# taz.de -- Kritik an Flugwerbung: Ehre, wem Ehre gebührt
       
       > Die Biligfluglinie Easyjet wirbt für Flüge in den italienischen Süden.
       > Und muss sich entschuldigen. Denn Mafiawitze kommen dort nicht so gut an.
       
 (IMG) Bild: „Kommen Sie nach Kalabrien“
       
       Auf die süditalienische Region Kalabrien wird in den anderen Landesteilen
       nicht nur landkartenmäßig herabgeschaut. In Rom hört man durchaus auch in
       linken Kreisen, die Stiefelspitze sei gar nicht italienisch, die Leute
       freuten sich nicht des Lebens, sondern seien ein schweigsames und
       tragisches Völkchen, das in Orten lebe, die ja nicht umsonst Namen wie etwa
       Africo trügen. Gewiss, im Sommer werden die Strände am Thyrrenischen und
       Ionischen Meer gern besucht; doch das gebirgige Innere der kalabrischen
       Halbinsel ist vielen so unheimlich wie den Römern das Korsika im
       entsprechenden Asterix-Band.
       
       Kurz gesagt ist Kalabrien der ideale Sündenbock für eine Gesellschaft, die
       lange nicht wahrhaben wollte und in weiten Teilen immer noch nicht
       wahrhaben will, dass Mafiamacht und Erdbeben keine Spezialitäten des
       Zwei-Millionen-Einwohner-Landstrichs ganz unten sind, sondern ganz Italien
       betreffen.
       
       Warum ausgerechnet diese beiden Phänomene hier erwähnt werden? Weil die
       britische Fluggesellschaft Easyjet sich [1][gerade unter einiger medialer
       Anteilnahme dafür entschuldigt hat,] eben diese dafür verantwortlich
       gemacht zu haben, dass Kalabrien so wenig besucht werde, obwohl es doch so
       ein zauberhaftes Fleckchen Erde sei. Kommen Sie nach Kalabrien, sei die
       eigentliche Botschaft gewesen, hier ist es deswegen noch so schön, weil
       sich so wenige her trauen!
       
       Eine Kampagne, die ja durchaus auch als Vorbild für nicht wenige Teile
       Deutschland dienen könnte; wobei im nebligen Norden das spezifische Problem
       eben aktuell eher jenes ist, dass man aus Gegenden wie Gütersloh oder
       Warendorf nicht gen Süden wegkommt, so verständlicherweise rasend man sich
       auch danach sehnt.
       
       Natürlich durften bei der erwartbaren Aufregung über Easyjet Leute wie
       Matteo Salvini oder die rechte Ministerpräsidentin der Region, Jole
       Santelli, nicht fehlen. Der in Reggio tätige Journalist Claudio Cordova hat
       aber ausgesprochen, worum es hier eigentlich geht: Schlechte Kampagnen wie
       die von Easyjet würden gegen andere, ähnlich problematische Regionen im
       italienischen Süden nicht gefahren. Sizilien etwa habe die gleichen
       Probleme wie Kalabrien, nur dass es dort Leute gebe, die sich klar gegen
       die Mafia positionierten, und nicht weite Teile der Eliten, die mit ihr
       mehr oder weniger offen paktierten. Um die Erdbeben allerdings muss sich
       jeder selber kümmern.
       
       27 Jun 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.businessinsider.de/panorama/mafia-und-erdbebengefahr-easyjet-empoert-mit-rassistischer-werbung/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ambros Waibel
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Easyjet
 (DIR) Italien
 (DIR) Mafia
 (DIR) Mafia
 (DIR) Schwerpunkt Coronavirus
 (DIR) Faschismus
 (DIR) Schwerpunkt Coronavirus
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Gedenken an Anti-Mafia-Aktivist Sciascia: Der, der das Schweigen brach
       
       Heute vor 100 Jahren wurde der Schriftsteller Leonardo Sciascia geboren.
       Zwei Aktivisten erzählen, was Sciascia ihnen bedeutet.
       
 (DIR) +++ Corona News vom 3. Mai +++: Italien lockert Ausgangssperre
       
       Am Samstag hat Spanien die strikte Ausgangssperre gelockert. Ab Montag
       gelten auch in Italien, wo es mehr als 29.000 Tote gibt, neue Regelungen.
       
 (DIR) 75 Jahre Befreiung Italiens vom Faschismus: Pfade der Gerechten
       
       Giacomina Castagnetti hat Deserteure versteckt. Francesco Bertacchini
       bekämpfte die Deutschen mit der Waffe. Heute führen sie über die
       Partisanenpfade.
       
 (DIR) Organisierte Kriminalität in Italien: Corona und die Mafia
       
       Ausblick ins Unbekannte: Wo der Staat sich in der Coronakrise zurückzieht,
       lässt er Raum für die Mafias – ob in Italien oder in Ostdeutschland.