# taz.de -- Straßenkultur in Berlin: Bald ist es zu Späti
       
       > Der einstige Partybezirk Mitte will Spätis keine Außenbewirtschaftung
       > mehr erlauben. Ein Betreiber klagt dagegen – und verliert.
       
 (IMG) Bild: Vorm Späti ist abends noch was los, anders als sonst in Mitte
       
       Berlins Spätverkaufsstellen, kurz Spätis, sind auch ein Gradmesser dafür,
       wie es um die Freiheit – manche würden sagen: Anarchie – in dieser Stadt
       bestellt ist. Kontrolliert mal wieder ein [1][übereifriger Polizist die
       Sonntagsöffnungen] und kriegt dafür Rückendeckung von der Politik, ist das
       ein Alarmsignal; machen alle Spätis trotzdem auf, spricht das für
       Entspannung.
       
       Spätestens seit der Coronakrise haben sich viele Spätis zudem zu einer Art
       Ersatzeckkneipe entwickelt, vor dem man sich zum Kaltgetränk trifft.
       Schließlich waren die Gaststätten im Frühjahr lange geschlossen. Für viele
       SchülerInnen sind sie schon aus Alters- und Preisgründen die einzige
       Anlaufstelle. So entstanden zahlreiche kleine Biergärten an der Straße, mit
       einigen Sitzgelegenheiten und bisweilen Kunstrasen.
       
       Dem Bezirk Mitte, einst eine einzige Partylocation, inzwischen mit grüner
       Bürgermeisterhilfe weitgehend ruhiggestellt, wurde das zu viel. Im Mai
       änderte das Bezirksamt seine „Festlegungen zur Erteilung von
       Sondernutzungserlaubnissen im Hinblick auf Schankvorgärten“, wie es so
       schön im Juristendeutsch heißt. Künftig sind diese Vorgärten nicht mehr
       erlaubt, wenn im zugehörigen Laden ein Sortiment an Waren angeboten wird,
       das dem eines Supermarktes entspricht. Das ist eine Lex Späti und ein ganz
       schlechtes Zeichen, was die Freiheit in Berlin angeht.
       
       Das dachte sich wohl auch ein Betreiber in Mitte und ging vor dem
       Verwaltungsgericht gegen das geänderte Vorgehen des Bezirks vor. Bislang
       verkaufte er Lebensmittel und Backwaren, dazu Getränke, Tabakwaren und
       Süßigkeiten. Zudem war er im Besitz einer Gaststättenerlaubnis und einer
       befristeten Erlaubnis für das Herausstellen von Tischen und Stühlen.
       
       ## Bäckereien dürfen, Spätis nicht
       
       Sein Eilantrag wurde jedoch abgewiesen, wie das [2][Verwaltungsgericht am
       Freitag mitteilte] . Die Einschätzung des Bezirks, dass „Schankvorgärten
       vor ‚Spätis‘ anders als vor Bäckereien, Fleischereien und Feinkostläden vor
       allem während der Nachtruhezeiten zu größeren Personenansammlungen
       führten“, sei nachvollziehbar; die Folge seien Lärmbelästigung und eine
       partyähnliche Stimmung. Daher gehe der Bezirk, so das Gericht, weder
       willkürlich noch gleichheitswidrig vor [3][(VG 1 L 228/20)].
       
       Aber noch gibt es Hoffnung: Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim
       Oberverwaltungsgericht eingelegt werden.
       
       18 Sep 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Verkaufsverbot-fuer-Spaetis/!5220238
 (DIR) [2] https://www.berlin.de/gerichte/verwaltungsgericht/presse/pressemitteilungen/2020/pressemitteilung.993435.php
 (DIR) [3] https://www.berlin.de/gerichte/verwaltungsgericht/presse/pressemitteilungen/2020/pressemitteilung.993435.php
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bert Schulz
       
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