# taz.de -- Hygienekonzepte für Sportevents: Blase mit Löchern
       
       > Etliche Coronafälle bei einem Judo-Turnier in Georgien mehren die Zweifel
       > an Hygienekonzepten des Sports. Was bedeutet das für die Olympischen
       > Spiele?
       
 (IMG) Bild: Klinisch rein? Bei einem Judoturnier in Japan arbeitet man an einer keimfreien Wettkampffläche
       
       Aus Tiflis hört man dieser Tage sehr Widersprüchliches. Von bis zu 50
       Coronafällen beim Judo-Grand-Prix in Georgiens Hauptstadt berichtete etwa
       die FAZ am Freitag. Die Dunkelziffer, so merkte man an, dürfte erheblich
       höher sein. Das französische Team war aus Sicherheitsgründen bereits am
       Donnerstag wegen eines Coronafalls abgereist, das deutsche Team trat am
       Freitag den Heimweg an, die sieben an Covid-19 erkrankten
       Mannschaftsmitglieder befinden sich allerdings noch in Tiflis in
       Quarantäne, hieß es.
       
       Was recht besorgniserregend klang, [1][qualifizierte der Internationale
       Judo-Bund (IJF) am Samstag als „Falschmeldungen“ ab.] Bei 2.000
       vorgenommenen PCR-Tests in Tiflis habe es nur zwölf positive Ergebnisse
       gegeben. Man befolge die mit den Gesundheitsbehörden vor Ort abgestimmten
       Konzepte, um „ein sicheres Umfeld für die Sportler zu gewährleisten.“ Die
       entdeckten Fälle sowie die danach ergriffenen Maßnahmen seien „ein Beweis
       dafür, dass das System funktioniert.“
       
       Es wird viel unternommen, um in Zeiten der Pandemie den Glauben an sichere
       Sportveranstaltungen zu stärken. Der Deutsche Olympische Sportbund hat
       vergangenen Herbst ein nationales Hygiene-Rahmenkonzept vorgestellt, das
       gar mit dem Gütesiegel „TÜV-geprüft“ versehen war. Der Technische
       Überwachungsverein unterzieht also auch „Sportblasen“ seiner Begutachtung.
       Viele Sportveranstaltungen – vor allem auf nationaler Ebene – konnten in
       der Vergangenheit mit strengen Hygienekonzepten relativ störungsfrei
       ausgetragen werden. Die Organisatoren schienen jeweils einen coronafreien
       Sportkosmos zu kreieren. Mit Blick auf Weltmeisterschaften und Weltcups
       hob jüngst IOC-Thomas Bach hervor: „Nicht ein einziges Event hat sich als
       ein Virusverbreiter herausgestellt und die Gesundheit der Bevölkerung
       gefährdet.“
       
       Die über 50 Coronafälle bei der Hallen-EM der Leichtathleten, einem
       Großereignis mit 700 Teilnehmern, konnte er bei seinem so gewählten
       Blickwinkel unbeachtet lassen. Nach dem Weltcup der Fechter in Budapest
       vermeldete der deutsche Verband immerhin vier positive Fälle aus dem
       eigenen Team. Andere Teams sollen in ähnlichem Maße betroffen gewesen sein.
       Eine derartige Veranstaltung, stellte der Fechter und Athletensprecher Max
       Hartung fest, sei „nie hundertprozentig sicher“.
       
       ## Protest gegen Hygienekonzept
       
       Das Auftreten der ansteckenderen Coronamutanten sorgt rund um
       Sportveranstaltungen für große Unruhe. Im Vorfeld der Eiskunstlauf-WM, die
       an diesem Wochenende in Stockholm endete, unterschrieben mehr als 3.000
       Menschen eine Onlinepetition, in der die Veranstalter aufgefordert wurden,
       striktere Hygieneregeln zu beschließen. Insbesondere fehlende
       Quarantänebestimmungen vor Ort wurden bemängelt. Die Befürchtungen eines
       Superspreader-Events bewahrheiteten sich allerdings nicht. Am Ende zählten
       die Veranstalter drei Coronafälle.
       
       Offensichtlich ist allerdings, dass die vermeintlichen
       Sportveranstaltungsblasen, durchlässiger denn je sind. In Georgien
       versammelten sich beim Judo-Grand-Prix über 504 Kämpfer aus 82 Nationen.
       Bei den Olympischen Spielen in Tokio erwartet man über 11.000 Sportler aus
       206 Nationen. Dazu kommen etwa 20.000 Betreuer.
       
       In Japan nehmen die Ängste mit Blick auf das Großereignis zu. [2][Jüngsten
       Umfragen zufolge] ist eine deutliche Mehrheit für eine erneute Verschiebung
       der Spiele oder für eine Absage. Die steigenden Coronazahlen der letzten
       Tage dürften den Trend eher noch verstärken. Die japanische Regierung will,
       wie die einheimische Nachrichtenagentur Kyodo berichtete, auch aufgrund
       dieser Stimmungslage die Zahl der Olympiagäste drastisch reduzieren. Nach
       dem Ausschluss von ausländischen Olympiatouristen soll nun die Zahl der
       Vertreter der Sportverbände, der Sponsorengäste sowie der Medienschaffenden
       um die Hälfte auf 30.000 begrenzt werden.
       
       Die Organisatoren in Tokio haben einst erklärt, sie wollten von den
       Erfahrungen anderer Sportevents vor den Olympischen Spielen profitieren.
       Der japanische Infektiologe Dr. Kentaro Iwata hat gerade der New York Times
       gesagt, die Bekämpfung des Erregers werde fast unmöglich sein. „Die
       Olympischen Spiele abzusagen, wäre viel einfacher.“
       
       28 Mar 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.ijf.org/news/show/actual-covid-facts-and-results-from-tbilisi-grand-slam
 (DIR) [2] /Olympische-Sommerspiele-in-Tokio/!5759871
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Johannes Kopp
       
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