# taz.de -- Bremer Lieferdienst-Startup „Hadello“: Krumme Rüben retten
       
       > Ein Bremer Startup will mit einem Lieferdienst gegen
       > Lebensmittelverschwendung vorgehen. „Hadello“ will Obst und Gemüse
       > retten, vegan und bio kochen.
       
 (IMG) Bild: Wenn sie zu klein sind oder krumm, landen Rüben gerne mal in der Tonne
       
       BREMEN taz | [1][Selbstständig machen] wollte Hadi El-Sabbagh sich schon
       immer. Und dabei einen Mehrwert für die Gesellschaft bringen, betont er.
       „Ich kann mir nichts besseres vorstellen.“ Aber das ist gar nicht so
       leicht: Mit seiner Idee von einem nachhaltigen Collegeblock, der
       werbefinanziert und deswegen günstig sein sollte, ist er nicht
       weitergekommen– „keine Werbetreibenden wollten mitmachen“. Nach sechs
       Monaten gab El-Sabbagh auf.
       
       Nun folgt der nächste Anlauf für ein nachhaltiges Unternehmen: [2][Hadello,
       ein veganer Lieferdienst mit geretteten Lebensmitteln]. Um sein Start-up
       auf die Beine zu stellen und weitere Investoren zu gewinnen, hat er eine
       Crowdfunding-Kampagne begonnen.
       
       Auf die Idee kam der Bremer in seinem Freiwilligen Sozialen Jahr in einem
       Altenheim: Dort hat El-Sabbagh viel Zeit in der Küche verbracht. Teil der
       Aufgabe war: [3][Essen wegwerfen], und zwar ganz schön viel. „Das hat am
       Anfang echt an mir genagt. El-Sabbagh recherchierte, arbeitete ein
       Geschäftsmodell aus, schaffte sich das betriebswirtschaftliche Know-how
       drauf. Für die Gerichte seines Lieferdienstes sollen Obst und Gemüse
       ausschließlich vor der Tonne gerettete Lebensmittel sein.
       
       Diverse Märkte hat er bereits kontaktiert. Sein Fokus liegt auf
       Biogroßhändlern. Denn hier seien die Lebensmittel frisch, nur eben
       „optisch nicht hübsch genug für die Ladentheke“. Was El-Sabbagh sonst noch
       braucht, möchte er zukaufen. Komplett Bio anbieten, ist das Ziel. Ob das
       machbar ist, werde sich zeigen.
       
       Doch was, wenn die Märkte mal nichts haben, oder nicht das, was auf der
       Speisekarte steht? „Ich habe ziemlich viele Angebote von Großhändlern, aber
       auch Wochenmärkten und landwirtschaftlichen Betrieben“, sagt El-Sabbagh;
       das Angebot sei riesig. So etwas wie Äpfel und Kartoffeln seien
       beispielsweise immer da.
       
       Die Gerichte sollen nicht nur bio, möglichst regional und teils gerettet
       sein, sondern auch komplett vegan. „Ich suche gerade nach einem Koch, mit
       dem ich die Speisekarte ausarbeiten kann“, sagt El-Sabbagh. Er selbst koche
       zwar gerne, aber: „Ich kann nicht kochen.“
       
       Einstellen will El-Sabbagh zunächst neben einem*einer Köch*in noch zwei
       Lieferant*innen. Geflüchtete Menschen sollen das Personal stellen. „Zu
       hundert Prozent einen Mehrwert schaffen, auch sozial“, ist die Devise.
       Sprachbarrieren und hohe bürokratische Hürden würden es Geflüchteten schwer
       machen, hier einen Job zu bekommen.
       
       Auch andere soziale Projekte möchte El-Sabbagh unterstützen: Suppenengel,
       Caritas, Kinderschutzbund. Wie genau das aussehen kann, weiß er noch nicht.
       Ob jede*r bei der Bestellung automatisch einen Teil spendet, oder ob das
       optional ist, ist genauso ungeklärt wie die Frage nach nachhaltigen
       Verpackungen. Eins nach dem anderen.
       
       Den Vorwurf, dass er sich mit dem Biogemüse nur die Rosinen aus dem
       Müllberg rauspickt, lässt er nicht auf sich sitzen. „Klar, ich könnte auch
       nicht-bio nehmen“, und damit ein weniger nachhaltiges und gesundes Essen
       anbieten. Aber es werde so oder so immer noch viel mehr weggeworfen. Warum
       aus dem, was ohnehin da ist, nicht auswählen?
       
       Daher stehe Hadello auch nicht in Konkurrenz zu anderen
       Lebensmittelretter*innen. „Hadello fängt nur das ab, was die Tafeln nicht
       verbrauchen können. Versprochen!“, heißt es auf der Seite für die
       Crowdfunding-Kampagne für Hadello.
       
       ## Es gibt genug weggeworfene Lebensmittel für alle
       
       „Es gibt genug Lebensmittel, die noch gerettet werden müssen“, sagt auch
       der Vorsitzende der Bremer Tafel, Uwe Schneider. „Und wir haben genug und
       kommen damit zurecht, wenn andere mitmachen.“ Auch die Tafel habe am Abend
       oft Lebensmittel übrig – und übergibt diese dann an Ehrenamtliche von der
       Organisation Foodsharing.
       
       Dass Hadello die Menge an weggeworfenen Lebensmitteln verringern kann,
       sieht Foodsharing Bremen auch – wünscht sich aber, dass das Unternehmen
       sein Versprechen gegenüber allen „mildtätigen Organisationen“ macht, sagt
       ein Sprecher. „Wir würden uns freuen, wenn ein Dialog entsteht, der
       verhindert, dass durch den guten Ansatz von Hadello zivilgesellschaftliche
       Organisationen, die bereits seit Jahren Lebensmittel vor der Tonne retten,
       behindert werden.“ Denn die große Qualität von Foodsharing und Co. sei,
       dass die Ehrenamtlichen nicht gewinnorientiert kalkulieren müssten, welche
       Lebensmittel eine weitere Verwendung finden.
       
       Gewinnorientiert denken, das muss Hadi El-Sabbagh, wenn er mit seiner Idee
       mehr Erfolg haben will, als mit den Collegeblöcken. Bislang wurden rund
       1.500 Euro gespendet – für die restlichen 4.500 hat er noch bis Ende des
       Jahres Zeit. Auch dann hat er erst einmal nur das Geld für Küche,
       Erstausstattung und Website zusammen. Das nächste Fundingziel sind 10.000
       Euro: für Fahrräder mit Transportboxen für die Lieferanten.
       
       12 Dec 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Studie-zu-gruenen-GruenderInnen/!5680230
 (DIR) [2] https://www.startnext.com/hadello-lieferservice-mit-sozi
 (DIR) [3] /Gerichtsbeschluss-zum-Containern/!5702737
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Alina Götz
       
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