# taz.de -- „Nordische Widerstandsbewegung“: Finnland verbietet Neonazi-Gruppe
       
       > Die Organisation war die aktivste des Landes und für viele rassistische
       > Gewalttaten verantwortlich. Das Verbot trifft aber nur die finnische
       > Sektion.
       
 (IMG) Bild: Endlich in Finnland verboten: die Neonazi-Organisation „Nordische Widerstandsbewegung“ (NMR)
       
       STOCKHOLM taz | Finnlands Oberster Gerichtshof hat am Dienstag die
       finnische Sektion der „Nordischen Widerstandsbewegung“ (NMR) [1][verboten
       und deren Auflösung angeordnet].
       
       Diese in den letzten Jahren aktivste Neonazi-Organisation des Landes
       betrieb nicht nur eine umfassende rassistische Hetze, sondern war auch für
       zahlreiche Gewalttaten verantwortlich. Vor vier Jahren ist ein Passant, der
       gegen eine ihrer Aktionen demonstrierte, ums Leben gekommen, nachdem ein
       führendes NMR-Mitglied ihn [2][angegriffen und misshandelt] hatte.
       
       Nach dieser Tat leitete die Polizei ein Verbotsverfahren ein, das nun in
       dritter juristischer Instanz vom Obersten Gerichtshof bestätigt wurde.
       Dieser begründet sein Verbot mit der verfassungsfeindlichen Ideologie und
       Praxis der Organisation. Diese versuche, die demokratischen Grund- und
       Freiheitsrechte auszunutzen, um einen undemokratischen
       „nationalsozialistischen Führerstaat“ zu errichten.
       
       Außerdem verbreite sie Hasspropaganda unter anderem gegen Juden, Migranten
       und Angehörige sexueller Minderheiten. Sie wolle Freiheits- und
       Menschenrechte beschneiden oder abschaffen und begehe zur Durchsetzung
       ihrer Ziele strafrechtlich sanktionierte Handlungen. Kriminellen Taten
       stellten einen wesentlichen Teil ihrer Aktivitäten dar.
       
       Verbote politischer Organisationen sind ungewöhnlich in Finnland. Zuletzt
       verbot das Innenministerium Mitte der 1970er Jahre vier von dem Neonazi
       Pekka Siitoin gegründete Organisationen. Die NMR hatte sich gegen ein
       Verbot gewehrt: Ihre Aktivitäten seien von der verfassungsrechtlichen
       Meinungs- und Versammlungsfreiheit gedeckt.
       
       ## Mitglieder weichen auf andere Organisationen aus
       
       Von einem „starken Signal“ spricht Yaron Nadbornik, Sprecher der jüdischen
       Gemeinden in Finnland. Die NMR-Aktivitäten hätten zu großer Unruhe unter
       den Gemeindemitgliedern beigetragen. „Erleichtert“ zeigte sich auch Kerttu
       Tarjamo, Generalsekretär der finnischen LGBTI-Organisation Seta: „Solche
       Organisationen nutzen die demokratischen Strukturen aus, um Hass zu säen.“
       In Finnland scheine man endlich begriffen zu haben, dass das Land ein
       Problem mit Neonazi-Organisationen habe.
       
       Die wichtigste Botschaft des Urteils sei, dass „Faschismus und Nazismus
       nicht akzeptabel in Finnland sind, auch wenn der Rechtsextremismus
       politisch immer mehr stubenrein geworden ist“, kommentiert die linke
       Zeitung Ny Tid [3][im Hinblick auf die „Wahren Finnen“], die zweitstärkste
       Partei im Parlament.
       
       Kimmo Nuotio, Strafrechtsprofessor an der Universität Helsinki, weist
       darauf hin, dass das Urteil auch die Möglichkeit zum Verbot anderer
       Organisationen öffne, deren Ziele „in einem demokratischen Rechtsstaat ganz
       einfach nicht akzeptabel sind“.
       
       Von einem wichtigen Urteil spricht auch Jan Christer Mattsson,
       Extremismusforscher an der Universität Göteborg. Unklar sei aber, welchen
       Effekt ein solches Verbot haben werde. Die finnische Polizei sprach bereits
       im vergangenen Jahr davon, dass sich viele NMR-AktivistInnen in Erwartung
       eines Verbots in neuen Organisationen, wie „Kohti vapautta“ (Auf dem Weg
       zur Freiheit) und „Kansallismielinen liittouma“ (Nationalistische Sammlung)
       organisiert hätten.
       
       Die NMR ist auch in Schweden, Norwegen und Dänemark aktiv. Diese Sektionen
       sind von dem Verbot nicht betroffen.
       
       23 Sep 2020
       
       ## LINKS
       
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