# taz.de -- Wiederaufnahme der Bundesliga: Covid-19 ist keine Muskelzerrung
       
       > Die gesamte Mannschaft von Dynamo Dresden wird in Quarantäne geschickt.
       > Es wird deutlich, wie wackelig das Konzept für den Fußball-Neustart ist.
       
 (IMG) Bild: Vollkontaktsportler: Dynamo Dresden ist zu zwei Wochen Quarantäne verdonnert worden
       
       Bereits vor der Autofahrt aus seinem Frankfurter Wohnort in die
       Sendezentrale des Zweiten Deutschen Fernsehens (ZDF) auf dem Mainzer
       Lerchenberg hatte Christian Seifert von der schlechten Nachricht erfahren:
       Die gesamte Mannschaft, Trainer- und Betreuerstab des Zweitligisten Dynamo
       Dresden müssen sich nach zwei positiven Coronatests auf Anweisung des
       örtlichen Gesundheitsamtes für 14 Tage in häusliche Quarantäne begeben.
       
       Der vorgesehene Fußball-Spielbetrieb in den beiden Bundesligen ab dem 16.
       Mai ist nun in bisheriger Form nicht mehr zu halten. „Wir haben von Anfang
       an gesagt, dass das etwas ist, worauf wir uns einstellen müssen. Wir ändern
       nicht das Ziel; wir ändern, wenn überhaupt, die Pläne“, stellte der
       Geschäftsführer der Deutschen Fußball-Liga (DFL) zwar als Gast im
       „ZDF-Sportstudio“ klar, doch einen Tag nach seinem 51. Geburtstag hätte
       sich Seifert schönere Botschaften für den hiesigen Lizenzfußball gewünscht.
       
       Wenn andere Gesundheitsämter dem Beispiel Dresden folgen – weil dort erste
       Trainingseinheiten unter Vollkontakt stattgefunden haben –, dann könnten
       die Konzepte für den Re-Start [1][schnell hinfällig sein]. Der Liga-Chef
       sieht „für den Moment noch keinen Grund, die Fortführung der zweiten Liga
       infragezustellen“. Nur klar sei: „Es gibt sicher eine Größe, da ist das
       dann irgendwann nicht mehr machbar.“ Auch wenn Seifert den Fall nicht als
       Rückschlag bezeichnet, hat die Bundesliga einen Schuss vor den Bug
       erhalten. Gerade noch hatte Uefa-Präsident Aleksander Ceferin das
       „leuchtende Beispiel“ aus Deutschland gelobt.
       
       Jetzt fällt das Scheinwerferlicht auf die Bruchstelle des DFL-Modells: Wenn
       lokale Behörden vorsichtshalber ganze Teams isolieren, sind die
       Notfallpläne bald Makulatur. Bei einer Covid-19-Erkrankung kann eben doch
       nicht der betroffene Akteur einfach nur durch einen anderen ersetzt werden
       wie bei einer Muskelzerrung. Die Denke des deutschen Profifußballs wird
       sich wohl wandeln müssen. Die von der DFL eingesetzte Task Force sah ihr
       Hygiene- und Sicherheitskonzept als so sicher an, dass es „den Verzicht auf
       eine Gruppenquarantäne rechtfertigt“, wie es dort heißt.
       
       ## „Staatliche Stellen geben den Takt vor“
       
       Doch wer einem anderen in die Beine grätscht, ihn am Trikot zerrt oder zu
       Boden reißt und eigentlich bei vielen Zweikämpfen den Atem ins Gesicht
       bläst, hat mit dem Gegenüber einen innigen Kontakt. Im Training oder Spiel.
       Die für den „Face to face“-Kontakt festgelegte 15-Minuten-Regeln hier
       anzuwenden, scheint wenig sinnvoll. „Auch die Sportministerkonferenz hat
       bereits in der jüngeren Vergangenheit empfohlen, dass bei Auftreten eines
       Falles eine 14-tägige Quarantäne folgen soll“, räumte Seifert kleinlaut
       ein.
       
       Der Dissens war deutlich hörbar: „Es ist relativ egal, was wir uns mal
       gedacht haben. Die staatlichen Stellen geben den Takt vor. Momentan hätte
       ich es mir anders gewünscht.“ Ihm missfällt, dass der Ball wieder bei der
       Politik liegt. Der Profifußball würde Reduzierungen im Personalstand durch
       das Coronavirus gerne wie bei einem Magen-Darm-Virus handhaben. Erst wenn
       nur noch 13 oder weniger Vertragsspieler zur Verfügung stehen, kann ein
       Klub nach der Spielordnung eine „Absetzung aus Krankheitsgründen“
       beantragen.
       
       Wäre es eine Lösung, den Spielern nicht nur ein klinisch reines Leben zu
       empfehlen, sondern sie an einem klinisch reinen Ort einzusperren – in einer
       Art Dauerquarantäne? Der bei der DFL für Fußballangelegenheiten zuständige
       Direktor Ansgar Schwenken wird das sicher intern erörtern. Seine Direktion
       muss nun einen neuen Spielplan fürs Unterhaus entwerfen: Dresdens
       Auswärtsspiel zum Re-Start bei Hannover 96 am kommenden Sonntag wird ebenso
       wenig stattfinden können wie eine Woche später das Heimspiel gegen Greuther
       Fürth.
       
       Nach der Frühjahrspause erscheint fraglicher denn je, dass am 27./28. Juni
       die erste und zweite Liga zu Ende gespielt haben, wobei Seifert Spielräume
       nach hinten andeutete. Dass sich im neuesten ZDF-Politikbarometer bereits
       eine Mehrheit von 54 Prozent der Befragten [2][für einen Saisonabbruch]
       ausspricht, überraschte den Liga-Chef übrigens nicht. Er selbst wird weiter
       dafür kämpfen, einen „absoluten Notbetrieb“ ins Laufen zu bringen.
       
       Wenn das nicht gelingt, könnte der aufwändige Feldversuch mit Tausenden von
       Tests an Profis und ihren engen Begleitern auch etwas Gutes gehabt haben.
       Diese Massentests könnten zeigen, dass viel mehr Personen als angenommen
       das Virus in sich tragen, ohne es zu wissen.
       
       10 May 2020
       
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