# taz.de -- Räumungsklage gegen Kisch und Co: Der „gefährliche“ Buchladen
       
       > Das Landgericht verlegt den Räumungsprozess am 22. April in einen
       > Hochsicherheitsgerichtssaal. „Absurd“ nennt dies der Anwalt der
       > Buchhändler.
       
 (IMG) Bild: Protest gegen die drohende Räumung von Kisch & Co im vorigen Sommer
       
       BERLIN taz | Gibt es eine Tendenz, Mieterproteste zu kriminalisieren?
       Angesichts der Tatsache, dass erneut ein Räumungsprozess – jener um die
       Buchhandlung Kisch & Co am 22. April – in einen
       „Hochsicherheitsgerichtssaal“ verlegt wurde, sieht deren Rechtsanwalt
       Benjamin Hersch durchaus diese Gefahr.
       
       Das Gleiche sei kürzlich beim Räumungsprozess gegen die „Potse“ passiert,
       sagte Hersch am Donnerstag der taz. Beide Entscheidungen des Gerichts, die
       in der Regel auf Sicherheitshinweisen von Polizei und Staatsschutz
       basieren, seien „absurd“ – schließlich gehe es in dem einen Fall um einen
       Buchladen, im anderen um ein Jugendzentrum.
       
       Normalerweise werden Räumungsklagen gegen Gewerbemieter*innen als
       zivilrechtliche Verfahren vor dem Landgericht in normalen Gerichtsräumen in
       der Littenstraße oder am Tegeler Weg verhandelt. Letzte Woche erhielt
       Hersch jedoch vom Gericht die Mitteilung, der Prozess gegen Kisch & Co
       werde in Saal B129 des Kriminalgerichts Moabit verlegt. Laut Hersch ist
       dieser Saal für „Hochsicherheitsverfahren“ wie bei Terroristenprozessen
       ausgestattet, etwa mit getrennten Einlassschleusen für Gericht und
       Publikum.
       
       Zudem hat das Gericht für den Prozess besondere Vorkehrungen getroffen, wie
       aus dem Schreiben an Hersch hervorgeht, das der taz vorliegt. Dazu gehören
       die gesonderte Durchsuchung des Publikums vor dem Einlass sowie die
       Beschränkung der Plätze für Journalisten auf acht und eine
       Akkreditierungspflicht. Letzteres ist ungewöhnlich und für Hersch zudem
       unverständlich, da der Saal „riesig“ sei.
       
       ## „Einschüchterung der Öffentlichkeit“
       
       Ebenso wenig sei einsichtig, warum das Gericht den Zutritt von Jugendlichen
       unter 16 Jahren verboten hat. „Das war absurderweise auch beim
       Potse-Prozess so“, so Hersch – wo es ja gerade um Räume für Jugendliche
       ging. „Ich halte die Maßnahmen für vollkommen übertrieben. Sie führen
       meines Erachtens zu einer Einschüchterung der am Prozess interessierten
       Öffentlichkeit und schränken diese damit ein. Das Gericht hat auch keine
       Gründe dafür genannt“, sagte Hersch.
       
       Den Prozess gegen den Buchladen Kisch & Co in der Kreuzberger Oranienstraße
       hat der neue Hausbesitzer, der luxemburgische Immobilienkonzern Victoria
       Immo Properties V Sàrl, angestrengt, um einen Räumungstitel zu erstreiten.
       [1][Ende Mai 2020 war der Gewerbemietvertrag der Buchhandlung ausgelaufen].
       Die beiden Inhaber des Buchladens, seit 1997 eine [2][wichtige Institution
       im Kiez], fordern eine Vertragsverlängerung zu für sie bezahlbaren
       Konditionen.
       
       Zu wöchentlichen Protestveranstaltungen kamen in den vergangenen Monaten
       teilweise Hunderte UnterstützerInnen. Eine [3][Petition bei change.org] mit
       dem Titel „Die Kiezbuchhandlung gegen die Milliardäre“ haben bis Donnerstag
       mehr als 17.000 Menschen unterschrieben.
       
       Die Aussichten beim Prozess sind laut Kisch-Anwalt Hersch nicht einfach –
       aber auch nicht aussichtslos. Der Jurist will für eine Reform des
       Gewerbemietrechts plädieren beziehungsweise dafür, das Kündigungsrecht des
       Wohnraummietrechts analog auf das Gewerbemietrecht anzuwenden. „Bislang
       gibt es ja im Mietrecht für Gewerbemieter*innen keinen wesentlichen
       Schutz“, so Hersch, weshalb immer wieder gerade kleine Gewerbe ihre Räume
       und damit ihre Existenz verlieren.
       
       8 Apr 2021
       
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 (DIR) Susanne Memarnia
       
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