# taz.de -- Nordkorea beendet Kontakt mit Südkorea: Pjöngjang setzt auf Funkstille
       
       > Das nordkoreanische Regime hat seine Kommunikationsverbindungen mit dem
       > Süden gekappt. Der offizielle Grund ist wohl nur vorgeschoben.
       
 (IMG) Bild: Setzt wieder auf den Konflikt: Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un
       
       PEKING taz | Eigentlich bietet der Juni genügend Jubiläen zum Feiern der
       Politik der Annäherung mit Nordkorea: Vor 20 Jahren trafen sich erstmals
       die Staatsoberhäupter der zwei Koreas zu Gesprächen, vor zwei Jahren dann
       kamen sogar US-Präsident Donald Trump und Machthaber Kim Jong Un [1][zum
       historischen Gipfel in Singapur] zusammen. Doch stellten sich die
       Friedenshoffnungen seitdem als Wunschdenken heraus. Mehr noch: „In den
       kommenden Wochen und Monaten wird erwartet, dass Pjöngjang sein Möglichstes
       tut, um die Spannungen mit Seoul zu erhöhen“, heißt es in einem Briefing
       der „Korea Risk Group“.
       
       Denn das Regime in Pjöngjang hat am Dienstag alle Kommunikationskanäle zum
       südlichen Nachbarn gekappt. Zudem droht es, ein Militärabkommen zur
       Reduzierung der Spannungen von 2018 für null und nichtig zu erklären.
       
       Über die staatliche Nachrichtenagentur KCNA ließ das Regime die
       Entscheidung begründen: Die Regierung in Seoul habe Aktivisten nicht daran
       gehindert, Ballons mit Flugblättern über die Grenze nach Norden zu
       schicken. In der Stellungnahme wurde Südkorea gar zum „Feind“ erklärt.
       
       Welche Intentionen genau hinter Nordkoreas Entscheidung stehen, ist unklar.
       Unter den meisten Analysten herrscht jedoch Konsens, dass die offizielle
       Erklärung nur ein Vorwand ist oder zumindest zu kurz greift: Seit Jahren
       bereits treffen sich nordkoreanische Flüchtlingsaktivisten an der
       entmilitarisierten Zone, um Schmähblätter gegen die Kim-Dynastie mit
       speziellen Ballons in ihre einstige Heimat zu schicken.
       
       ## Kommunikationsstopp wohl schon länger geplant
       
       Südkoreas Regierung schickt meist Polizisten zu diesen hochsymbolischen
       Aktionen, vermeidet jedoch, unter dem Vorbehalt der Pressefreiheit diese
       vollständig zu verbieten.
       
       Das Kappen aller Verbindungen war wohl vom Norden schon länger geplant. Die
       schlechte Stimmung zwischen Seoul und Pjöngjang geht auf das
       [2][Gipfeltreffen zwischen Kim und Trump in Hanoi vom letzten Jahr zurück,
       das auf ganzer Linie gescheitert ist] und mit gegenseitigen
       Schuldzuweisungen über mangelnde Kompromissbereitschaft endete.
       
       Eine indirekte Verantwortung muss aber auch Südkoreas Präsident Moon
       schultern. Schließlich gilt er als Vermittler der US-nordkoreanischen
       Annäherung. Seither zeigte Pjöngjang seinem südlichen Nachbarn die kalte
       Schulter und schlägt nun einen offen feindlichen Kurs ein.
       
       Doch wieso verprellt die Kim-Dynastie eine offensichtlich freundlich
       gesinnte Regierung in Seoul? In der Vergangenheit hat Nordkorea immer
       wieder probiert, mit einer wachsenden Drohkulisse den Gewinn bei künftigen
       Verhandlungen zu erhöhen.
       
       ## Druck gegen Wirtschaftssanktionen?
       
       Jetzt geht es dem Regime wohl vor allem, Südkorea dazu zu bringen, seine
       Wirtschaftssanktionen zu lockern. An der Grenze steht die seit 2016
       geschlossene Sonderwirtschaftszone Kaesong, in der in südkoreanischen
       Fabriken nordkoreanische Arbeitskräfte Textilien produzieren – und bitter
       benötigte Devisen für Kims Regime heranschaffen.
       
       Besonders beunruhigend ist, dass laut dem südkoreanischen
       Vereinigungsministerium erstmals seit Etablierung einer gemeinsamen
       Militärverbindung 2018 der tägliche Telefonanruf nicht erwidert wurde.
       Dieser Kommunikationskanal gilt im Notfall als letzte Sicherung, um
       bewaffnete Konflikte verhindern zu können. Am Donnerstag beginnen die
       US-südkoreanischen Militärübungen.
       
       Erste Krisengewinner gibt es schon: Die Börsenkurse südkoreanischer
       Militärfirmen und Waffenproduzenten stiegen am Dienstag im zweistelligen
       Prozentbereich.
       
       9 Jun 2020
       
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 (DIR) Fabian Kretschmer
       
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