# taz.de -- Debatte nach Luca-App-Einführung: „Wir brauchen die App nicht“
       
       > Wie andere Bundesländer setzt Bremen bei der Kontaktnachverfolgung auf
       > die Luca-App. Dabei gibt es Alternativen, die günstiger sind – und
       > sicherer.
       
 (IMG) Bild: Kontaktnachverfolgung mit Luca App: Ein Mensch scannt den QR-Code des Geschäfts
       
       BREMEN taz | Zum Greifen nah schien die Lösung für viele Pandemieprobleme,
       als der Rapper Smudo in der ARD-Talkshow „Anne Will“ Ende Februar Werbung
       für eine vielversprechende Geschäftsidee machte. „Wenn’s brennt, fragt man
       doch nicht: Wer erfindet den Feuerlöscher?“, sagte das Mitglied der
       Fantastischen Vier zur besten Sendezeit. „Wir haben den Feuerlöscher da, er
       ist fertig und er ist jetzt zu benutzen.“
       
       Die flammende Rede hielt [1][Smudo für die von ihm mitinitiierte Luca-App],
       die eine schnelle und lückenlose Kontaktnachverfolgung in Zusammenarbeit
       mit den Gesundheitsämtern verspricht. Neben Bundesländern wie Niedersachsen
       und Schleswig-Holstein hat auch der Bremer Senat die landesweite Einführung
       der Luca-App beschlossen – zu einem stolzen Preis: Rund eine Viertelmillion
       Euro will Bremen der Berliner Betreiberfirma Culture4Live für eine
       einjährige Lizenz zahlen.
       
       Die Entscheidung kann Thorsten Lieder nicht nachvollziehen. „Luca ist
       sicher eine gute Kontaktnachverfolgungs-App – aber wir brauchen sie in
       Bremen schlicht nicht“, so der Geschäftsführer der Bremer
       Gastro-Gemeinschaft. Denn in Bremen gebe es bereits eine App, die leiste,
       was Luca verspricht: die App „Gast Bremen“, welche die Gastro-Gemeinschaft
       in Auftrag gegeben hat.
       
       Gast Bremen erfasst – ebenso wie die Luca-App – Kontaktdaten und teilt sie
       über eine Schnittstelle mit den Gesundheitsämtern. Doch in dem Punkt, wie
       diese Daten verarbeitet werden, unterscheiden sich die beiden Apps
       grundsätzlich: So setzt die Gast-Bremen-App – wie viele andere
       Kontaktnachverfolgungs-Apps auch – auf eine dezentrale Speicherung der
       Kontaktdaten.
       
       Die Luca-App dagegen speichert die sensiblen Daten auf einem zentralen
       Server. Das aber mache Luca angreifbar, sagt die Bremer
       Datenschutzbeauftragte Imke Sommer. Insbesondere das digitale
       Schlüsselsystem bereitet ihr Sorgen: Denn nach derzeitigem Stand haben bei
       der Luca-App alle Gesundheitsämter den gleichen Schlüssel, um auf die
       Datenbank zuzugreifen. „Wenn man diesen einen Schlüssel hat, dann steht ja
       quasi die gesamte Datenbank mit den sensiblen Daten offen“, sagt Sommer.
       Dass die Verwaltung dieser Schlüssel nur zentral in der Hand des Betreibers
       liege, sei aus Sicht des Datenschutzes daher „sehr gefährlich“. Imke Sommer
       plädiert stattdessen für dezentrale App-Lösungen, die deutlich weniger
       Angriffsfläche für Hacker und Datenmissbrauch bieten.
       
       Dazu gehört auch die Corona-Warn-App der Bundesregierung. Diese soll laut
       Angaben des Bundesgesundheitsministeriums bald auch um die Funktion
       erweitert werden, sich per QR-Code in Gaststätten oder bei Veranstaltungen
       registrieren zu können. „Ich finde es sehr schade, dass nicht gesehen wird,
       dass auch die Corona-Warn-App wirklich gut funktioniert“, sagt Sommer. „Die
       wird immer kleingeredet, aber das finde ich völlig falsch.“
       
       Trotzdem sei ein wichtiger Vorteil der Luca-App nicht von der Hand zu
       weisen: Auch andere Bundesländer setzen mittlerweile auf die Berliner App.
       So sei die Hemmschwelle, die App überhaupt zu nutzen, natürlich geringer,
       wenn sie gleich an mehreren Orten funktioniere, so Sommer. Diese Auffassung
       teilt auch die Bremer Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Linke): Wie es
       auf Anfrage der taz aus dem Ressort heißt, sei der große Vorteil der
       Luca-App, dass es sich um eine überregionale Lösung handele.
       
       Diesen Vorteil kann auch Thorsten Lieder in Teilen nachvollziehen. Dennoch
       begegnet er insbesondere der offensiven Vermarktung der Luca-App mit
       Skepsis. „Luca präsentiert sich gerne als alleinige Lösung“, so Lieder. Das
       sei insbesondere problematisch, weil Luca stärker als andere Apps auf
       Exklusivität setze.
       
       Denn die Luca-App verweigere sich dem Anschluss an eine Gateway-Lösung, wie
       andere Kontaktnachverfolgungs-Apps sie nutzen. Dabei teilen sich
       Kontaktverfolgungs-Apps eine Schnittstelle zum Gesundheitsamt; so könne das
       Gesundheitsamt die Kontaktdaten besser bündeln und eine schnelle
       Kontaktverfolgung ermöglichen – „egal, welche App verwendet wird“, so
       Lieder. Wenn jemand Luca installiert hat, können hingegen nur andere
       Luca-Nutzer*innen schnell informiert werden.
       
       ## Bremer Senat will Viertelmillion Euro aufbringen
       
       Insgesamt, so Lieder, wundere ihn daher, dass der Senat rund eine
       Viertelmillion Euro für die Luca-App aufbringen will – insbesondere, weil
       die Wirtschaftssenatorin Kristina Vogt (Linke) auch die Gast-Bremen-App
       finanziell gefördert hat. Wie es aus dem Wirtschaftsressort heißt, habe man
       die Entwicklung der lokalen App mit rund 9.000 Euro gefördert. Laut dem
       Bremer Gesundheitsressort begrüße man aber neben der Luca-App auch
       ausdrücklich den Einsatz weiterer Apps wie Gast Bremen für die
       Kontaktnachverfolgung.
       
       Bei aller Kritik: Grundsätzlich sieht die Landesdatenschutzbeauftragte in
       den Apps noch immer eine große Chance – sowohl für die schnelle
       Kontaktnachverfolgung als auch für den Datenschutz. Schließlich ließen sich
       digitale Kontaktdaten mit der richtigen gesetzlichen Regelung besser
       kontrollieren als die „Zettelwirtschaft“, die in der Vergangenheit oft zu
       Datenschutz-Problemen geführt habe. Ein paar Fragen stellten sich aber auch
       bei der digitalen Lösung noch: „Wie lange müssen Daten gespeichert bleiben?
       Wie wird sichergestellt, dass Daten wieder gelöscht werden?“, so Sommer.
       „All diese Fragen müssen bundesweit noch geklärt werden.“
       
       7 Apr 2021
       
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