# taz.de -- Zu trockenes Frühjahr im Norden: Die Dürre, die bleibt
       
       > Schon wieder ist zu wenig Regen gefallen. In Norddeutschland droht ein
       > trockener Sommer. Es spricht viel dafür, dass wir uns daran gewöhnen
       > müssen.
       
 (IMG) Bild: So wird die Zukunft wohl aussehen: Acker, der bewässert werden muss
       
       HAMBURG taz | Der [1][April 2020] war der sonnigste April seit
       Aufzeichnungsbeginn. Nach [2][ersten Auswertungen] des Deutschen
       Wetterdienstes (DWD) ist er der dritttrockenste und siebtwärmste seit
       Beginn regelmäßiger Messungen. Zugleich zeigt die Klimastatistik:
       Deutschland hat den zwölften zu trockenen April in Folge erlebt. Geht es
       nach den Modellen der Klimaforscher, dürfte das in den kommenden Jahren
       locker so weitergehen.
       
       Norddeutschland hat dabei nach den Berechnungen des Leipziger
       Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung (UFZ) mit einer paradoxen
       Entwicklung zu rechnen: Obwohl es übers Jahr gesehen etwas mehr regnen
       wird, werden die Niedrigwasserstände in den Flüssen sinken und die
       Dürreperioden länger. Das geht aus einer Studie des UFZ zu den
       „[3][Auswirkungen der globalen Erwärmung auf hydrologische und agrarische
       Dürren und Hochwasser in Deutschland]“ hervor.
       
       Darin haben Forscher vier verschiedene hydrologische Modelle mit fünf
       Klimamodellen kombiniert und dabei jeweils eine Erwärmung von 1,5 Grad,
       zwei Grad und drei Grad gegenüber dem Referenzzeitraum 1971 bis 2000
       durchgerechnet. Auf diese Weise können sie ermitteln, wie sich verschiedene
       Klimaziele für welche Region auswirken werden. Die Einbeziehung
       hydrologischer Modelle ist dabei eine Besonderheit. „Man kann abschätzen,
       was im Boden passiert“, sagt Andreas Marx, einer der Autoren der Studie.
       
       Auf eine maximale Erderwärmung von 1,5 Grad hat sich die internationale
       Staatengemeinschaft auf der Klimakonferenz 2015 in Paris geeinigt. Davor
       galten zwei Grad – wahrscheinlicher seien auf Basis der bisherigen
       Erfahrungen und Versprechungen aber drei Grad, sagt Marx.
       
       ## Dürren nehmen in jedem Szenario zu
       
       „Unter allen Erwärmungsraten nehmen die Dürren zu“, sagt Marx. „Bei 1,5
       oder zwei Grad sind die Änderungen aber wesentlich kleiner als bei drei
       Grad.“ Während eine Erwärmung von 1,5 Grad Celsius nur in Niedersachsen und
       Bremen zu etwas häufigerem Niedrigwasser führen würde, wäre die Schifffahrt
       bei zwei oder gar drei Grad in allen fünf norddeutschen Ländern verstärkt
       durch Niedrigwasser gefährdet.
       
       Ähnliches gilt für die Trockenheit der Felder. Bei 1,5 Grad würde die
       jährliche Dürre in Schleswig-Holstein und Niedersachsen je 13 Prozent
       länger dauern, bei drei Grad 27 und 39 Prozent länger. Dass der Boden trotz
       übers Jahr steigender Niederschläge weniger Wasser enthalte, liege an der
       höheren Verdunstung.
       
       Wer sehen möchte, wie sich die Erderwärmung en détail auswirken dürfte,
       kann das unter [4][klimafolgenonline-bildung.de] nachvollziehen, einer
       Website des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung. Hier lässt sich
       unter Einbeziehung verschiedener Szenarien die Zukunft für bestimmte
       Regionen und Bereiche erkennen – bezogen auf den Referenzzeitraum 1981 bis
       2010. Wir wählen das wahrscheinliche Szenario für schwachen Klimaschutz und
       als Prognosezeiträume 2021 bis 2050 sowie 2071 bis 2100.
       
       Demnach würde 2021 bis 2050 die Grundwasserneubildung im Harz und einem
       Zipfel des Weserberglandes um mindestens 30 Millimeter abnehmen, 2071 bis
       2100 gälte das auch für die Lüneburger Heide und Südniedersachsen.
       
       Bei unserem gewählten Szenario gäbe es 2021 bis 2050 in ganz
       Norddeutschland im Vergleich zu 1981 bis 2010 mehr Tage ohne Niederschlag –
       mit über plus 20 Tagen besonders in Südschleswig und einem kleinen Teil
       Südniedersachsens. 2071 bis 2100 gäbe es fast überall mehr als 20
       zusätzliche trockene Tage.
       
       ## Schwül und heiß rund um Bremen
       
       Zwei bis vier mehr heiße Tage gäbe es bis Mitte des Jahrhunderts südlich
       von Bremen, mehr als zwölf zusätzliche heiße Tage bis zum Ende des
       Jahrhunderts südlich von Bremen und im Münsterland. Mit mehr schwülen Tagen
       muss in Bremen, Ostfriesland, Cuxland und im Münsterland gerechnet werden.
       
       Die längeren nassen und trockenen Perioden hätten Folgen für die
       Landwirtschaft. Die Erträge von Winterweizen, Kartoffeln und Silomais
       würden bis Mitte des Jahrhunderts nur in Schleswig-Holstein abnehmen, bis
       zum Ende des Jahrhunderts in ganz Norddeutschland.
       
       Besonders in Südniedersachsen würden viele Bäume unter der zunehmenden
       Trockenheit leiden, insbesondere die Buchen. Bei den Eichen hingegen, die
       besser mit der Trockenheit klarkommen, könnte der Ertrag bis zum Jahr 2050
       im Harz sogar zunehmen. In weiten Teilen Norddeutschlands könnte die Kiefer
       bis zum Ende des Jahrhunderts gewinnen.
       
       ## Gefahr für den Wald
       
       Bei diesen Schlussfolgerungen ist allerdings Vorsicht geboten.
       „Extremereignisse bilden die Modelle, die wir zurzeit haben, nicht gut ab“,
       warnt UFZ-Forscher Marx. Was darin untergeht, ist etwa eine Häufung
       trockener Jahre. „Von der Dürre, die wir 2018 und 2019 sahen, bin ich
       überrascht“, sagt Marx.
       
       Während der Feldfrüchteanbau von einem guten Jahr sofort wieder profitieren
       kann, ist das beim Wald anders. Neben direkten Schäden durch anhaltenden
       Wassermangel werden die Bäume anfällig für Schädlinge und Waldbrand. Ganze
       Forste können dem zum Opfer fallen. „Sie können nicht jedes Jahr einen
       neuen Wald hochziehen“, sagt Marx.
       
       Mehr zum Thema Dürre im Norden lesen Sie in unserem Themenschwerpunkt in
       der gedruckten taz nord am wochenende oder in unserem [5][e-Kiosk].
       
       22 May 2020
       
       ## LINKS
       
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 (DIR) [3] https://www.ufz.de/index.php?de=42489
 (DIR) [4] http://www.klimafolgenonline-bildung.de/
 (DIR) [5] /Unser-eKiosk/!114771/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gernot Knödler
       
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