# taz.de -- Segnungsaktion #liebegewinnt: Unterm Regenbogen
       
       > Mit ihren „Segnungsgottesdiensten für Liebende“ widersetzen sich
       > Katholik*innen dem Vatikan – und machen Kirche zu einem
       > demokratischeren Ort.
       
 (IMG) Bild: Segnungsgottesdienst unter dem Motto #liebegewinnt am 9. Mai in München
       
       Die Lernkurve, die G*tt am Beginn der Bibel hinlegt, ist bemerkenswert.
       Kaum stolpern die ersten Menschlein gewalttätig über die Erde, „reute es
       Adonaj, die Menschen auf der Erde gemacht zu haben, es schmerzte mitten im
       Herzen.“
       
       Mit der Sintflut folgt der Versuch eines – ziemlich rigiden – Neuanfangs.
       Doch die geliebten Menschen waren auch nach dieser Aktion nicht anders zu
       haben als fehlerhaft, potenzialverschwendend und freien Willens. Das, so
       die althebräischen Erzähler*innen, verstand schließlich auch G*tt.
       
       Und versprach, die Menschheit zukünftig nie mehr auszulöschen, komme, was
       wolle. Um sich selbst an das Gelernte und den versprochenen „ewigen Bund zu
       allen lebenden Wesen“ zu erinnern, setzte G*tt einen Regenbogen an den
       Himmel, ein Zeichen des Segens.
       
       Unter diesem Regenbogen widersetzen sich nun katholische Geistliche und
       Laien mit „Segnungsgottesdiensten für Liebende“ [1][einer Order aus dem
       Vatikan]. Rom hatte Mitte März die Segnung queerer Paare endgültig
       untersagt.
       
       ## Erst Unterschriftenaktion, dann #liebegewinnt
       
       Doch das vatikanische „Responsum“ widerspricht dem
       wissenschaftlich-theologischen State of the Art und dem praktischen
       Gerechtigkeitsgefühl vieler haupt- und ehrenamtlicher Katholik*innen. So
       auch dem des Würzburger Hochschulpfarrers Burkhard Hose, der zunächst eine
       Unterschriftenaktion und schließlich mit 15 weiteren Engagierten die
       [2][Segnungsaktion #liebegewinnt] initiierte.
       
       Von Aachen bis Zürich finden nun rund um den Namenstag des
       Sintflut-Überlebenden Noah, am 10. Mai, mehr als 100 Segnungsgottesdienste
       mit Abstand und Maske statt. Tausende katholische Queers und Heten feiern
       dabei „die Vielfalt der verschiedenen Lebensentwürfe und Liebesgeschichten
       von Menschen und bitten um Gottes Segen. Ganz ohne Heimlichkeit.“
       
       Damit konsumieren sie nicht nur ein persönlich-biografisches Ritual,
       sondern nehmen nach unzähligen Skandalen und römischen Querschlägen das
       Schicksal ihrer Kirche in die eigene Hand. Sie lassen ein lebensbejahendes,
       ehrliches, demokratisches Bild von Kirche aufblitzen. Sie geben ein Bild
       von Partnerschaft jenseits der patriarchalen Ehe und der kommerzialisierten
       Individualhochzeit ab.
       
       ## Lernfähige Menschlein
       
       Sie treiben von unten eine Veränderung der katholischen Kirche voran, die
       im [3][Synodalen Weg] zwar ein Verfahren gefunden hat, von manchem
       Oberhirten aber noch immer blockiert wird. Dabei ist die Reform dringend
       notwendig.
       
       Zum einen, weil wissenschaftlich nachgewiesen ist, dass die tradierte
       Geschlechter- und Sexuallehre Gewalt im Raum der Kirche begünstigt. Zum
       anderen, damit die sozial-ökologischen Aspekte der kirchlichen Botschaft in
       den multiplen Krisen der Gegenwart endlich vernehmbar werden und zum Tragen
       kommen.
       
       G*tt wird den Menschen der Genesis zufolge nicht auslöschen. Der freie
       Mensch, dem unter dem Regenbogen die Verantwortung für die Schöpfung
       übertragen wurde, sich selbst hoffentlich auch nicht. G*tt zeigt sich in
       der Bibel lernfähig. Die Menschlein urbi et orbi hoffentlich auch bald.
       
       10 May 2021
       
       ## LINKS
       
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 (DIR) Stefan Hunglinger
       
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