# taz.de -- Schulöffnung in Österreich: Ein Zufluchtsort fehlt
       
       > In der Coronakrise bleiben in Österreich die Schulen noch weiter
       > geschlossen. Für sozial benachteiligte Kinder ist das besonders schwer.
       
 (IMG) Bild: Abstand halten im Klassenzimmer? In der Schule kaum vorstellbar
       
       Diese Woche beginnt in [1][Nordrhein-Westfalen die Schule]. Vorerst aber
       nur für Abschlussschüler aus den Klassen 10, 12 und 13. In Österreich
       dagegen gibt es noch keinen Plan, wie es mit den Schulen weitergehen soll.
       Während kleine Geschäfte und Baumärkte schon geöffnet haben und man weiß,
       dass [2][ab 1. Mai Golf- und Tennisplätze] sowie Reitställe aufsperren,
       tappt man bei den Schulöffnungen weiterhin im Dunkeln.
       
       Hohn für jene, die es sich nicht leisten können, ihre Kinder sich am
       Tennisplatz austoben zu lassen. Natürlich hinkt der Vergleich, ist die
       Ansteckungsgefahr dort doch viel geringer als in Schulen. Trotzdem wirft es
       ein schlechtes Licht auf das Vorgehen, wenn man einen Plan für die
       Sportarten der Bourgeoisie präsentiert, aber die Alleinerziehende noch
       immer nicht weiß, wie es mit der Betreuung ihrer Kinder weitergehen soll,
       und die Frustration bei Familien aus unteren sozialen Schichten wächst,
       weil sie neben Existenzängsten auch nicht wissen, wie sie ihren Kindern
       beim Lernen helfen sollen.
       
       Während die Schulöffnungen in Teilen Deutschlands aber [3][mehrheitlich
       kritisiert werden], vom Lehrerverband, Gesundheitsexpertinnen und in
       breiten Teilen der Bevölkerung, werden die Stimmen, die die Öffnung der
       Schulen fordern, in Österreich immer lauter. Ich beneide Politikerinnen und
       Politiker gerade wirklich nicht um ihre Verantwortung.
       
       Als ehemalige Lehrerin weiß ich ganz genau, dass die Schulschließungen in
       Österreich Kinder aus sozioökonomisch schwächeren Familien meilenweit
       zurückwerfen werden. Die soziale Schere geht weiter auseinander und wir
       schauen vom Homeoffice aus dabei zu.
       
       ## Schule als Zufluchtsort
       
       Die, die daheim keine Computer, keine gute Internetverbindung, keinen
       Schreibtisch und keine Eltern haben, die ihnen beim Homeschooling helfen,
       bleiben auf der Strecke. 6,8 Prozent der 6- bis 14-Jährigen sind in
       Österreich während der Schulschließungen schon „verloren“ gegangen, werden
       von ihren Lehrpersonen nicht mehr erreicht. Gleichzeitig verfallen Familien
       wieder in das traditionelle Rollenmodell, indem sich nun die Frauen daheim
       vermehrt um die Kinder kümmern.
       
       Andererseits gehen Schulöffnungen mit einem gesundheitlichen Risiko einher:
       Man wird es weder räumlich noch zwischenmenschlich schaffen können, dass
       sich alle Kinder und Jugendlichen an die Sicherheitsmaßnahmen halten. Was
       bedeutet das für jene Schülerinnen und Schüler, die mit Personen aus der
       Risikogruppe zusammenwohnen oder selbst zur Risikogruppe gehören?
       
       Jeder noch so ausgeklügelte Plan zur etappenweisen Öffnung kann dieses
       Risiko niemals ganz minimieren. Aber da wäre auch das Risiko, das die
       Kinder und Jugendlichen sonst von selbst eingehen werden, weil sie es nicht
       mehr daheim aushalten. Häusliche Gewalt, Existenzängste der Eltern, für
       viele Kinder ist die Schule ein Zufluchtsort – den sie gerade in
       Krisenzeiten dringend bräuchten.
       
       20 Apr 2020
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Melisa Erkurt
       
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