# taz.de -- Der Polit-Taktiker Jens Spahn: Mit Cowboymethoden
       
       > Vorpreschen, Kritik auslösen, zurückrudern: Jens Spahn praktiziert eine
       > erfrischende Form von Antimerkelismus.
       
 (IMG) Bild: Mal hü, mal hott: Jens Spahn spricht beim Besuch im Roche-Entwicklungslabor
       
       Jens Spahn ist der Cowboy der deutschen Corona-Politik. Der
       CDU-Gesundheitsminister prescht vor, löst Kritik aus, sowohl an seinem Stil
       wie am Vorschlag. Dann rudert er zurück, um wenig später einen Vorschlag zu
       unterstützen, der auch Kritiker zufriedenstellt. So geschehen bei der
       Debatte um die Technologie für [1][die Corona-App]. Erst favorisierte Spahn
       die zentrale Speicherung der Verdachtsdaten auf die Covid-19-Infektion,
       dann aber schwenkte die Bundesregierung auf die dezentrale Lösung ein. Die
       Datenschützer jubelten.
       
       Jetzt hat er es schon wieder getan. Spahn denkt laut über einen
       [2][Immunitätsausweis] nach, Patienten- und Behindertenverbände, die
       Opposition protestieren – der Gesundheitsminister legt seine Pläne wieder
       auf Eis.
       
       Man kann dafür Sympathie haben, wie der Minister vorgeht. Einen Vorschlag
       in die Öffentlichkeit zu stellen, die Diskussion zu verfolgen und dann
       darauf einzugehen, sogar schnell, das ist eine erfrischende Form von
       [3][Antimerkelismus]. Es entspricht sogar mehr dem modernen Forscherbild,
       das sich während der Coronakrise in der Öffentlichkeit langsam abzeichnet.
       
       Die Kanzlerin als Naturwissenschaftlerin, lange abwägend, bis sie ein
       sicheres Urteil fällen kann – im Gegensatz dazu erleben wir Virologen und
       Epidemiologen, die sich öffentlich in den wissenschaftlichen Diskurs
       stürzen und auch revidieren, ohne ihre Souveränität zu verlieren. Nimmt
       sich Spahn also ein Beispiel an den Drostens, Streecks und Kekulés dieser
       Tage?
       
       ## Interesse an Datenerfassung
       
       Für ein eindeutiges Urteil ist es noch viel zu früh. Auch hinter dem
       Immunitätsausweis steckt das Interesse, Gesundheitsdaten zentral zu
       erfassen, diesmal nicht der infizierten, sondern der immunisierten
       Personen. Es würde unweigerlich in eine Zweiklassengesellschaft führen, was
       Bürger- und Freiheitsrechte angeht. Und sogar die bestrafen, die sich
       vorbildlich an die Vorgaben der Regierung gehalten haben, damit die
       Infektionszahlen sinken.
       
       Und auch wenn Jens Spahn nun den Ethikrat um Stellungnahme gebeten hat:
       Souverän wäre es gewesen, hätte er die Pläne nicht nur auf Eis gelegt,
       sondern sie ganz in die Tonne getreten.
       
       5 May 2020
       
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