# taz.de -- Chaos in Libyen: Sarradsch will zurücktreten
       
       > Der international anerkannte libysche Regierungschef hat angekündigt,
       > seine Macht abzugeben. Berlin plant ein weiteres Treffen zur Schlichtung
       > des Konflikts.
       
 (IMG) Bild: Fajis al-Sarradsch im Februar im europäischen UN-Hauptsitz in Genf
       
       NEW YORK/TRIPOLIS dpa | Nach dem [1][Libyen-Gipfel in Berlin] planen die
       Vereinten Nationen und Deutschland ein erneutes Treffen zur Schlichtung des
       jahrelangen [2][Konflikts in dem Bürgerkriegsland in Nordafrika]. An den
       virtuell geplanten Gesprächen am 5. Oktober sollen neben UN-Generalsekretär
       António Guterres auch eine Reihe von Außenministern und Vertreter der
       Konfliktparteien teilnehmen, wie ein UN-Sprecher am Mittwoch der Deutschen
       Presse-Agentur bestätigte.
       
       In Libyen geht das Chaos unterdessen weiter: Nach [3][tagelangen Protesten
       gegen die Regierung] erklärte der Chef der international anerkannten
       libyschen Regierung, Ministerpräsident Fajis al-Sarradsch, am Mittwoch
       seine Absicht, in maximal einem Monat die Macht abzugeben. „Ich erkläre
       allen meinen aufrichtigen Wunsch, meine Pflichten spätestens Ende Oktober
       zu übergeben“, sagte al-Sarradsch am Mittwoch in einer Fernsehansprache.
       
       In Libyen herrscht seit dem Sturz des Langzeitherrschers Muammar al-Gaddafi
       im Jahr 2011 Bürgerkrieg, der sich in den vergangenen Jahren mehr und mehr
       zu einem Stellvertreterkonflikt entwickelte. Al-Sarradsch kämpft mit dem
       mächtigen General Chalifa Haftar um die Vorherrschaft in dem ölreichen
       Land. Al-Sarradschs Regierungstruppen werden vor allem von der Türkei und
       Katar unterstützt, Haftar von Russland, den Emiraten und Ägypten.
       
       Ob bei dem Nachfolgetreffen eine gemeinsame Erklärung oder Ähnliches
       erwartet wird, war zunächst noch unklar. Die Gespräche werden [4][im
       sogenannten Berlin-Format] – angelehnt an die Konferenz in der deutschen
       Hauptstadt im Januar – abgehalten. Damals waren neben Deutschland und den
       UN die USA, Großbritannien, Frankreich, China, die Türkei, die Vereinigten
       Arabischen Emirate, die Republik Kongo, Italien, Ägypten, Algerien sowie
       die Europäische Union, die Afrikanische Union und die Arabische Liga
       vertreten.
       
       ## Verstöße gegen das Waffenembargo
       
       Mit dem Gipfel hatte Deutschland eine Vermittlerrolle in dem verheerenden
       Konflikt eingenommen und einen kurzen Moment des Aufbruchs erzeugt. Die
       Abschlusserklärung ist aber bis heute so gut wie nicht umgesetzt. Die
       Vereinten Nationen registrieren vor allem Verstöße der Türkei, der Emirate
       und Russlands gegen das Waffenembargo. Auch sie hatten die Berliner
       Erklärung unterzeichnet.
       
       Die Europäische Union versucht den Waffenschmuggel zweigleisig einzudämmen:
       Die Militärmission „Irini“ soll Waffenlieferungen erkennen und zumindest
       auf dem Seeweg auch stoppen. Zusätzlich haben Deutschland, Frankreich und
       Italien in der EU die Sanktionierung von Unternehmen und Einzelpersonen
       vorgeschlagen, die Schiffe und Flugzeuge für den Transport von Waffen
       stellen.
       
       Bei seiner TV-Ansprache sagte al-Sarradsch, dass das politische Klima in
       Libyen sich in einem Zustand starker Polarisierung befinde, der alle
       Versuche, die Krise zu lösen, äußerst schwierig mache. In der Hauptstadt
       Tripolis und anderen Städten war es in den vergangenen Wochen immer wieder
       zu Protesten gegen Korruption und die sich verschlechternden Lebensumstände
       gekommen.
       
       [5][Hunderte von Demonstranten] hatten politische Reformen in dem
       nordafrikanischen Land gefordert. Die mit General Haftar verbündete
       Gegenregierung im Osten des Landes hatte bereits am Montag inmitten von
       Protesten ihren Rücktritt angeboten.
       
       Die Vereinten Nationen suchen nach dem völlig überraschenden Rücktritt des
       libyschen UN-Vermittlers Ghassam Salamé im März derweil weiter nach einem
       Nachfolger. Als einer der Favoriten gilt der bisherige UN-Nahostgesandte
       Nikolai Mladenow.
       
       17 Sep 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Libyen-Konferenz-in-Berlin/!5657700
 (DIR) [2] /Neue-Waffenruhe-in-Libyen/!5709018
 (DIR) [3] /Schuesse-auf-Demonstrierende-in-Libyen/!5709160
 (DIR) [4] /Libyen-Konferenz-in-Berlin/!5657705
 (DIR) [5] /Proteste-in-Libyen/!5709718
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Libyenkrieg
 (DIR) Fajes al-Sarradsch
 (DIR) UN
 (DIR) Rücktritt
 (DIR) Schwerpunkt Libyenkrieg
 (DIR) Europäische Union
 (DIR) Schwerpunkt Libyenkrieg
 (DIR) Schwerpunkt Libyenkrieg
 (DIR) Schwerpunkt Libyenkrieg
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Zweite Berliner Libyen-Konferenz: Virtuelles Treffen, virtuelles Land
       
       Libyen bleibt politisch gelähmt, trotz vorläufiger Einstellung der Kämpfe.
       Und weiterhin strömen von außen Waffen ins Land.
       
 (DIR) Verstöße gegen Libyen-Embargo: EU sanktioniert Waffenschmuggel
       
       Die EU-Außenminister legen sich mit der Türkei an. Wegen der Gassuche im
       Mittelmeer droht noch mehr Streit.
       
 (DIR) Proteste in Libyen: Bengasi brennt
       
       Erst erschütterten Demonstrationen Libyens Hauptstadt Tripolis. Jetzt geht
       der Sitz der Gegenregierung in Bengasi in Flammen auf.
       
 (DIR) Neue Waffenruhe in Libyen: Lieber Stillstand als Krieg
       
       Schon wieder ein wackliger Waffenstillstand in Libyen? Da eine Eskalation
       droht, gibt es keine Alternative dazu.
       
 (DIR) Libyen-Konferenz in Berlin: Der Wohlfühl-Gipfel
       
       Der Berliner Libyen-Gipfel wird nicht gleich für Frieden sorgen. Aber
       immerhin hat er die Krisen in der Region in den Fokus gerückt.