# taz.de -- Debatte über Atemmasken: Einfach mal den Mund verhüllen?
       
       > Ist eine Maskenpflicht sinnvoll oder Quatsch: Ein AfD-Antrag erhitzt die
       > Gemüter im Gesundheitsausschuss.
       
 (IMG) Bild: Kann ja auch kleidsam sein, so ein Mundschutz
       
       Auf der Sitzung des Gesundheitsausschusses am Montag kam der Antrag als
       letzter Tagesordnungspunkt zur Abstimmung: Die AfD forderte, der Senat
       solle die Corona-Eindämmungsverordnung durch eine Pflicht zum Tragen eines
       Mund-Nasen-Schutzes – vulgo: Atemmaske – im öffentlichen Raum erweitern und
       alles tun, um die Verfügbarkeit solcher Masken zu fördern. Da die aktuelle
       Kontaktsperre in absehbarer Zeit wieder gelockert werde, müssten
       „Alternativen herangezogen werden“, um die Ausbreitung des Virus zu
       verlangsamen.
       
       Nun ließe sich sagen: Wenn die AfD mal einen Antrag ohne
       rechtspopulistischen Duktus formuliert, der die aktuelle Politik nicht
       konterkariert, sondern zu ergänzen sucht, könnte es sich um die Methode
       handeln, die im Netz als „Trollen“ bekannt ist. Und da es gute Gründe für
       eine Ächtung der AfD gibt, hätte Rot-Rot-Grün im Ausschuss vielleicht
       besser den Daumen nach unten gedreht, ohne viel drumherumzureden. Leider
       passierte genau das.
       
       Namentlich der Ausschussvorsitzende Wolfgang Albers (Linke) meinte, als
       Arzt quasi ex cathedra den Antrag ins Lächerliche ziehen zu müssen. Mit
       ziemlich schlechten Argumenten. „Solche Masken zu tragen“ – Albers bezog
       sich auf den „normalen“ Mund-Nasen-Schutz im Gegensatz zu den teuren, dicht
       abschließenden FFP-Masken – „ist nur eine Höflichkeitsgeste. Diese Masken
       haben wahrscheinlich keine virologische und epidemiologische Wirkung, da
       können Sie sich genauso gut eine venezianische Maske schnitzen.“
       
       Dass auch solche Masken mehr als nur „vermeintlichen Schutz“ (Albers)
       bieten, [1][diese Erkenntnis setzt sich aber zunehmend durch]. Zuallererst
       im Sinne des „Fremdschutzes“: Das Robert-Koch-Institut (RKI) weist auf
       seiner Webseite darauf hin, „ein Mund-Nasen-Schutz (MNS) oder bei der
       gegenwärtigen Knappheit eine textile Barriere im Sinne eines MNS“ könne
       infektiöse Tröpfchen erkrankter TrägerInnen abfangen. Und: „Nicht jeder,
       der mit Sars-CoV-2 infiziert ist, bemerkt das auch. In der Regel sind
       Betroffene bereits mit sehr leichten Symptomen ansteckend.“
       
       ## Maskenpflicht wäre nur logisch
       
       Schon aus Gründen der Logik heißt das, dass eine Maskenpflicht die
       Übertragungsrate senken würde. Zum sogenannten Selbstschutz – dem Schutz
       der TrägerIn vor den Viren anderer – schreibt das RKI hingegen nicht,
       dieser sei auszuschließen. Es gebe nur „keine hinreichenden Belege dafür“.
       Allerdings [2][haben Studien auch hier begrenzten Schutz nachgewiesen].
       
       Albers manövrierte sich in einen Widerspruch, indem er aus einer in
       Prä-Corona-Zeiten verfassten Empfehlung des Bundesinstituts für
       Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zum Umgang mit Mund-Nasen-Schutz
       vorlas. Darin heißt es, beim Abnehmen der Maske sei Vorsicht geboten, weil
       die Außenseite potenziell erregerhaltig sei. Zusammen mit weiteren
       Verhaltensregeln (etwa, dass die Maske anschließend luftdicht verschlossen
       aufbewahrt werden müsse) sollte das illustrieren, wie unpraktikabel eine
       Maskenpflicht sei.
       
       Dem FDP-Abgeordneten Florian Kluckert platzte daraufhin der Kragen. Wenn
       die Außenseite kontaminiert sei, bedeute das doch, dass die Maske
       infektiöses Material abgefangen habe: „Es ist doch auf jeden Fall besser,
       wenn ich diese Viren nicht in den Mund bekommen habe!“ Albers’
       Argumentation sei „genauso logisch, wie wenn Sie sagten, Händewaschen
       schützt nicht vor Ansteckung, nur weil es vielleicht nicht jeder schafft,
       damit hundert Prozent der Erreger zu entfernen“.
       
       Wolfgang Albers argumentierte auch noch, man „könne nicht zur
       Ordnungswidrigkeit definieren, was aus wissenschaftlicher Sicht
       möglicherweise keinen Sinn macht“. Es lasse sich nicht „strafbewehren“,
       wenn jemand seine Maske beispielsweise zu lange trage: „Sie müssten dann
       jede Maske auf ihre Feuchtigkeit prüfen.“ Eine Vorstellung, die sich wieder
       auf die – vermeintlich maßgeblichen – BfArM-Empfehlungen bezog.
       
       Ende Februar, als die Corona-Welle vor Berlin stand, hatte Albers der taz
       übrigens in einem Interview gesagt, die gerade erfolgte Absage der ITB habe
       keine objektiven Gründe, sondern sei dem „grassierenden Aktionismus“
       geschuldet: „Da hätten wir auch die Berlinale absagen müssen, und es dürfte
       kein Hertha-Spiel und kein Gottesdienst mehr stattfinden.“
       
       6 Apr 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Baumwollmasken-machen-Sinn/!5670920/
 (DIR) [2] https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2440799/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Claudius Prößer
       
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