# taz.de -- Ferrero wird 75: Dossi, Toka oder Tella?
       
       > Im Neuen Jahr ist Nutella-Geburtstag. Das Unternehmen Ferrero wird 75.
       > Über eine Schmiere, die Lust macht und Ekel – und Wälder kaputt.
       
 (IMG) Bild: Bis zum bittersüßen Ende
       
       Wenn das Westpaket kam, begann der Krieg. Wer steckt zuerst den Löffel ins
       Nutella-Glas, meine Schwester oder ich? Nutella, das war für uns
       Zonenmausis die süßeste Verheißung, seit es Nussnougatcrème gibt. Wie
       Nutella im Mund schmolz. Wie der Löffel im Glas versank. Wie es duftete,
       sobald man das Glas aufschraubte. Wenn unsere Mutter es uns nicht
       weggenommen hätte – „Das wird jetzt eingeteilt“ – hätten wir es in einer
       halben Stunde verputzt.
       
       Wir hatten zwar das Ostpendant Nudossi. Das war aber Bückware, also
       meistens ausverkauft oder nur „über Beziehungen“ zu bekommen. Anfangs
       konnte es mit Nutella noch mithalten, obwohl es nie so weich und samtig war
       wie die Westschwester. Und mit den Jahren, als der DDR der Kakao ausging
       und Schokolade gerüchteweise aus Erbspüree gemacht wurde, setzte man
       Nudossi Kokos zu. Na, das konnten Honecker und Co selbst essen! Aber dann
       kam die Wende – und Nutella gab es für uns Ossis nun auch in Hülle und
       Fülle. Große Gläser, noch größere Gläser, Minigläser für die Handtasche.
       
       Was soll ich sagen? Mit Nutella ist es so wie mit jedem Überfluss: Schmeckt
       nicht mehr. Schon gar nicht löffelweise. Und seit die Nudossi-Macher:innen
       in Dresden an alle Zutaten rankommen, hat Nudossi Nutella geschmacklich und
       nachhaltig weit überholt: mehr Haselnüsse – und kein Palmöl.
       
       Im Neuen Jahr feiert [1][das Unternehmen Ferrero] 75. Geburtstag, und mit
       ihm die Nutella. Also je nachdem, wie man rechnet. Im Jahr 1946 gründete
       der italienische Konditormeister Pietro Ferrero seine Firma. Schon ein paar
       Jahre vorher soll er seine süße Paste aus Haselnüssen, Zucker und Kakao
       erdacht haben. Nutella im Glas als geschmeidige Crème wurde allerdings erst
       1964 geboren. Das bauchige Nutella-Glas, wie wir es heute kennen, kam ein
       Jahr später.
       
       Nutella wurde größer, eroberte den Weltmarkt – und zerstört heute Wälder.
       Jedenfalls in den Augen der Aktivist:innen, die den „Danni“ schützen.
       Mittlerweile verlassen bis zu 750 Lkw täglich die gigantische
       Ferrero-Fabrik in der Nähe des [2][Dannenröder Forsts] in Hessen. Ferrero
       unterstützt den Bau der Autobahn A 49, die den „Danni“ zerstören würde.
       Trotz allem: Happy Birthday, Nutella, ob du nun 75 wirst oder erst 56. Für
       viele Kinder bist du eine der besten Freundinnen. Meine ist, muss ich
       gestehen, schon länger die Macadamiacrème aus dem Bioladen.
       
       1 Jan 2021
       
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 (DIR) Simone Schmollack
       
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