# taz.de -- Segen und Fluch der Tee-Beschaffung: Hipster-Tees schmecken scheiße
       
       > Es gibt die guten, die gediegenen Teeläden, wo man sich geborgen fühlt
       > wie auf dem Eichamt. Und dann gibt es Hipster-Teegeschäfte. Hilfe!
       
 (IMG) Bild: Früchte, Kamille, Pfefferminz? Laaaaaangweilig
       
       Teegeschäfte erscheinen mir immer wie die Eichämter der Welt: sauber,
       präzise, aufgeräumt; und doch mit genug Platz für jede erdenkliche Varietät
       des so duftenden Lebens. Wir taxieren den gut gewässerten Körper des
       Teeverkäufers, fragen uns heimlich, bei wie viel Grad er zubereitet werden
       muss, und überlegen mit ihm gemeinsam, wie das Wetter wohl sei.
       
       Wir zahlen, wie überall, nicht mit Liebe, sondern mit der im Schweiße
       unseres Lebensaufgusses verdienten Geldknete. Auge um Auge, Gramm um Gramm,
       Schein um Schein. Auch Teegeschäftangestellte bringen ihre Waagen
       schließlich zum Eichamt. Obwohl, wer weiß schon, ob es das wirklich gibt:
       ein Eichamt? War jemand von Ihnen jemals auf dem Eichamt? Stand morgens
       auf, taperte mit der Zahnbürste im Maul zum Briefkasten und fand einen
       lilafarbenen Brief: Wichtig! Eichamtsladung! Gewichtskontrolle! Nein? Aber
       Sie waren schon mal in einem Teegeschäft, ja? Eben.
       
       Genug derer Scherereien, wir wollen ausgewogen bleiben. Deshalb nun zum
       unangenehmen, ja ungenießbaren Gegenstand dieses Textes:
       Hipster-Teegeschäfte. Denn nicht in jeder Stadt findet sich problemlos
       eines der vorgenannten gediegenen Teegeschäfte, zumal wenn man neu
       zugezogen ist.
       
       Auf unserer Suche landeten wir neulich in einer Innenstadtgegend, in der
       die Porsche-Geländewagen am frühen Samstagnachmittag nur so übereinander
       herfallen. Mittelaltes Geld trifft neue Leidenschaften. Das Geschäft führt
       ein junger Taugenichts, was wir aber dank unseres quasi unerschütterlichen
       Vertrauens erst nach und nach merkten.
       
       Nach einem kurzen Hallo-Gespräch brüht (brät?) er uns verschiedene Tees zur
       Probe, von denen einer gewisse „Gabba-Aminosäuren“ enthalte, „die sind
       total super zum Lernen, trinken viele Studenten“. Wir fragen uns, womit er
       ihn uns anpreisen würde, hätten wir uns als früh verrentete
       Textilkundelehrerinnen vorgestellt – gut gegen Gicht? Und seit wann genügt
       Tee nicht einfach als – na ja: Tee?
       
       Bräunlich verfärbt ist die Filterkanne, aus der er immer wieder Wasser in
       den Kocher gießt. Alle Tees schmecken scheiße. Das Gerede von den
       Gammastrahlen schwirrt uns im Kopf, eine Dreiviertelstunde lang, nach der
       endlich alle Resthöflichkeit ausgetrunken ist und wir die Gelegenheit
       ergreifen, auf gut Glück eine der nicht servierten Teesorten für einen
       ziemlich stolzen Preis zu erwerben und Lebewohl zu sagen. Wir hören noch,
       wie eine der parallel bedienten, ihren Reichtum ostentativ zur Schau
       stellenden älteren Damen sich über „Verdauungsprobleme“ und mangelnde
       Bekömmlichkeit beschwert, bevor wir in einen traumlosen Straßenbahnschlaf
       fallen.
       
       19 Apr 2021
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Adrian Schulz
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Kolumne Ungenießbar
 (DIR) Tee
 (DIR) Hipster
 (DIR) wochentaz
 (DIR) Kolumne Ungenießbar
 (DIR) Kolumne Ungenießbar
 (DIR) Kolumne Ungenießbar
 (DIR) Kolumne Ungenießbar
 (DIR) Kolumne Ungenießbar
 (DIR) Kolumne Ungenießbar
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Schwarzer Tee: Jeder Schluck ein bisschen Heimat
       
       Schon als Kind liebte unsere Autorin Schwarztee. Heute trinkt sie ihn, um
       sich mit ihren ukrainischen Wurzeln zu verbinden.
       
 (DIR) Ekel-Bodensatz in Wasserflaschen: Erst Gluckgluck, dann Spuckschluck
       
       Was vom Tage in einer Wasserflasche übrigbleibt, sind Sekrete,
       Mikropartikel, Reste, Schleim. Ein Horror, den die Sodamaschine noch
       potenziert.
       
 (DIR) Lieferdienste für Lebensmittel: Rückkehr zum Planet der Affen
       
       Die Dienstbotifizierung macht vor nichts halt, auch nicht vorm Supermarkt.
       Lieferdienste wie „Gorillas“ sind der letzte Schrei des Start-up-Irrsinns.
       
 (DIR) Der Supermarkt des Horrors: Von Rewelation keine Spur
       
       In Köln steht an jeder Ecke ein Rewe und dazwischen noch drei weitere.
       Dabei ist Rewe nur ein schlechterer Aldi mit höheren Preisen. Eine
       Abrechnung.
       
 (DIR) Ekelessen Hühnerei: Das Rohe und das Ungekochte
       
       Nicht aus Schweinefleisch besteht das deutsche Herz, sondern aus Ei. Der
       Proteinfetisch wurde längst vom Nazi-Opa an die Fitness-Enkel vererbt.
       
 (DIR) Ekelfraß Aufbackbrötchen: Knack und Kack und ohne Mack
       
       Wabbelnd wie Bindegewebe oder hart wie ein Nierenstein schiffen sich
       Aufbackbrötchen in unsere Körper. Aber wo kommen sie eigentlich her?
       
 (DIR) Von übervollen Abspülbecken: Dauerverstopfung am Küchenlokus
       
       Wozu gibt es in der Küche ein Spülbecken? Zum Spülen! Aber wie soll das
       gehen, wenn es andauernd voller Geschirr und Zeug steht,
       kruzifixnocheins?!??