# taz.de -- Der Supermarkt des Horrors: Von Rewelation keine Spur
       
       > In Köln steht an jeder Ecke ein Rewe und dazwischen noch drei weitere.
       > Dabei ist Rewe nur ein schlechterer Aldi mit höheren Preisen. Eine
       > Abrechnung.
       
 (IMG) Bild: Rewe verspricht „Beste Wahl“? Selbst in Nordkorea ist sie fairer!
       
       Auf den Schildern sollte [1][Stadt der Rewes ] stehen, wenn man in Köln
       ankommt – es gibt einfach so unfassbar viele. Aber da fängt es ja schon an:
       ein Rewe, mehrere … Re-wes? Re-wesen? Re-wessis? Und wenn es sich bei den
       rotgebrandeten Supersupermärkten immer schon um Re-wes handelt, um
       Re-produktionen also, gab es je ein Original?
       
       Wenn, dann wahrscheinlich in Köln. Längst jedoch wurde dieser eine
       pittoresk-ursprüngliche Einst-Rewe von den fünf anderen Rewes in seiner
       Straße in den wirtschaftlichen und moralischen Ruin getrieben und dient nun
       – in gesunden Zeiten – als Feldlazarett für gestrandete
       Junggesellinnenabschiede. It’s the circle of life / and it moves us all.
       
       Die im exponentiellen Wachstum befindliche Rewe-Maschine treibt seltsame
       Blüten. Natürlich sage auch ich ja! zum Leben; ob das wirklich die Beste
       Wahl ist, sei dahingestellt. Bedenkt man, dass eines jeden Rewe-Marktes
       Wirken auf Erden begrenzt ist, eine jede Filiale endlich und daher im
       Grunde immer schon am Sterben ist, erkennt man auch in den vitalsten
       Regalen die Spuren des Verfalls.
       
       Der Rewe, aus dem ich mich sättige, ist diesen Weg schon weit geschritten;
       aber ich bezweifle, ob man dort jemals jenes agreable Einkaufserlebnis
       genoss, für das Rewe doch schließlich mit seinem unmenschlichen Namen
       steht. Er ist im Grunde ein schlechterer Aldi zu höheren Preisen. Reizvolle
       Lebensmittel erblicke ich dort selten, von einer Rewelation keine Spur.
       Beispiel Gemüseregal: fünf Sorten Kopfsalat, „Snackmöhren“, ein schimmliges
       Bündel Radieschen – das war’s. Dreißig Euro bitte, ja, die Gemüsetüten
       kosten jetzt drei Euro pro Stück, weil vegan, ach, und haben Sie schon
       unsere brennbaren Sammelsticker? Nein?
       
       Neulich wollte ich Ricotta kaufen, weil solche Sachen jetzt verlangt werden
       [2][in den Brigitte-Rezepten], die ich beim Friseur erspähe. Auch Ri-cotta
       wurde ja schon mal gekocht – wann eigentlich? –, ist also eigentlich nichts
       Neues, kalter Kaffee, ein verödetes Taufbecken, ein Abklatsch wie Re-we.
       Akribisch durchforste ich das gesamte, von einem vertiginösen Taugenichts
       arrangierte Milchprodukteregal, bis ich auf ein verwaistes Schild mit der
       Aufschrift Ricotta stoße – hinter dem sich nicht das klitzekleinste
       Klümpchen Quark verbirgt. Ausverkauft? Können die den Markt komplett
       zerhauenden Massen an Ricotta-Freunden ihre überbordende Nachfrage denn
       nicht in den anderen fünf Rewe-Läden der Nachbarschaft stillen?
       
       „Das ist nicht mein Fachgebiet“, sagt eine Angestellte, die gerade die
       Zahnpasten einräumt. „Und die anderen sind gerade in einer Besprechung.“
       
       Einen Schnaps auf die Braut hätte ich gern.
       
       15 May 2021
       
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