# taz.de -- Atommüllschiff auf Kurs nach Nordenham: Warten auf die Castoren
       
       > Die „Pacific Grebe“ mit sechs Atommüllbehältern war am Samstagvormittag
       > noch auf hoher See. An Land starten Umweltschützer mit ersten
       > Protestaktionen.
       
 (IMG) Bild: Ein Schiff wird kommen... und zwar mit Atommüll. Im Hafen von Nordenham bereitet man sich auf die Ankunft vor
       
       „Aus den Augen, aus dem Sinn! Wo bringen wir den Atommüll hin??“, steht auf
       einem Transparent, das Atomkraftgegner im Hafen von Nordenham aufgespannt
       haben. „Castoralarm“ heißt es schlicht auf einem anderen. In Sichtweite des
       Anlegers, an dem das Atommüllschiff „Pacific Grebe“ in Kürze festmachen
       wird, haben Aktivisten eine Mahnwache eingerichtet.
       
       Der Frachter mit sechs Castorbehältern an Bord [1][war am Dienstagabend im
       englischen Hafen Barrow-in-Furness gestartet]. Weil er sein
       Positonserkennungssystem AIS abgechaltet hat, lässt sich die Fahrt von
       außen nicht nachverfolgen. Das AIS-System soll vor Kollisionen zwischen
       Schiffen schützen. Das Abschalten des Systems sei mit internationalem
       Seerecht nicht vereinbar, erklärt das Bündnis „Castor stoppen“. Es läuft
       deshalb eine Anzeige gegen den Schiffseigner.
       
       Aktivisten des Bündnisses, die die Fuhre auch [2][mit einem Ticker
       begleiten], gingen am Samstagmorgen davon aus, dass die Castoren im Verlauf
       des Tages in Nordenham eintreffen. „Noch sind sie aber auf hoher See“,
       sagte Bündnissprecherin Silke Westphal der taz.
       
       In Nordenham sollen die Behälter auf Eisenbahnwaggons verladen werden. Der
       aus fünf Diesel-Lokomotiven und etwa zwölf für die Polizei und weitere
       Begleitpersonen bestimmte Waggons bestehende Spezialzug war in der Nacht zu
       Freitag in der niedersächsischen Stadt eingetroffen. Die leeren Waggons,
       auf welche die Castoren umgeladen werden sollen, waren bereits am
       Donnerstagnachmittag gesondert angeliefert worden.
       
       ## Castorzug-Route wird streng geheim gehalten
       
       Die Atommüllbehälter, die hochradioaktive, in Glas eingeschmolzene
       Rückstände aus der britischen Wiederaufarbeitungsanlage Sellafield
       enthalten, werden dann ins Zwischenlager am [3][abgeschalteten AKW Biblis]
       in Hessen gebracht. Welche Route der Castorzug dorthin nimmt, wird von dem
       Spediteur – der Gesellschaft für Nuklear-Service – und den Behörden streng
       geheim gehalten.
       
       An mehreren Orten entlang der infrage kommenden Bahnstrecken sind bereits
       Protestaktionen angelaufen. Auf dem Uni-Campus in Oldenburg begann um
       Mitternacht eine Mahnwache, hier können sich Interessierte mit aktuellen
       Informationen versorgen. In Göttingen hatte die örtliche
       Anti-Atom-Initiative bereits am Freitagnachmittag einen Infostand vor dem
       Bahnhof aufgebaut. Laute Musik schallte über den Platz, in weiße
       Schutzanzüge gekleidete und maskierte Demonstranten verteilten Flugblätter
       an Reisende. In Nordenham war für Samstagnachmittag eine Kundgebung
       angekündigt, auch in Bremen soll es Proteste geben.
       
       Nach [4][Sellafield] sowie in die französische Wiederaufarbeitungsfabrik La
       Hague wurden bis 2005 abgebrannte Spaltelemente aus deutschen
       Atomkraftwerken gebracht. Die Bundesrepublik ist zur Rücknahme des
       Atommülls verpflichtet. Atomkraftgegner halten den Transport vor allem für
       unsinnig, da es in Deutschland kein Endlager gibt. „Atommüll von einem
       ungeeigneten Ort an einen anderen ungeeigneten Ort zu verschieben, ist
       unabhängig von erklärten Pandemielagen nicht nur unnötig, sondern falsch“,
       sagt Silke Westphal. Mit Blick auf die sich verschärfende Coronakrise haben
       auch die Polizeigewerkschaft GdP und Niedersachsens Innenminister Boris
       Pistorius (SPD) bemängelt, dass die Castoren jetzt auf den Weg gebracht
       werden.
       
       31 Oct 2020
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reimar Paul
       
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