# taz.de -- Solardächer auf Gewerbebauten: Zaghafte Pflicht
       
       > In Niedersachsen müssen auf Dächern bald Solaranlagen installiert werden.
       > Doch was weitreichend klingt, ist nur ein erster kleiner Schritt.
       
 (IMG) Bild: Hat schon seit Jahren ein Solardach: Neubau der Forschungseinrichtung „GFK Valley Stade“
       
       HAMBURG taz | Auch Niedersachsen will nun den [1][Bau von Solaranlagen auf
       Dächern verpflichtend] einführen. Während Umwelt- und Bauminister Olaf Lies
       (SPD) darin einen zentralen Baustein zum Erreichen das Klimaziele des
       Bundeslandes sieht, hält die Opposition im Landtag das Vorhaben für zu
       zaghaft.
       
       Die Pflicht zur Installation von Solaranlagen soll ab dem kommenden Jahr
       nur auf neuen Gewerbebauten gelten. Davon wiederum auch nur bei Bauten mit
       einer Dachfläche von mindestens 75 Quadratmetern. Und wiederum nur die
       Hälfte dieser Dachfläche muss mit Solaranlagen ausgestattet werden.
       
       „Photovoltaik wird auf allen größeren Dächern von Gewerbeneubauten künftig
       Pflicht“, frohlockte Lies, nachdem die schwarz-rote Landesregierung am
       Dienstag seinem Gesetzentwurf zur Änderung der niedersächsischen Bauordnung
       zugestimmt hatte. Um [2][bis zum Jahr 2040 den Stromverbrauch im Land
       komplett aus erneuerbaren Energien zu] decken, seien allein aus der
       Photovoltaik 65 Gigawatt nötig.
       
       Neben Solarparks auf freier Fläche soll der überwiegende Teil dafür von den
       Dächern kommen. Zum Vergleich: Das Atomkraftwerk Emsland produzierte im
       vorigen Jahr 1,4 Gigawatt. Eine Pflicht entfiele nur in besonderen
       Ausnahmefällen.
       
       Wohngebäude rücken in der Novellierung der Bauordnung zumindest
       perspektivisch für eine steigende Produktion von Solarenergie in den Blick:
       Sie sollen künftig so geplant sein, dass sie Anlagen auf ihren Dächern
       tragen können. Eine Anlagenpflicht gibt es jedoch – vorerst – nicht. „Vor
       dem Hintergrund der Diskussionen um den Bau von bezahlbaren Wohnungen ist
       es uns aber gleichzeitig wichtig, die Vorgaben für den Wohnungsbau auf ein
       Minimum zu beschränken“, sagt Lies zur Begründung.
       
       Für die Grünen im niedersächsischen Landtag geht das Vorhaben nicht weit
       genug. „SPD und CDU backen bei der Energiewende leider mal wieder ganz
       kleine Brötchen“, sagt Imke Byl, umwelt- und energiepolitische Sprecherin.
       Mit dem Anspruch der Landesregierung, die Energiewende zügig
       voranzubringen, seien die Grünen zwar einverstanden, „um dieses
       ambitionierte Ziel aber zu erreichen, muss jede geeignete Dachfläche
       genutzt werden, nicht nur wenige große“, findet Byl.
       
       Denn 2018 lag nach 20-jähriger Photovoltaikförderung die landesweite
       Leistung von Solaranlagen bei rund vier Gigawatt. Zum Erreichen der Ziele
       müsse sich das Ausbautempo in Niedersachsen um das 15-fache beschleunigen,
       sagen die Grünen.
       
       Im norddeutschen Vergleich sind die Pläne tatsächlich zurückhaltend: In
       Hamburg gilt ab 2023 eine generelle Anlagenpflicht. Alle ab dann gebauten
       Gebäude, egal ob sie fürs Gewerbe oder zum Wohnen errichtet werden, müssen
       eine Anlage auf ihrem Dach haben. Hinzu kommt, dass auch ältere Gebäude
       künftig nach und nach bestückt werden sollen. Muss ein Dach saniert werden,
       muss dabei auch eine Solaranlage errichtet werden.
       
       Ausgenommen sind allein Dächer mit einer Fläche von unter 50 Quadratmetern.
       Auch plant der rot-grüne Senat, auf den Dächern der Schulen bis 2023 auf
       etwa 100.000 Quadratmetern Solaranlagen zu installieren.
       
       ## Schleswig-Holstein macht es ähnlich wie Niedersachsen
       
       Bremen will den gleichen Weg wie Hamburg gehen. Wann die Verordnung in
       Kraft tritt, ist derzeit noch nicht klar. Der Beschluss wurde aber bereits
       im Juni 2020 in der Bremer Bürgerschaft verabschiedet.
       
       Ähnlich wie Niedersachsen macht es dagegen [3][Schleswig-Holstein] Auch
       dort gibt es ehrgeizige Ziele und bescheidene Pläne. Eine
       Solaranlagenpflicht für Gewerbegebäude soll auch dort kommen – für
       Wohngebäude ist bislang auch noch keine Regelung in Sicht.
       
       Das neue Gesetz will die Jamaika-Koalition bis zum Herbst 2021 beschließen,
       damit es noch vor der Landtagswahl 2022 in Kraft tritt. Bislang sind im
       Land nur Anlagen mit einer Gesamtleistung von 1,1 Gigawatt in Betrieb,
       dabei wären Studien zufolge bis neun Gigawatt möglich. Nach der Einigung in
       der Landesregierung geht das Vorhaben nun in die sogenannte
       Verbandsbeteiligung – Umweltverbände, Bürgerinitiativen oder Kommunen
       können sich nun einbringen.
       
       11 Apr 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Photovoltaikpflicht-in-Baden-Wuerttemberg/!5684670
 (DIR) [2] /Solarpflicht-fuer-Neubauten-kommt/!5734230
 (DIR) [3] /Kiel-novelliert-Klimaschutzgesetz/!5722234
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) André Zuschlag
       
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