# taz.de -- Impeachment gegen Donald Trump: Riskante Hoffnung
       
       > Das zweite Impeachment gegen Donald Trump ist ein historisches Ereignis –
       > allerdings ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass die Republikaner nun
       > umdenken.
       
 (IMG) Bild: Donald Trump: ein zweites Impeachment und nur noch eine Woche im Amt
       
       Wie erwartet hat das US-Repräsentantenhaus am Mittwochabend eine Anklage
       gegen Noch-Präsident [1][Donald Trump] wegen „Anstiftung zum Aufruhr“
       verabschiedet. Er ist damit der erste Präsident der US-Geschichte, der sich
       gleich zweimal mit einem Impeachment-Verfahren auseinandersetzen muss. Well
       deserved, würde man im Englischen sagen, wohlverdient angesichts einer
       Präsidentschaft, die wie keine zuvor sämtliche Regeln der demokratischen
       Auseinandersetzung, des Anstands und der in der öffentlichen Darstellung
       von Politik ohnehin nur bedingt vorhandenen Wahrhaftigkeit missachtete.
       Dennoch: So richtig der Reflex ist, Trump für seine Rolle beim Sturm aufs
       Kapitol am 6. Januar zur Verantwortung zu ziehen, so zweifelhaft ist das
       Vorgehen.
       
       Denn das [2][Impeachmentverfahren], zu dem die deutsche Verfassung keine
       Entsprechung kennt, verwandelt ein politisches Gremium in ein juristisches.
       Aus Abgeordneten und Senator*innen werden Anklage, Verteidigung und
       Gericht. Eine ausschließlich auf die Organisation politischer Macht
       ausgerichtete Institution verkleidet sich als unabhängige Justiz. Das ist
       ohnehin zweifelhaft, bedingt aber zumindest, wenn nicht rechtsstaatliche
       Grundsätze noch weiter ausgehebelt werden sollen, andere
       Verfahrensstandards als etwa die Debatte über eine Resolution oder einen
       Gesetzentwurf.
       
       Weil aber [3][Trump] ohnehin nur noch eine Woche im Amt ist, preschte die
       demokratische Mehrheit unter Umgehung der üblichen Verfahren, also
       Zeugenaussagen im Justizausschuss, Einholung von rechtlicher Expertise und
       intensiver Debatte und Abwägung über deren Bewertung, direkt zur
       Abstimmung.
       
       Das haben beim ersten Impeachmentverfahren 2019 die Republikaner im Senat
       fast genauso gemacht, um die Anklage schnell nieder zu stimmen – und beide
       Vorgehen verschärfen noch einmal die Schwächen des Prozesses. Denn weil es
       eben politische Mehrheiten und nicht rechtliche Bewertungen sind, die den
       Ausgang bestimmen, hat die Entscheidung niemals die Autorität des Urteils
       einer unabhängigen Justiz. Kommen dann noch zweifelhafte Verfahrensweisen
       hinzu, leidet in der Folge genau das, was mit diesem Impeachment eigentlich
       verteidigt werden soll: Das Vertrauen in ausschließlich einem gemeinsamen
       Regelwerk verpflichtete Justiz und demokratische Institutionen.
       
       Die kleine Hoffnung, die noch am 6. Januar selbst aufgekommen war, der
       Schock der Ereignisse könne auch auf republikanischer Seite ein Umdenken
       bewirken, wird so womöglich verspielt. Lediglich zehn republikanische
       Abgeordnete stimmten am Mittwoch mit der demokratischen Mehrheit. Um die
       Republikanische Partei aus den Fängen des sektengleichen Trump-Kults zu
       befreien, sind das viel zu wenige. Es liegt auch an den Demokrat*innen,
       diesen Prozess zu befördern oder unmöglich zu machen. Das
       Impeachmentverfahren ist dabei keine Hilfe.
       
       14 Jan 2021
       
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