu
       Demonstrationen, [1][es kommt zu Hetzjagden] gegen Personen, bei den
       Ausschreitungen werden auch JournalistInnen angegriffen.
       
       Nun, knapp eineinhalb Jahre später, stellt das Europäische Zentrum für
       Presse- und Medienfreiheit aus Leipzig fest, dass Angriffe auf
       JournalistInnen mittlerweile Normalzustand geworden seien. Die Organisation
       dokumentiert seit 2015 tätliche Angriffe auf Medienschaffende, am Mittwoch
       veröffentlichte sie ihre [2][Fünfjahresbilanz] „Feindbild Journalist“.
       
       Zwar hätten die dokumentierten Angriffe 2019 im Vergleich zum Vorjahr
       abgenommen (14 zu 26), allerdings habe sich ein „Tatbild“ seit Beginn der
       Dokumentation bestätigt: vor allem Personen aus dem rechten politischen
       Lager greifen demnach JournalistInnen an. 2019 kamen alle Angriffe mit
       Ausnahme von drei aus dem rechten Spektrum, keine aus dem linken. 55, und
       damit fast die Hälfte der 119 insgesamt verzeichneten bundesweiten Angriffe
       seit 2015, ereigneten sich im Bundesland Sachsen.
       
       Seit Beginn der Dokumentation sei der Täterkreis zudem wegen des
       Zusammenschlusses Rechtsextremer und „bürgerlich“ auftretender Personen
       diffuser geworden, sagt der Bericht: „Eine breite, heterogene Masse trägt
       die Pressefeindlichkeit“, heißt es.
       
       ## Pegida als Renaissance-Moment
       
       2015 und 2018 sind die Jahre mit den meisten Angriffen. 2015 steht dabei
       für die neuen Montagsdemonstrationen von Pegida und 2018 für die
       Ausschreitungen in Chemnitz. Das Phänomen Pegida findet in dem Bericht
       ausführliche Betrachtung und gilt als Renaissance-Moment des
       [3][„Lügenpresse“]-Diskurses.
       
       Die AutorInnen beziehen sich auf sogenannte Falluntersuchungen, das heißt
       Nachfragen bei Polizeibehörden, Staatsanwaltschaften und Gerichten, Kontakt
       mit Betroffenen und Zeugen sowie Berichterstattung und wissenschaftliche
       Literatur. Für ihren Bericht haben sie unter anderem auch mit aktuellen
       oder ehemaligen Mitarbeitern der taz gesprochen.
       
       Im laufenden Jahr ereigneten sich bisher laut Bericht sechs Angriffe, davon
       verorten die AutorInnen drei im linken Spektrum, konkret auf einer
       Demonstration Ende Januar in Leipzig, bei der Fernsehmitarbeiter
       angegriffen wurden.
       
       Von den 119 tätlichen Angriffen der vergangenen fünf Jahre werden elf dem
       linken und 92 dem rechten Spektrum zugeordnet. Diese Zuordnungen seien
       „Hilfskonstruktionen“, schreiben die AutorInnen. Sie lehnen die sogenannte
       Extremismus- oder [4][“Hufeisentheorie“] ab, die linke und rechte
       politische Orientierungen als problematische Extreme einer
       unproblematischen politischen Mitte versteht, und die zwischen diesen
       prinzipiell und inhaltlich nicht unterscheidet.
       
       ## Pressefeindschaft von rechts ideologisch motiviert
       
       Die dokumentierten Angriffe aus linken und rechten Spektren hätten zudem
       unterschiedliche Motive: Während im rechten Spektrum eine ideologisch
       verankerte Medienfeindschaft verbreitet sei, die in der
       „Lügenpresse“-Erzählung von Journalisten gründet, die im Sinne von Eliten
       gegen das „Volk“ schreiben würden, gebe es ein ähnliches Muster links
       nicht.
       
       Als Konsequenz dieser Erkenntnisse fordert das Zentrum für Presse- und
       Medienfreiheit Polizeifortbildungen, den Ausbau polizeilicher Erfassung,
       unbürokratischen Datenschutz für Berichtende und dass Medienhäuser sich
       aktiv für betroffene MitarbeiterInnen engagieren.
       
       12 Mar 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Debatte-um-Gewalt-in-Chemnitz/!5621376
 (DIR) [2] https://www.ecpmf.eu/das-feindbild-iv-pressehass-als-normalzustand/
 (DIR) [3] /Schwerpunkt-Luegenpresse/!t5020379/
 (DIR) [4] /Kommentar-Extremismusthese-in-Sachsen/!5277393
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Volkan Ağar
       
       ## TAGS
       
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