# taz.de -- Tod eines koreanischen Ministerialbeamten: Erschossen und verbrannt
       
       > Der Tod eines südkoreanischen Überläufers sorgt für Spannungen zwischen
       > den Koreas – und zeigt die Angst des Kim-Regimes vor dem Coronavirus.
       
 (IMG) Bild: Südkoreanische Marinesoldaten patroullieren an der Küste am 24. September
       
       PEKING taz | Der jüngste innerkoreanische Grenzkonflikt ist ein weiteres
       trauriges Kapitel zwischen den zwei Nachbarländern, die seit knapp sieben
       Jahrzehnten eine verminte Demarkationslinie trennt. Am Montag hat sich laut
       südkoreanischen Militärs ein Beamter vom Ministerium für Ozeane und
       Fischerei während einer Dienstfahrt auf einem Patrouillenschiff abgesetzt –
       nur wenige Kilometer von nordkoreanischen Gewässern entfernt. Offenbar
       wollte der Mann ins Reich von Kim Jong Un fliehen.
       
       Dort jedoch soll er kaum Land betreten haben, als nordkoreanische Soldaten
       den Eindringling umzingelten. Geheimdienstinformationen aus Seoul legen
       nahe, dass er nach einem kurzen Verhör erschossen und seine Leiche
       schließlich mit Öl übergossen und verbrannt wurde.
       
       Seouls Präsidialamt nannte die Tötung ein „Verbrechen gegen die
       Menschlichkeit“. Nordkorea müsse sich für den Vorfall entschuldigen und
       dafür sorgen, dass sich solche Tragödien nicht wiederholten.
       
       Die Fluchtmotive des getöteten Südkoreaners bleiben bislang vollkommen
       offen. Das Handeln des nordkoreanischen Militärs lässt sich jedoch
       schlüssig ergründen: Schon seit mehreren Wochen heißt es von der
       Armeeführung der US-Truppen in Südkorea, dass das Kim-Regime einen
       Schießbefehl gegen Schmuggler aus China erteilt habe, um einen [1][Import
       des Coronavirus zu verhindern].
       
       ## Grenzschließung wegen Corona als allererstes Land
       
       Schließlich könnte der Erreger in dem Land, das eine katastrophale
       Gesundheitsversorgung hat und unter flächendeckender Unterernährung leidet,
       potenziell verheerenden Schaden anrichten. Zudem steht in Pjöngjang am 10.
       Oktober die wichtigste Militärparade des Jahres bevor, die zusätzlich ein
       hohes Ansteckungsrisiko bietet.
       
       Praktisch als erstes Land der Welt hatte das Kim-Regime seine Landesgrenzen
       nach dem Virusausbruch im chinesischen Wuhan vollständig geschlossen. Ein
       Fall vor zwei Monaten zeigte zudem, wie panisch Nordkorea auf das Virus
       reagiert. Damals überquerte ein nordkoreanischer Flüchtling, der drei
       Jahren in Südkorea gelebt hatte, ebenfalls auf dem Seeweg die Grenze nach
       Norden.
       
       Die Staatsmedien des Kim-Regimes behaupteten wenig später entgegen allen
       bekannten Indizien aus Seoul, dass der Mann Covid-19-Symptome zeigen würde.
       Daraufhin ließ die Regierung die Grenzstadt Kaesong unter Quarantäne
       stellen.
       
       Südkoreas Präsident Moon Jae In steht nun vor einem Dilemma. Der
       linksliberale Politiker hatte seit seinem Amtsantritt 2017 dem nördlichen
       Bruderstaat stets die diplomatische Hand ausgestreckt. Auch nachdem die
       Annäherung mit Kim Jong Un längst wieder [2][ins Stocken geraten] war,
       hielt der 67-Jährige Moon weiter an seinem Kurs fest. Weder die zuletzt
       feindliche Rhetorik aus Pjöngjang noch zunehmender Druck aus Washington
       änderten Moons Haltung.
       
       Über seinen Sprecher ließ er nun verlauten, dass die Erschießung eines
       südkoreanischen Bürgers „schockierend“ und „unentschuldbar“ sei. Zu
       konkreten Gegenmaßnahmen äußerte sich Moon aber nicht – sehr [3][zum Ärger
       der konservativen Opposition], die einen harten Kurs gegen Kim Jong Un
       fordert.
       
       ## Todesfall 2008: Spionage beim Pilzesammeln?
       
       Wie sehr einzelne Schicksale die Beziehungen der zwei verfeindeten
       Brüderstaaten beeinflussen, zeigt ein Fall von 2008. Der trug sich im
       idyllischen Diamantgebirge nahe der Grenze zu, wo der Hyundai-Konzern im
       Zuge der früheren innerkoreanischen „Sonnenschein-Politik“ ein Ferienresort
       für Südkoreaner errichtet hatte.
       
       Eine 53-jährige Touristin soll dort beim Pilzesammeln angeblich entgegen
       den bestehenden Verboten durch abgesperrtes Militärgebiet gewandert sein –
       und wurde von einem nördlichen Soldaten erschossen.
       
       Der tragische Tod sorgte mit dafür, dass die damalige Annäherung der zwei
       Staaten scheiterte und für die nächsten zehn Jahre wieder von militärischen
       Drohgebärden ersetzt wurden.
       
       24 Sep 2020
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Fabian Kretschmer
       
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