# taz.de -- Evangelikale als Aufklärer an Schulen: Senat sieht kein Problem
       
       > Ein evangelikaler Verein klärt in Bremer Schulen über Abtreibungen auf.
       > Im Landtag erklärt die Bildungssenatorin, sie habe keine Einwände.
       
 (IMG) Bild: Die beste Prävention von Abtreibungen: Kein Sex. Denn auch die beste Verhütung kann schief gehen
       
       BREMEN taz | Einen weltanschaulich neutralen Anstrich gibt sich jetzt mit
       neuem Namen und Internetauftritt [1][der evangelikale Verein „Christliche
       Elterninitiative“]. Er klärt an öffentlichen und privaten Schulen in Bremen
       und dem Umland über Schwangerschaftsabbrüche auf. Die Bildungssenatorin
       Claudia Bogedan weiß dies und hat keine Einwände, wie sie in der letzten
       Bürgerschaftssitzung Ende Januar erklärte.
       
       Dort wurde bekannt, dass der Verein mittlerweile „Menschenskinners“ heißt,
       laut Vereinsregister seit Ende Oktober. [2][Die Homepage] hingegen wurde
       erst vor Kurzem umgestaltet und ist nun in Regenbogenfarben gehalten.
       Seitdem ist auch erst der neue Vereinsname sichtbar. Im Untertitel heißt er
       „Christen engagiert für Kinder und Eltern“. Ende November hatte die taz
       [3][über ein „Unterrichtsprojekt“ des Vereins berichtet], das den Namen
       „Schwanger schaf(f)t Konflikt“ trägt. Der Verein sagt in seiner
       Selbstdarstellung, er wolle Schwangerschaftsabbrüche verhindern und „das
       Leben von Kindern vor und nach der Geburt schützen“.
       
       Zu diesem Zweck betreibt „Menschenskinners“ unter anderem ein
       Mutter-Kind-Haus sowie eine Schwangerenberatung, in der „alternative Wege“
       zu einem Schwangerschaftsabbruch aufgezeigt werden sollen. Und eben das
       Unterrichtsprojekt für neunte und zehnte Klassen mit den Themen: „Das Leben
       vor der Geburt“, „Verhütung und Verantwortung“, „Schwangerschaftskonflikt“,
       „Abtreibung und Alternativen“. In einem Artikel von 2015 [4][für das
       Magazin der Freien Evangelischen Bekenntnisschule (FEBB)] schreibt der
       Verein über sein Projekt: „Wir klären auch über Abtreibung auf und machen
       deutlich, dass dies für uns keine Lösung des Konfliktes ist.“
       
       Nach dem taz-Artikel vom November wollte die Grünen-Fraktion von der
       Bildungssenatorin wissen, wie der Senat die Mitwirkung des evangelikalen
       Vereins an der Sexualerziehung bewerte. Die Frage beantwortete Bogedan in
       der Bürgerschaftssitzung im Januar mit Verweis auf das Bremische
       Schulgesetz.
       
       „Nach Paragraf 5 Absatz 2 soll Schule erziehen zur Bereitschaft, sich für
       die Gleichberechtigung der Geschlechter einzusetzen und Minderheiten in
       ihren Eigenarten zu respektieren, sich gegen ihre Diskriminierung zu wenden
       und Unterdrückung abzuwehren“, [5][heißt es in der schriftlichen Antwort.]
       Dem Senat würden keine Anhaltspunkte vorliegen, dass der Verein dagegen
       verstieße.
       
       ## Kein Neutralitätsgebot
       
       Die Initiatorin der Frage, die queerpolitische Sprecherin der Grünen Kai
       Wargalla, [6][hakte in der Sitzung nach,] was genau den Verein für die
       sexualpädagogische Arbeit qualifiziere und wie sichergestellt sei, dass er
       neutral über das Konfliktthema Schwangerschaftsabbruch informiere. Die
       erste Frage ließ die Bildungssenatorin unbeantwortet.
       
       Der taz hatte die Projektleiterin Beatrix Fäsenfeld gesagt, sie und ihre
       Kollegin hätten Seminare an evangelikalen Akademien wie „[7][Team F]“ und
       „[8][Ignis]“ belegt. Die sind allerdings nur in der Eheberatung tätig, weil
       Sexualität nach Auffassung fundamentalistischer Christ*innen nur in
       heterosexuellen Ehen gelebt werden darf. Ein weiteres Tätigkeitsgebiet der
       Akademien: Die Behandlung „sexueller Identitätsstörungen“. Gemeint ist
       Homosexualität.
       
       Zur Frage der Neutralität sagte Bogedan, das Projekt müsse nicht neutral
       sein. Wichtig sei die Vor- und Nachbereitung im Unterricht. Dass also den
       Schüler*innen die Möglichkeit gegeben werde, das Gehörte einzuordnen und
       zu verstehen, dass es unterschiedliche Sichtweisen gebe, wie Bogedan auf
       Nachfrage einer weiteren Grünen-Abgeordneten erklärte.
       
       Doch inwiefern das geschieht, ist unklar. Die beiden öffentlichen Schulen,
       an denen nach Auskunft der Bildungssenatorin das Unterrichtsprojekt
       regelmäßig stattfindet, wollen sich nicht äußern. Die taz hatte beide, die
       Werkschule Huchting und die Oberschule In den Sandwehen in Bremen-Nord,
       gefragt, wie es zu der Kooperation gekommen sei und wie das Projekt in den
       Unterricht eingebettet werde. Die Schulleiter baten um Verständnis, dass
       sie dazu nichts sagen wollen.
       
       Die Bildungssenatorin versprach nun in der Bürgerschaft, die Schulaufsicht
       werde weiter prüfen, inwiefern „rechtlich vorgegebene Bindungen“
       eingehalten würden. Die Opposition will das Ergebnis dieser Überprüfung
       nicht abwarten. Zwei CDU-Abgeordnete und ein FDP-Abgeordneter verlangten
       von der Senatorin, den Verein vorab von dem Verdacht reinzuwaschen, gegen
       rechtliche Grundsätze zu verstoßen. Dabei haben sie insofern recht, [9][als
       der Staat die „Lebensschützer“-Position teilt. Schwangerschaftsabbrüche
       gelten als Straftat,] das Bundesverfassungsgericht hat 1993 eine
       „Austragungspflicht“ der Schwangeren festgestellt.
       
       Die Grünen hatten auch wissen wollen, ob der Verein mit den
       Schüler*innen über das so genannte Post Abortion Syndrome (PAS) spreche.
       Fundamentalist*innen wie die „Ärzte für das Leben“ behaupten, das PAS
       sei eine „seelische Erkrankung nach Abtreibung mit psychosomatischer
       Symptomatik“. Es gibt keine medizinische Fachgesellschaft, die einen
       wissenschaftlichen Nachweis für die Existenz dieses „Syndroms“ gefunden hat
       und es als Krankheit klassifiziert.
       
       Die Bildungssenatorin sagt, das PAS sei kein Thema im Unterrichtsprojekt –
       der taz hatte die Projektleiterin etwas anderes gesagt. Auf seiner Homepage
       bietet der Verein Frauen, „die abgetrieben haben“, einen
       [10][„Aufarbeitungskurs“] an und listet Symptome auf, die identisch sind
       mit denen, die auf [11][einschlägigen Internetseiten] als klassische
       PAS-Symptome genannt werden.
       
       12 Feb 2021
       
       ## LINKS
       
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 (DIR) [6] https://vimeo.com/505884708
 (DIR) [7] https://www.team-f.de/de/sexualitaet__462/
 (DIR) [8] https://www.ignis.de/wp-content/uploads/2020/10/Kompass_2020-2.pdf
 (DIR) [9] /Sexualkundeunterricht-in-Bayern/!5739130
 (DIR) [10] https://menschens-kinners.de/schwangerenberatung/gespraech-nach-abtreibung/
 (DIR) [11] https://freiraum-kirche.de/saveone
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Eiken Bruhn
       
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