# taz.de -- Miniserie „Little Fires Everywhere“: Wenn alles in Brand gerät
       
       > Nach „Big Little Lies“ erscheint die neue Serie von Reese Witherspoon.
       > Der Krimi entpuppt sich als Drama über Rassismus und Mutterschaft.
       
 (IMG) Bild: Die zwei Mütter Mia (K. Washington, l.) und Elena (R. Witherspoon) aus „Little Fires Everywhere“
       
       Das Haus der Familie Richardson steht in Flammen. Wobei Haus untertrieben
       ist, Villa oder Anwesen trifft es wohl besser. Doch wer hat es
       niedergebrannt? Die eigene Tochter? Die neue Mieterin? Oder deren Kind?
       Brandstiftung war es, das steht fest. Der Polizeibeamte vor Ort bestätigt
       dies: Es waren „Little Fires Everywhere“.
       
       Schon die ersten Seiten des Bestsellerromans von Celeste Ng lesen sich wie
       der Beginn einer spannenden TV-Serie. Liz Tigelaar hat dies nun umgesetzt,
       mit Ng als Co-Autorin [1][und Reese Witherspoon als Producerin]. Bekannt
       geworden als Schauspielerin von eher durchschnittlichen Hollywood-Filmen
       wie „Eiskalte Engel“ oder „Natürlich Blond“ ist Witherspoon nun zu einer
       erfolgreichen Serienmacherin geworden. Ihr erstes Projekt als Producerin
       (und Hauptdarstellerin), [2][die HBO-Serie „Big Little Lies“], brachte ihr
       acht Emmys und vier Golden Globes ein und ihre neuste Erscheinung „The
       Morning Show“ (Apple TV) über #MeToo in der Medienbranche ist nicht minder
       beeindruckend.
       
       In „Little Fires Everywhere“ gibt Witherspoon nun das wohlhabende
       Familienoberhaupt Elena Richardson. Ihre sechsköpfige Familie wohnt in
       Shaker Heights, eine Planstadt in Ohio, in der Sicherheit und Regeln das
       höchste Gut sind. Elena, die halbtags als Journalistin arbeitet, versucht
       alle, die nicht in ihr geschlossenes Weltbild passen, hineinzudrücken. Wie
       ihre widerspenstige Teenagertochter, die sich die Haare anzündet und das
       Orchester-Vorspiel sabotiert oder ihre neue Mieterin Mia Warren ([3][Kerry
       Washington]), von der Elena nicht müde wird zu betonen, dass sie „african
       american“ ist – und der sie freundlicherweise eine Stelle als Haushälterin
       anbietet.
       
       ## Der Mythos der Color Blindness
       
       Auf der ersten Blick erscheint die Serie wie einer Aneinanderreihung von
       Klischees: Die ordnungsliebende weiße Familie, in der die Eltern sogar ein
       festes Zeitfenster für Sex haben (mittwochs und samstags, aber nicht nach
       Mitternacht) gegenüber der alleinerziehenden Schwarzen Mutter, die als
       Künstlerin versucht zu überleben und von einem „dunklen Geheimnis“
       heimgesucht wird.
       
       Auf den zweiten Blick offenbart sich die acht Episoden lange Serie als eine
       überzeichnete Gesellschaftsstudie, in der die ach so netten Angebote und
       Handlungen von Elena Richardson als paternalistische Gesten entlarvt
       werden. Viel stärker noch als in dem Roman – in dem die race bloß bei
       weißen Menschen explizit genannt wird – spielt in der Serie der Rassismus
       der weißen Oberschicht sowie das sozio-ökonomische Gefälle zwischen Familie
       Richardson und Warren eine Rolle.
       
       Die Frage, wer das Haus denn nun angezündet hat, steht nicht im Vordergrund
       der Handlung – auch wenn der Frage in wiederkehrenden Rückblenden auf den
       Grund gegangen wird. Vielleicht auch, weil eh allen klar ist, wer es
       gewesen sein muss. Viel mehr als ein Krimi ist die Miniserie dann ein
       komödiantisches Drama, das sich mit dem Mythos der Color-Blindness, also
       dem strukturellen Übersehen von Rassismus („Ich sehe keine Hautfarben“),
       sowie dem Thema der (Leih-)Mutterschaft und den Vorstellungen eines guten
       Lebens beschäftigt.
       
       22 May 2020
       
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 (DIR) Carolina Schwarz
       
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