# taz.de -- Kinderschutzbund-Chef über Grundgesetz: „Kinder brauchen besondere Rechte“
       
       > CDU und SPD planen im Bund eine Grundgesetzänderung. Diese schwäche die
       > Position der Kinder, warnt Ralf Slüter vom Hamburger Kinderschutzbund.
       
 (IMG) Bild: Kinder brauchen besondere Rechte: Protest für die Beachtung der Kinderrechte während Corona
       
       Herr Slüter, warum lädt der [1][Hamburger Kinderschutzbund] am 22. April
       zur Diskussion über „Kinderrechte ins Grundgesetz“? 
       
       Ralf Slüter: Im Moment versuchen Bundestag und Bundesrat einen Kompromiss
       zwischen CDU und SPD zu verabschieden. Die Kinderrechteorganisationen
       fordern seit Jahren, dass Kinderrechte im Grundgesetz verankert werden.
       Dafür braucht man eine Zweidrittelmehrheit. Und die haben jetzt [2][einen
       Kompromiss gefunden, der uns nicht gefällt].
       
       Welche Formulierung stört Sie? 
       
       Nichts vom dem, [3][was wir fordern, ist umgesetzt]. Zwar werden
       Kinderrechte im Grundgesetz erwähnt, aber der Vorrang und die besondere
       Bedeutung ihrer Rechte sind dort überhaupt nicht beschrieben. Es heißt
       dort, das Kindeswohl sei „angemessen“ zu berücksichtigen. Das kann man sich
       schenken. Kinder haben sowieso Rechte wie alle Menschen, die verbrieft sind
       im Grundgesetz. Das ist so. Aber Kinder können an keiner Stelle für sich
       sorgen und selbst die Stimme erheben. Deswegen brauchen sie besondere
       Rechte. Aber wenn es nur heißt „angemessen“, dann ist das weniger als das
       Grundrecht, das ihnen sowieso zusteht.
       
       Wieso das? 
       
       Wer entscheidet, was angemessen ist? Das gibt wieder Erwachsenen das Recht,
       das zu beurteilen. Die Rechtsposition der Kinder wird geschwächt. Das ist
       auch die Befürchtung von Anwälten und Richtern.
       
       Was fordern Sie nun? 
       
       Wir lehnen diesen Kompromiss ab. Besser, man lässt es und sucht neue
       Mehrheiten im Bundestag nach den Wahlen.
       
       Welche Formulierung wäre gut? 
       
       Kinderrechte sollten in der Art und Weise, wie die UN-Kinderrechte-Charta
       das fordert, im Grundgesetz stehen. Also: Jedes Kind hat das Recht auf
       Förderung seiner körperlichen und geistigen Fähigkeiten zur bestmöglichen
       Entfaltung seiner Persönlichkeit sowie auf Schutz der staatlichen
       Gemeinschaft. Es hat das Recht auf Beteiligung. Und dem Kindeswohl kommt
       bei allem staatlichen Handeln, das seine Rechte berührt, vorrangige
       Bedeutung zu.
       
       Welche Partei steht für welche Position? 
       
       Soweit ich weiß, will die SPD auch das, was wir uns vorstellen. Was genau
       die CDU befürchtet, ist mir unklar. Dass vielleicht Kinderrechte
       ausspielbar sind gegen Elternrechte. Dass Elternrechte eingeschränkt
       werden, das will die CDU nicht. Von daher glaube ich, dass dieser
       Kompromiss das Einzige ist, was mit der CDU durchsetzbar ist. Wir wünschen,
       dass das abgelehnt wird. Die SPD könnte in der Gefahr sein, zu sagen,
       besser das als gar nichts. Aber wir sehen darin einen Rückschritt.
       
       In welchem Stadium ist die Sache? 
       
       Die Bundesregierung hat den Kompromiss beschlossen. Jetzt sind Bundestag
       und Bundesrat an der Reihe. Wir wünschen uns, dass der Bundesrat nicht
       zustimmt.
       
       Sie haben heute Politiker am Tisch. Marcus Weinberg, Melanie Leonhard.
       Hoffen Sie, Sie können mit beiden eine Lösung finden? 
       
       Weinberg ist familienpolitischer Sprecher der CDU im Bundestag und hat
       diesen Kompromiss verhandelt. Er muss erklären, warum diese Formulierung
       gefunden wurde. Sozialsenatorin Leonhard wird diejenige sein, die mit dem
       Justizressort mitbestimmt, wie Hamburg im Bundesrat stimmt. Wir wünschen,
       dass sie nein sagt oder für Nachverhandlungen sorgt.
       
       22 Apr 2021
       
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