# taz.de -- Macron-Rede in Frankreich: Selbstlob und Provokation
       
       > Präsident Macron hat eine weitere Lockerung der Corona-Maßnahmen
       > angekündigt – und sich erstmals zu den antirassistischen Protesten
       > geäußert.
       
 (IMG) Bild: Hat diesmal viele gute Nachrichten: Frankreichs Präsident Emmanuel Macron
       
       PARIS taz | „Wir können stolz sein“, erklärte am Sonntagabend der
       französische Staatspräsident Emmanuel Macron in einer vierten „feierlichen“
       Ansprache zur [1][Corona-Pandemie]. Er sprach von „Siegen“, die dank
       gemeinsamer Anstrengungen und einer „totalen Mobilisierung“ in diesem Kampf
       errungen worden seien. Der Staat habe die Bewährungsprobe bestanden.
       
       Die krassen Mängel in der Vorbereitung und Verzögerungen, gegen die der
       öffentliche Gesundheitsdienst protestiert hat, erwähnte Macron nicht. Sehr
       allgemein meinte er, aus den Engpässen oder organisatorischen
       Schwierigkeiten müssen die Lehren gezogen werden.
       
       Wenn er in seiner Rede die Landsleute beglückwünscht, beansprucht er für
       sich und seine Regierung ein nicht kleines Stück der Ehre und des Lobs. Er
       habe eine „humanistische Entscheidung“ getroffen, als er angesichts der
       Gefahr „die Gesundheit vor die Wirtschaft gestellt“ habe.
       
       Auch erinnerte Macron daran, dass er trotz zahlreicher Warnungen und
       Einwänden bereits [2][Mitte April beschlossen habe], ab 11. Mai die
       Ausgangsbeschränkungen des confinement (Lockdown) schrittweise zu lockern.
       Das ist bisher gut gegangen, und darum geht die Normalisierung weiter.
       
       Ab 22. Juni ist der Schulbesuch wieder für alle obligatorisch, Restaurants
       und Cafés dürfen überall wieder öffnen, Reisen innerhalb des Schengenraums
       werden ab sofort möglich und außerhalb Europas ab dem 1. Juli. Die Betagten
       in den Altenheimen, die einen besonders hohen Tribut an die Corona-Pandemie
       bezahlt haben, dürfen wieder besucht werden.
       
       ## Keine Regierungsumbildung
       
       Am 28. Juni soll die zweite Runde der Kommunalwahlen stattfinden, deren
       erster Durchgang am 15. März von der Virusangst überschattet worden war. Am
       Sonntag hatte Macron für seine Landsleute also ausschließlich frohe
       Botschaften. Man dürfe wieder ausgehen und reisen, sich treffen, amüsieren.
       
       „Frankreich findet zu sich selbst zurück“, so Macron. Das möchten die
       Französinnen und Franzosen nur gern glauben. Natürlich warnt sie der
       Staatschef, dass die Gefahr nicht definitiv gebannt sei und dass weiter
       Vorsicht angebracht sei.
       
       In vielen Medien war spekuliert worden, der Präsident wolle nach einer
       kritischen Bilanz eine Regierungsumbildung vornehmen oder gar Neuwahlen
       anordnen. Davon war jedoch mit keiner Silbe die Rede. Macron sieht
       keinerlei Anlass dazu, da er seine eigene Amtstätigkeit und die seiner
       Minister und Behörden als Erfolg wertet.
       
       Entsprechend positiv stellte er dar, dass Frankreich mit 500 Milliarden
       Euro seine Unternehmen und deren Arbeitsplätze rette. In den kommenden zwei
       Jahren, bevor die nächste Präsidentschaftswahl stattfindet, möchte er den
       Wirtschaftswiederaufbau vermehrt unter die Vorzeichen der nationalen oder
       europäischen Unabhängigkeit und der Nachhaltigkeit stellen. Von den
       Erwerbstätigen verlangt er dabei, „mehr zu arbeiten und mehr zu
       produzieren“.
       
       ## „Keine Statuen vom Sockel stürzen“
       
       Wenig Grund zu Begeisterung haben auch die Tausenden, die seit Tagen in
       Frankreich gegen Rassismus und Polizeigewalt demonstrieren. Für sie hatte
       Macron bloß die unverbindliche Ansage, dass Rassismus, Antisemitismus und
       Diskriminierung bekämpft werden müssen. Der Antirassismus dürfe aber nicht
       von Gemeinschaften und „Separatisten“ missbraucht werden, welche „mit Hass
       die Vergangenheit umschreiben wollen“.
       
       Den Anerkennung oder Reue fordernden Nachkommen der Opfer des Kolonialismus
       beschied er provozierend: „Ich sage das sehr deutlich, liebe Landsleute,
       die Republik wird keine Spur und keinen Namen aus ihrer Geschichte tilgen.
       Die Republik wird keine Statuen vom Sockel stürzen.“
       
       15 Jun 2020
       
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