# taz.de -- Coronadebatte im Abgeordnetenhaus: 150 Millionen als „Neustarthilfe“
       
       > Regierungschef Müller (SPD) verteidigt im Parlament die Verlängerung des
       > Lockdowns. Wirtschaftssenatorin Pop (Grüne) kündigt weiteres Hilfspaket
       > an.
       
 (IMG) Bild: Regierungschef Michael Müller (SPD) wies im Parlament FDP-Forderungen nach Lockerungen zurück
       
       BERLIN taz | Er sollte noch gar nicht reden. Am Sonntag, bei einer
       Coronasondersitzung des Abgeordnetenhauses, hätte Regierungschef Michael
       Müller (SPD) über den bis zum 7. März verlängerten Lockdown berichten
       sollen und darüber, wie sein Senat damit umgeht. Doch dann ging ihm am
       Donnerstag in der Parlamentsdebatte zu viel durcheinander – es drängte ihn
       ans Mikro.
       
       Denn es sei falsch, kritisierte Müller, nun wie die FDP davon zu reden, die
       Ministerpräsidenten hätten in ihrer Konferenz am Mittwoch willkürlich die
       Grenzwerte verändert. Zugleich übte der Regierende Selbstkritik: Der
       sogenannte Lockdown light im Herbst hätte härter sein müssen. Daraus habe
       man gelernt.
       
       Die FDP hatte die Debatte mit einem Angriff auf Senat und
       Ministerpräsidenten begonnen: Die Situation gleicht für sie einem „Warten
       auf Godot“, einem Klassiker des absurden Theaters, in dem zwei Männer auf
       einen nie erscheinenden Dritten warten und immer wieder vertröstet werden.
       So ist es für FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja auch in Berlin: Ihm fehlten
       klare Öffnungsansagen. Stets war aus seiner Sicht ein Corona-Inzidenzwert
       von 50 das Ziel – „und dann sind wir kurz davor und verändern die
       Parameter“, sagte Czaja. „Das verspielt am Ende Vertrauen.“
       
       Ministerpräsidenten und Kanzlerin hatten vereinbart, erst ab einem Wert
       unter 35 Lockerungen bei Einzelhandel und Museen zulassen. Berlin lag am
       Donnerstag bei 56,2, bundesweit stand nur Rheinland Pfalz besser da. Die
       FDP legte einen Stufenplan vor, der schon bei 50 weitgehende Öffnungen
       vorsieht.
       
       ## Müller: 50 ist ein Krisenwert
       
       Müller widersprach dem klar: Die 50er-Grenze sei „kein Warn-, sondern ein
       absoluter Krisenwert“. Er erinnerte daran, dass sich Berlin vergangenes
       Jahr bei seiner Corona-Ampel einen Wert von 30 verordnet hatte, ab dem
       diese Ampel „Rot“ zeigt. Im Bundesgesetz seien ausdrücklich auch für einen
       Wert von 35 „breit angelegte Schutzmaßnahmen“ festgeschrieben.
       
       Die Spitzenvertreter der Berliner Wirtschaft hatten sich zuvor enttäuscht
       gezeigt. „Vertrösten ist noch keine Perspektive“, reagierte die Präsidentin
       der Industrie- und Handelskammer, Beatrice Kramm. Im Oktober habe die
       Politik versprochen, dass es keinen erneuten Lockdown ohne
       Wiedereröffnungspläne geben würde. „Nun passiert seit Monaten genau das,
       und gerade für die Unternehmen im totalen Lockdown ist dieses Hangeln von
       Termin zu Termin eine immer größere Zumutung.“ Zudem würden
       Wirtschaftshilfen nicht helfen, die nicht zügig ausgezahlt würden.
       
       Von Unternehmensverbandschef Christian Amsinck hieß es: „Ein klarer
       Fahrplan für die Wirtschaft wäre möglich und verantwortbar gewesen –
       immerhin haben nun der Handel und die Friseure eine belastbare
       Perspektive.“ Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) kündigte in der
       Parlamentsdebatte eine „Neustarthilfe Berlin“ an. Die soll 150 Millionen
       Euro umfassen und ist als Zuschussprogramm für Betriebe mit bis zu fünf
       Mitarbeitern gedacht. Regierungschef Müller beugte allerdings grundsätzlich
       vor: „Ich kann als Regierender Bürgermeister nicht jedem Unternehmen
       versprechen, dass es gerettet wird.“
       
       11 Feb 2021
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Stefan Alberti
       
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