# taz.de -- Ausschreitungen in Leipzig-Connewitz: Behörden erwarten neue Gewalt
       
       > Die Leipziger Polizei zieht Bilanz des letzten Wochenendes – und warnt
       > gleich vor neuen Unruhen. Dialog scheint für die Politik keine Option zu
       > sein.
       
 (IMG) Bild: Droht schon die nächste Runde der Gewalt? Szene aus Leipzig-Connewitz vom Freitag
       
       LEIPZIG taz | Für das nächste Wochenende erwarten Polizei und sächsisches
       Innenministerium erneut Unruhen in Leipzig-Connewitz. Am Samstag, 12.
       September, hätte in der Stadt der EU-China-Gipfel stattfinden sollen – der
       inzwischen aber coronabedingt abgesagt wurde. In linken Kreisen wird
       dennoch zu einer Demonstration unter dem Titel „Storm the fortress – Break
       all borders“ aufgerufen. „Wir rechnen mit Gewalt, besonders in der Nacht“,
       sagte Sachsens Landespolizeipräsident Horst Kretzschmar dazu am Dienstag.
       
       Nähere Prognosen unter anderem zur erwarteten Mobilisierung würden in
       Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Verfassungsschutz erarbeitet „Wir
       wollen die Versammlungsfreiheit im Vorfeld nicht einschränken“, kündigte
       Kretzschmar am Dienstag an. Störer und Gewalttäter wolle man aber
       herauslösen oder die Versammlung gleich auflösen.
       
       Schon am letzten Wochenende hatte es in Leipzig [1][Ausschreitungen von
       Linksextremen] gegeben. Auslöser war die Räumung zweier besetzter Häuser.
       Gegen Gentrifizierung und Immobilienspekulation regt sich in Leipzig
       besonders heftiger Widerstand. Der Landespolizeipräsident räumte am
       Dienstag ein, dass die Beamten am Wochenende auch Reizgas eingesetzt
       hatten. Insgesamt seien an den drei Tagen 1.500 Polizeibeamte im Einsatz
       gewesen.
       
       Innenminister Roland Wöller (CDU) verlangte, die Mindeststrafe für Angriffe
       auf Polizisten von drei auf sechs Monate zu erhöhen. Mittlerweile laufen
       gegen 52 mutmaßlich Beteiligte der Ausschreitungen vom Wochenende
       Ermittlungsverfahren wegen Gewalt und Sachbeschädigung. Wöller
       konstatierte, dass die Zahl der erfassten Linksextremisten in Leipzig in
       drei Jahrzehnten auf 250 gestiegen sei. Über die Ursachen dieser
       Entwicklung konnte er nichts sagen. „Protest ist legitim und
       bunt-alternatives Leben ist möglich, es muss aber friedlich sein“, betonte
       der Innenminister lediglich.
       
       ## Keine Dialogbereitschaft – von der Politik
       
       In Leipzig gibt es schon lange ein Konzept gegen Linksextremismus, der
       Freistaat Sachsen hat bei der Polizei extra eine „Soko Links“ gegründet.
       Beides hat sich bisher aber als wirkungslos erwiesen. Jetzt schieben
       Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) und am Dienstag auch
       Innenminister Wöller der Stadt die Verantwortung zu und forderten die
       Zivilgesellschaft auf, das Problem in den Griff zu bekommen.
       
       Warum der Ministerpräsident nicht den Dialog mit den Gewaltbereiten suche
       [2][wie mit Coronarebellen und Verschwörungstheoretikern auch], wollte ein
       Journalist am Dienstag wissen. Beide Gruppen seien nicht miteinander zu
       vergleichen, entgegnete Regierungssprecher Ralph Schreiber.
       Polizeipräsident Kretzschmar sagte, er sehe bislang auch keinerlei
       Kooperationsbereitschaft in der Connewitzer Szene.
       
       Diese Linie des Ministerpräsidenten wird teils heftig kritisiert – auch aus
       dem Kreis des Koalitionspartners. „Der sächsische Ministerpräsident redet
       lieber mit gewaltaffinen Neonazis als mit Bürgern, die Angst um ihre
       Wohnung haben“, hatte der ehemalige Grünen-Landessprecher Jürgen Kasek vor
       einigen Tagen getwittert.
       
       Der sonst sehr forsche und bei der Aufklärung des Nazi-Überfalls von 2016
       auf Connewitz eifrige innenpolitische Sprecher der Grünen, Valentin
       Lippmann, hingegen hatte sich von den Gewaltausbrüchen distanziert. Auch
       die dort direkt in den Landtag gewählte Linken-Abgeordnete Juliane Nagel
       rügte die Ausfälle der Demonstranten.
       
       8 Sep 2020
       
       ## LINKS
       
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 (DIR) Michael Bartsch
       
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