# taz.de -- Räumung des Syndikat in Berlin: Eine Kneipe zum Verlieben > Der Prototyp der verwurzelten linken Kiezkneipe wurde in Berlin geräumt. > Der Protest dagegen und die Solidarität für den Erhalt waren sagenhaft. (IMG) Bild: Hunderte Menschen protestierten am Donnerstag gegen die Zwangsräumung der Kiezkneipe Bei aller Wut und Trauer über die symbolträchtige Räumung der Berliner Kneipeninstitution Syndikat bleibt am Ende der 35-jährigen Geschichte nur ein ganz unironisches Gefühl: Liebe. Für einen [1][vierzehnstündigen Protestmarathon] gegen eine martialisch auftretende Polizei, die mit über 1.000 Polizist:innen, Helikopter und einer Sperrzone eine mittelgroße Kiezspelunke räumen ließ und für einen fast zwei Jahre andauernden [2][juristischen und politischen Existenzkampf], bei dem die linke Kneipe nebenbei noch ein Briefkastengeflecht und Immobilienimperium der [3][britischen Milliardärsfamilie Pears] aufdeckte. Die Kneipe enttarnte dabei einmal mehr eine halbseidene Welt von Großeigentümern, die alle Schlupflöcher ausnutzen, um ihre Interessen schamlos durchzusetzen. Denn dass diese Räumung in Berlin selbst unter einer mietendeckelnden rot-rot-grünen Landesregierung stattfinden konnte, zeigt, wie kaputt der Immobilienmarkt ist. Selten waren Klassenfragen so einfach wie im Fall des Syndikats auf ein klares Gut-Böse-Schema herunterzubrechen. Die britischen Milliardäre blieben unnahbar und äußerten sich bis zuletzt trotz internationaler Berichterstattung nicht über den für ihre Verhältnisse läppischen Mietvertrag. Auf der anderen Seite war das Syndikat anders als viele linke Szeneorte nicht nur politische Insel für Gleichgesinnte, sondern im Kiez verankert und vollkommen offen. Wer keine Kohle hatte, durfte sein Späti-Bier mit reinbringen oder bekam gleich ein Gezapftes hingestellt. Das Syndikat ließ Obdachlose bei sich übernachten und half der Omi von gegenüber finanziell aus, wenn diese sich am Ende des Monats keine Medikamente mehr leisten konnte. Zugleich darf man hoffen, dass diese soziale Institution durch Menschen im Kiez aufgefangen wird. Auch weil das Syndikat angesichts der großen Solidarität aus Nachbarschaft, Stammgästen und Gelegenheitsbesucher:innen nach einer aufreibenden Protestwoche trotz der Räumung so lebendig scheint wie eh und je: „Sie mögen uns diesen Raum genommen haben, das Syndikat haben sie nicht!“, rief [4][Wirt Christian bei seiner Abschiedsrede] mit brechender Stimme und mit den Tränen kämpfend, „wir schaffen zwei, drei, viele Syndikate, selbstverwaltete und antikapitalistische Räume!“ 7 Aug 2020 ## LINKS (DIR) [1] /Raeumung-der-Kneipe-Syndikat-in-Berlin/!5705833 (DIR) [2] /Am-Tresen-vom-bedrohten-Syndikat/!5640949 (DIR) [3] /Linke-Kneipe-enttarnt-Immobilienriesen/!5548679 (DIR) [4] https://twitter.com/retep_kire/status/1291675462603804673 ## AUTOREN (DIR) Gareth Joswig ## TAGS (DIR) Liebeserklärung (DIR) Syndikat (DIR) Zwangsräumung (DIR) Linke Szene (DIR) Schwerpunkt Schillerkiez in Berlin (DIR) Syndikat (DIR) Polizei Berlin (DIR) Polizei Berlin (DIR) Syndikat (DIR) Syndikat (DIR) Soziale Bewegungen ## ARTIKEL ZUM THEMA (DIR) Linksalternative Kneipe Syndikat: Aufgeben kommt nicht infrage Im Sommer wurde die linksalternative Kneipe Syndikat geräumt, ein Herzstück im Schillerkiez. Jetzt sucht das Kneipenkollektiv nach einem neuen Ort. (DIR) Nach der Räumung des Syndikat in Berlin: Anhaltende Schikanen Der martialische Polizeieinsatz hat tiefe Spuren bei Anwohner:innen hinterlassen. Sie protestieren mit einem Brief an die Innenpolitiker. (DIR) Brandsatz bei Syndikat-Protest: Vorverurteilung durch die Polizei Wurde bei den Protesten gegen die Räumung des Syndikats ein Molotowcocktail gebaut? Bewiesen ist nichts, doch Anschuldigungen kursieren. (DIR) Reaktionen auf Syndikats-Räumung: „Martialischer Polizeieinsatz“ Nach dem Polizeieinsatz um die Berliner Szenekneipe fordert die Linke einen anderen Umgang mit bedrohten Projekten. Nimmt ihr das noch jemand ab? (DIR) Räumung der Kneipe „Syndikat“ in Berlin: Letzte Runde, doch die Wut bleibt Eine ganze Nacht lang hatten Unterstützer*innen versucht, die Räumung zu verhindern. Vergeblich: Die Polizei hatte Neukölln komplett abgesperrt. (DIR) Syndikat soll geräumt werden: Rot-Rot-Grün bekommt die Quittung Heftige Reaktionen dürfte die angekündigte Räumung der Kiezkneipe hervorrufen. Die Polizei sperrt den Bereich weiträumig ab. Protest angekündigt. (DIR) Bannmeile um Berliner Kneipe Syndikat: Vorgezogene Sperrstunde Die Versammlungsbehörde will wohl verhindern, dass die Demo gegen Räumung direkt vor dem Syndikat stattfinden kann. Das Kollektiv will dagegen klagen.