# taz.de -- Neue Führung des Segelweltverbands: Chinese steuert jetzt die Segler
       
       > Der Multifunktionär Li Quanhai wird Präsident des Segelweltverbands
       > „World Sailing“. Grund ist ein lockender Sponsorendeal.
       
 (IMG) Bild: Aufstrebend: Chinas Segler, hier in der 470er Klasse, bei Olympia 2008 in Quingdao
       
       Der Weltseglerverband World Sailing hat seit Sonntag einen neuen
       Präsidenten. Li Quanhai aus China, der schon seit 2013 einer der sieben
       Vizepräsidenten war, setzte sich in einer Kampfabstimmung gegen den
       bisherigen Amtsinhaber Kim Andersen aus Dänemark durch. Li gewann in der
       zweiten Runde mit 68 zu 60 Stimmen. In der ersten Runde der virtuell
       abgehaltenen Jahresversammlung waren bereits der Spanier Gerardo Seeliger
       und der US-Amerikaner Scott Perry ausgeschieden. Bis dahin hatte der seit
       2016 amtierende Andersen, der selbst aktiv in der Drachenklasse segelt,
       noch die meisten Stimmen bekommen.
       
       Doch der 58-jährige Li konnte mit üppigen in Aussicht gestellten
       Sponsorengeldern eine Mehrheit hinter sich scharen. Laut einem Bericht der
       Hongkonger [1][South China Morning Post] von letzter Woche hatte sich
       Chinas größter Immobilienkonzern Evergrande Group bereit erklärt, bei einer
       Wahl von Li den verschuldeten Verband mit 10 Millionen Dollar zu
       unterstützen.
       
       World Sailing soll in letzter Zeit durch den coronabedingten Ausfall von
       Regatten einschließlich der Verschiebung der Olympischen Spiele sowie wegen
       des Umzugs seines Sitzes von Southampton nach London ein Millionendefizit
       angehäuft haben, schreibt das Fachportal [2][Segelreporter.com]. Zudem
       waren vom russischen Gasgiganten Gazprom für mehrere Jahre zugesagte
       Sponsorenzahlungen nach kurzer Zeit eingestellt worden.
       
       Das ist auch jetzt nicht auszuschließen. Die Evergrande Group gehört dem
       62-jährigen Xu Jiayin, der auf der Forbes-Liste mit einem Vermögen von mehr
       als 30 Milliarden Dollar als drittreichster Chinese geführt wird. Sein
       Unternehmen hat 2010 den Fußballclub Guangzhou Evergrande FC gekauft, der
       nach massiven Investitionen siebenmal in Folge die chinesische
       Meisterschaft gewann. Allerdings hat der Immobiliengigant zuletzt negativ
       Schlagzeilen gemacht. So bezeichneten ihn mehrere Finanzmedien als
       „finanziell angeschlagen“. Die Ratingagentur S&P hatte Evergrande von
       „stabil“ auf „negativ“ herabgestuft, weil sich die Schuldenlast massiv
       erhöht hatte. Mitte Oktober fiel der Aktienwert an der Hongkong-Börse um 16
       Prozent.
       
       ## Kostenintensiven Segelsport stärker in China verankern
       
       Wahlsieger Li ist ein erfahrener Multifunktionär und nicht nur
       Vizepräsident des chinesischen Seglerverbandes, sondern obendrein auch Chef
       des dortigen Ruderverbandes. Laut dem Fachportal [3][Yacht.de] gilt er „als
       freundlicher und engagierter Segelsportförderer, war zweimal Mitglied der
       Gruppen, die Chinas Bewerbungen um die Ausrichtung der Olympischen Spiele
       2000 und – erfolgreich – 2008 bewarben“. Zudem holte er Weltcup-Regatten
       ins Olympiarevier von Qingdao und sammelt als internationales Jurymitglied
       bei großen Regatten mehr 20 Jahre Erfahrung.
       
       Mit Lis Wahl erhoffen sich viele im Verband nicht nur, den kostenintensiven
       Segelsport in China und Asien stärker zu verankern, sondern umgekehrt zeigt
       sich darin auch Pekings Interesse, in internationalen Sportverbänden wie
       auch in der Segelwelt Führung zu übernehmen. Das war in den letzten Jahren
       auch schon im Sport selbst zu sehen.
       
       So gewann Xu Lijia 2008 und 2012 im Laser-Radial erstmals eine Bronze- und
       Goldmedaille bei olympischen Segelwettbewerben für China. 2012 wurde sie
       als erste und bisher einzige Chinesin sogar zur Weltseglerin des Jahres
       gewählt. Und 2018 gewann die nach ihren Sponsor, dem weltgrößten
       Lkw-Hersteller, benannte chinesische Yacht „Dongfeng“ das prestigereiche
       Ocean Race. Zwar kam der Skipper aus Frankreich, aber trotzdem war es für
       Chinas Segler ein weiterer Achtungserfolg. Im Laser-Radial, im 470er und
       bei den Windsurfern zählen Chines*innen inzwischen zur Weltspitze.
       
       Mit Tong Yui-shing wurde jetzt mit dem Chef des Hongkonger Seglerverbandes
       ein weiterer Chinese zu einem der Vizepräsidenten von World Sailing
       gewählt. Die bisherige Vizepräsidentin Nadine Stegenwalner, Sportdirektorin
       des Deutschen Segler-Verbandes, trat nicht mehr an.
       
       2 Nov 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.scmp.com/sport/china/article/3107253/chinese-official-set-win-election-and-become-president-world-sailing?utm_source=email&utm_medium=share_widget&utm_campaign=3107253
 (DIR) [2] https://segelreporter.com/panorama/ws-praesidenten-wahl-aussicht-auf-10-millionen-dollar/
 (DIR) [3] https://www.yacht.de/aktuell/panorama/quanhai-li-ist-der-neue-world-sailing-praesident/a126214.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sven Hansen
       
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