# taz.de -- Rechtspopulistischer Hamburger Verleger: Privatier und Wutbürger
       
       > Wolfgang E. Buss gehören das „Alster-“ und „Alstertal-Magazin“. Darin
       > hetzt er immer wieder gegen Linke, Migrant:innen und „die da oben“.
       
 (IMG) Bild: Ein nettes Lächeln: Verleger Wolfgang E. Buss
       
       HAMBURG taz | Man muss in den feinen Stadtteilen weit im Norden Hamburgs
       oder aber um die Außenalster herum wohnen, um jeden Monat aufs Neue die
       Gedanken des Wolfgang E. Buss lesen zu können. Als Vorwort im
       [1][Alster-Magazin beziehungsweise Alstertal-Magazin] veröffentlicht er
       sie. Und nicht nur das: Buss gehören sie auch, diese Hochglanzmagazine, die
       gratis in vielen Geschäften ausliegen und sich über eine Fülle von Anzeigen
       finanzieren. Zunehmend häufiger macht er darin Stimmung gegen Linke,
       Geflüchtete und „die da oben“. Wirklich zu stören scheinen die teils
       hetzerischen Polemiken nur wenige.
       
       Im vorigen August kam Wolfgang E. Buss zur Erkenntnis, dass die von Politik
       und Behörden „geschürte Angst vor einer Pandemie mit Tod und Leichenbergen“
       für schwerere Schäden sorge, als das Virus selbst. Querdenker verteidigte
       er als die „vorverurteilten Bösen“.
       
       Den „Mainstream“ wiederum, der für die Coronamaßnahmen verantwortlich sei,
       setzt er mal eben in eine Reihe mit der deutschen Politik, die zum 1.
       Weltkrieg geführt hatte, mit dem NS- und mit dem DDR-Regime – für Buss gibt
       es da eine klare Kontinuität.
       
       Seine Wut und Verachtung, die er in diesen Texten ausbreitet, zielen auf
       viele: Geflüchtete sind für ihn „Wirtschaftsmigranten, die illegal nach
       Deutschland hineinliefen“. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) bezeichnete er
       jüngst als „in schwierigen brandenburgischen Stasi-Milieus aufgewachsene
       FDJ-Aktivistin“.
       
       ## In bester Gesellschaft
       
       Bei ARD und ZDF ist sich Buss sicher, dass sie ebenso wie
       verschwörungsideologische Plattformen wie [2][Ken-FM] oder [3][Russia
       Today] „Klientel-Journalismus“ betreiben. Und ohnehin: Diese Gesellschaft
       ist doch unregierbar geworden, einfach weil „zu viele gesellschaftliche
       Gruppen mitreden wollen“.
       
       Ist Buss ein Ausgestoßener, der kaum ernst genommen wird? Sicher nicht. Wer
       das Internet nach ihm durchsucht, findet immer wieder dieselbe Sorte von
       Bildern: Buss bei Empfängen neben Herrschaften wie Wolfgang Kubicki (FDP),
       Österreichs heutigem Bundeskanzler Sebastian Kurz, Hamburgs ehemaligem
       Bürgermeister Ole von Beust (CDU) oder neben dem Hamburger
       Polizeipräsidenten Ralf Martin Meyer. Einige der Empfänge, auf denen diese
       Fotos entstanden, hat Buss selbst ausgerichtet in schicken Hamburger
       Hotels.
       
       Hinzu: In mehr als 80.000 gedruckten Exemplaren sind Buss’ Gedanken
       allmonatlich im Editorial zu bestaunen. Und Politiker:innen, deren
       Wahlkreise im Verbreitungsgebiet der Magazine liegen, sagen, dass sie Post
       von Bürger:innen zu Themen bekommen, wenn Buss diese Themen in seinen
       Vorworten setzt.
       
       Tim Stoberock ist SPD-Abgeordneter in der Bürgerschaft für den Wahlkreis
       Alstertal-Walddörfer, wo die Magazine von Buss ausliegen. „Er hat sich
       immer mehr radikalisiert“, sagt Stoberock über Buss. Nach einem Text, den
       Stoberock für Hetze hält, schrieb er Buss einen Brief und warf ihm vor, mit
       seinen Äußerungen einen „Humus für Rechtsradikalismus“ zu bilden. „Im Laufe
       der Zeit lässt sich da eine Wutbürgerisierung erkennen“, sagt Stoberock.
       
       Wer mit dem 69-jährigen Buss am Telefon spricht, erlebt einen
       freundlich-redseligen älteren Herrn. Immer wieder kommt er im Laufe des
       Gesprächs aufs Gendern – da scheint er die größte Gefahr von links zu
       vermuten. Das deckt sich gut mit dem [4][Hamburger CDU-Chef Christoph
       Ploß], der derzeit auch [5][aus allen Rohren gegen das Gendern schießt].
       
       Ploß kam in den vergangenen Monaten dann auch gleich mehrfach vor in diesen
       Heften, wo sonst Lifestyle-Themen dominierten. Kritisches ist über ihn
       nicht zu lesen. Mal rezensiert Buss höchstpersönlich ein Buch von Ploß, mal
       darf der CDU-Politiker seine Gedanken über Gleichberechtigung in einem
       Gastbeitrag ausführen.
       
       „Meine Worte werden von vielen, die es lesen, goutiert“, sagt Buss. Auf der
       Straße werde er dankbar auf seine Worte angesprochen. Dass seine Tiraden
       von einem rechten oder rechtspopulistischen Duktus gefüllt seien, das
       bestreitet er. „Die Einschätzung kann ich nicht mittragen – das ist Unfug,
       den ich von mir weise“, sagt Buss.
       
       ## Vom Tenor wie Thilo Sarrazin
       
       Florian Hartleb ist Politikwissenschaftler und forscht zu Rechtspopulismus
       und -extremismus. Er hat sich einige von Buss’ Vorworten angeschaut. „Sie
       sind nach einer populistischen Logik aufgebaut, die die Wut auf ‚die da
       oben‘ kultivieren will“, sagt Hartleb. Er sei vom Tenor ganz bei Thilo
       Sarrazin und seiner „Deutschland schafft sich ab“-Ansicht. Und: „Es mischt
       sich in den Texten auch die Sehnsucht nach dem Autoritärem“, sagt Hartleb.
       „Generell baut Herr Buss auf düsteren Katastrophenszenarien auf.“
       
       Buss selbst gibt sich als einer, der das ausspricht, was viele sich nicht
       zu sagen trauen. „Ich bin ein freier Geist, der sich das leisten kann“,
       sagt Buss. Leisten kann er es sich, weil die Anzeigenkunden sich daran
       nicht stören: Die Haspa, die Volksbank, der Klinikbetreiber Asklepios und
       viele weitere Hamburger Unternehmen werben in den Magazinen.
       
       „Als regional verankertes Unternehmen ist es uns wichtig, nah bei den
       Menschen im Stadtteil zu sein“, begründet die Haspa das Anzeigenschalten in
       den Magazinen. Mit Buss’ Ansichten stehe das aber nicht in Zusammenhang.
       Ähnlich antwortet auch Asklepios, betont aber, dass der Konzern
       „grundsätzlich und ganz offensiv für Vielfalt“ steht. Die Frage, ob sie
       weiterhin in Buss’ Magazinen werben, verneinen sie nicht. Weitere
       Werbekunden, die die taz anfragte, äußern sich nicht.
       
       29 May 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://magazine.hamburg/
 (DIR) [2] /Koepfe-der-Corona-Relativierer/!5681132
 (DIR) [3] /RT-im-Baltikum-in-der-Kritik/!5693893
 (DIR) [4] /CDU-Hamburg-attackiert-Gruene-scharf/!5747185
 (DIR) [5] https://www.spiegel.de/kultur/gendern-unsere-wahrnehmungsluecken-a-27e10f57-8ad1-43d2-9389-cc84bfd976d6
       
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