# taz.de -- Verbot der Pop-up-Radwege: Autokratie statt Demokratie > Berlins Pop-up-Radwege sollen verschwinden, obwohl eine breite Mehrheit > sie wünscht und RadfahrerInnen sie feiern. Ein echter Irrsinn. (IMG) Bild: Pop-up-Bikelane auf der Berliner Stresemannstraße Es ist eine der wenigen positiven Nebenerscheinungen von Corona: Die Pop-up-Radwege, die innerhalb von kurzer Zeit an zahlreichen Berliner Hauptverkehrsstraßen entstanden sind. Um den pandemiebedingt stark gewachsenen Radverkehr aufnehmen zu können, wurde jeweils eine Autospur zur Radspur umgewidmet und mit Verkehrsbaken gegen das Befahren durch Autos geschützt. Doch diese Umverteilung des Straßenraums [1][störte nicht nur die AfD, die dagegen klagte.] Sondern auch das Berliner Verwaltungsgericht, das einem Eilantrag in erster Instanz recht gab und die neuen Radspuren für unrechtmäßig erklärte – mit der Begründung, dass diese nur eingerichtet werden dürften, wenn zuvor eine besondere Gefahr für Radfahrende auf der entsprechenden Straße nachgewiesen worden sei. Keine Frage: Auch die Verwaltung muss sich an Gesetze halten, und jeder hat das Recht, vor Gericht überprüfen zu lassen, ob sie es tut. Doch wenn diese Entscheidung auch in der Hauptsache und der nächsten Instanz bestätigt werden sollte, zeigt sie ein sehr grundsätzliches Problem der deutschen Verkehrspolitik und der Gesetze, auf denen sie beruht: Das Auto ist noch immer das Maß aller Dinge. Den Platz, den es in den Städten beansprucht, darf die demokratisch legitimierte Politik nicht einfach so reduzieren, nein, sie muss das ausführlich begründen. Dass mehr Menschen Fahrrad fahren, langt dabei nicht als Grund. Dass noch mehr Menschen das Fahrradfahren ermöglicht werden soll, erst recht nicht. Nein, eine echte Gefahr muss erwiesen sein, bevor eine Kommune tätig werden darf – am besten durch gut dokumentierte Unfälle. Wer radfahren will, muss erst mal leiden. Diese Beschränkung der kommunalen Gestaltungsmöglichkeit durch die Vorgaben der Straßenverkehrsordnung ist absurd – und undemokratisch. In vielen Städten wächst der Wunsch, den Straßenraum menschenfreundlich umzuverteilen. In Berlin hat ein [2][Volksentscheid] in Rekordzeit die notwendigen Unterschriften dafür gesammelt, dass alle Hauptverkehrsstraßen mit sicheren Radwegen ausgestattet werden, und der Senat hat ein entsprechendes Gesetz verabschiedet. Jetzt endlich wird unter dem Eindruck von Corona an der Umsetzung solcher sinnvollen Pläne gearbeitet. Dass dies an überkommenen und bürokratischen Vorgaben des Bunds scheitert, sollten sich die Kommunen nicht mehr länger gefallen lassen. [3][Das Zeitalter der Autokratie ist vorbei.] 12 Sep 2020 ## LINKS (DIR) [1] /Corona-Radwege-in-Berlin/!5708072 (DIR) [2] /Deutschlands-erfolgreichster-Radaktivist/!5512283/ (DIR) [3] /Urteil-zu-Rasern-in-Berlin/!5581503 ## AUTOREN (DIR) Malte Kreutzfeldt ## TAGS (DIR) Geht's noch? (DIR) Pop-up-Bikelane (DIR) Fahrrad (DIR) Volksentscheid Fahrrad (DIR) Pop-up-Bikelane (DIR) Verkehrswende (DIR) Pop-up-Bikelane (DIR) Schwerpunkt Klimawandel (DIR) Pop-up-Bikelane (DIR) Regine Günther (DIR) Volksentscheid Fahrrad ## ARTIKEL ZUM THEMA (DIR) Radfahren in Berlin: Neukölln hat Pollerneid Eine Initiative fordert einen durchgängigen Pop-up-Radweg auf der Hermannstraße. Laut Bezirk brauchen selbst temporäre Radwege dort längere Planung. (DIR) Streit um den Straßenraum: Radwende mit Hürden Der Anteil des Fahrradverkehrs wächst. Doch die Fronten beim Kampf um den begrenzten Raum sind nicht so scharf gezogen, wie man meinen könnte. (DIR) 50 Kilometer Straße dauerhaft für Radler: Pariser Pop-up-Radwege bleiben Die französische Hauptstadt hält an den Radwegen fest, die in der Coronakrise eingerichtet wurden. Wie es damit in Berlin weitergeht, ist unklar. (DIR) Ifo-Institut schlägt City-Maut vor: So wird München staufrei ÖkonomInnen des Ifo-Instituts rechnen vor: Eine City-Maut und höhere Parkgebühren würden dem Verkehrsfluss und der Wirtschaft helfen. (DIR) Corona-Radwege in Berlin: Pop up, pop down Das Verwaltungsgericht hält die Corona-Radwege in Berlin für nicht ausreichend begründet. Müssen sie nun alle ganz schnell weg? (DIR) Gericht stoppt Pop-up-Radwege in Berlin: Pandemie reicht als Grund nicht aus Acht kurzfristig eingerichtete Radwege müssen wieder entfernt werden. Das hat das Berliner Verwaltungsgericht entschieden. (DIR) Deutschlands erfolgreichster Radaktivist: „Ich ein Robin Hood? Das passt“ Ohne Heinrich Strößenreuther hätte Berlin kein Radgesetz bekommen. Der 50-Jährige über Engagement, seine narzisstische Ader und die Verkehrssenatorin.