# taz.de -- Spannungen auf Koreanischer Halbinsel: Nordkorea sprengt Verbindungsbüro
       
       > Südkorea berichtet über eine Explosion in der grenznahen Stadt Kaesong.
       > Nordkoreas Armee droht, in die demilitarisierte Zone einzumarschieren.
       
 (IMG) Bild: Rauch über dem nordkoreanischen Kaesong am Dienstagnachmittag Ortszeit
       
       BERLIN/SEOUL taz/afp | Nordkorea hat nach Angaben der südkoreanischen
       Regierung das gemeinsame Verbindungsbüro in der Grenzstadt Kaesong
       zerstört. Nordkorea habe das Büro am Dienstag „in die Luft gesprengt“,
       erklärte das Vereinigungsministerium in Seoul.
       
       Die südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap berichtete, bei dem
       nordkoreanischen Kaesong, wo sich neben dem Verbindungsbüro auch ein
       stillgelegtes gemeinsames Industriegebiet befindet, sei nach einer
       Explosion Rauch aufgestiegen.
       
       [1][Kim Yo Jong], die einflussreiche Schwester von [2][Machthaber Kim Jong
       Un,] hatte vor einigen Tagen mit einer Militäraktion gegen Südkorea gedroht
       – und dabei auch das Verbindungsbüro in Kaesong erwähnt. „In Kürze wird
       eine tragische Szene des komplett eingestürzten, nutzlosen
       Nord-Süd-Verbindungsbüros zu sehen sein“, hatte sie am Samstag erklärt.
       [3][Das Regime in Pjöngjang hatte eine Woche zuvor die
       Kommunikationsverbindungen zum Süden abgebrochen.] So wurde ein täglicher
       telefonischer Routineanruf nicht mehr beantwortet.
       
       Am Dienstag drohte dann auch noch die nordkoreanische Armee mit einer
       Militäraktion. Nordkoreas Armee sei „voll einsatzbereit“, erklärte der
       Generalstab der Koreanischen Volksarmee.
       
       ## Nordkoreas Armee droht mit „Aktionsplan“
       
       Wegen einer Verschlechterung der innerkoreanischen Beziehungen werde
       bereits ein „Aktionsplan“ geprüft, um „die Frontlinie in eine Festung zu
       verwandeln“, wurde die Armeeführung von den Staatsmedien zitiert. Die Armee
       will demnach wieder Soldaten in Gebiete schicken, die nach einem Abkommen
       zwischen beiden Ländern entmilitarisiert wurden.
       
       Die nordkoreanische Armee machte keine Angaben dazu, in welche Gebiete sie
       wieder vordringen will. Südkoreanischen Medienberichten zufolge könnte
       Nordkorea wieder Grenzposten an der stark befestigten gemeinsamen Grenze
       einrichten, die nach einer Vereinbarung von 2018 abgebaut worden waren.
       
       Anlass des aktuellen Konflikts sind Flugblatt-Aktionen südkoreanischer
       Aktivisten und im Süden lebender Flüchtlinge aus dem Norden. In den
       Flugblättern, die meist mit Ballons über die Grenze geschickt werden, wird
       Nordkoreas Machthaber für Menschenrechtsverletzungen und seine Atompolitik
       kritisiert.
       
       Die kommunistische Führung in Pjöngjang wirft der Regierung in Seoul vor,
       die Aktivisten nicht an ihren Aktivitäten zu hindern. Am Dienstag drohte
       Nordkoreas Armee nun ihrerseits mit einer „großangelegten Flugblattaktion“.
       
       ## Seouls Dilemma mit Ballons voller Flugblätter
       
       Südkoreas um Entspannungspolitik bemühte [4][linksliberale Regierung von
       Prasident Moon Yae In] drohte inzwischen den Flugblattaktivisten mit
       juristischen Schritten. Die Details sind jedoch unklar. Eine hohe Hürde ist
       dabei die im Süden geltende Meinungsfreiheit. Doch spricht sich in Umfragen
       eine Mehrheit der Südkoreaner gegen die Flugblattaktionen aus, weil sie
       Spannungen zwischen Nord und Süd anheizen.
       
       Die innerkoreanischen Beziehungen sind seit dem gescheiterten Gipfel
       Nordkoreas mit den USA im Februar vergangenen Jahres zum Erliegen gekommen.
       Experten vermuten, dass Nordkorea mit einer Eskalation des Konflikts mit
       Südkorea den Druck sowohl auf Seoul als auch auf Washington erhöhen will.
       Den Süden will Pjöngjang drängen, die gemeinsam betriebene Industriezone
       Kaesong wieder zu eröffnen, die ein wichtier Devisenbringer war. Von den
       USA erhofft sich Nordkorea eine Lockerung der Sanktionen, was zur großen
       Enttäuschung des Nordens keine Folge der beiden Gipfeltreffen mit Donald
       Trump waren.
       
       Beobachter sehen in Nordkorea Anheizen der Spannungen ein Indiz dafür, dass
       der Norden in wachsenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten steckt und von
       diesen ablenken will.
       
       Die Drohungen entsprechen zudem Nordkoreas bisherigem
       [5][Eskalationsmuster]. Pjöngjang rasselt immer dann auffällig mit dem
       Säbel, wenn es für die US-Regierung besonders unpassend ist. So ist der
       wahlkämpfende US-Präsident Trump momentan wegen der
       Black-Lives-Matter-Proteste und der Coronakrise in der Defensive und kann
       nicht noch eine außenpolitische Krise gebrauchen.
       
       16 Jun 2020
       
       ## LINKS
       
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