# taz.de -- Ronaldos Cola-Verzicht bei der EM: Geht’s raus und trinkt’s Wasser!
       
       > Cristiano Ronaldo hat bei einer Pressekonferenz Flaschen des EM-Sponsors
       > Coca-Cola aus dem Kameraausschnitt entfernt. Was bedeutet das?
       
 (IMG) Bild: Hat nicht weniger als 300.000.000 Follower auf Instagram: Fußballstar Cristiano Ronaldo
       
       Es war nur ein kleiner Griff für Cristiano Ronaldo, aber ein großer für die
       Menschheit. „Agua“, sagte die [1][problematische portugiesische Ikone des
       Profifußballs] und [2][der Selbstvermarktung], nachdem sie am Montag bei
       der Pressekonferenz vor dem EM-Spiel gegen Ungarn zwei Cola-Fläschchen des
       EM-Sponsors Coca-Cola aus dem Kameraausschnitt entfernt hatte [3][und das
       ebenfalls dargebotene Wasser hochhielt.]
       
       Bevor wir näher darauf eingehen, welche Verwerfungen diese Geste
       verursachte und welche Absichten ihr möglicherweise zugrunde lagen, müssen
       wir kurz klarstellen, warum überhaupt Coca-Cola-Fläschchen vor einem
       berühmten Fußballspieler stehen: Sie sollen suggerieren, dass, wer dieses
       Getränk zu sich nimmt, wie Cristiano Ronaldo ist beziehungsweise sein kann.
       Und das ist so offensichtlich gelogen, wie es die Wahrheit ist, dass eine
       Ikone der Schriftstellerei wie die US-Autorin Joan Didion nichts als eine
       eiskalte Coca-Cola frühstückte, jedenfalls phasenweise – und gut: Ein paar
       Zigaretten kommen schon auch immer noch dazu.
       
       Die Frage ist also vielleicht zunächst, warum [4][Profisportler sich
       überhaupt so weit erniedrigen], dass sie Produkte bewerben, die nichts mit
       ihrem Erfolg und ihrer, gerade im Fall Ronaldo, werbewirksamen körperlichen
       Attraktivität zu tun haben, sondern sie im Gegenteil beschädigen würden.
       
       Wenn das alle so wie Ronaldo machten, ja dann! – hätte [5][Greenpeace nicht
       mit einer daneben gegangenen Aktion] beim Spiel der deutschen Mannschaft in
       München gegen den offiziellen Sponsor der Euro 2020 und zugleich
       Hauptsponsor des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), den VW-Konzern,
       protestieren müssen; denn was, bitte, hat ein betrügerischer und mit
       Subventionen der Allgemeinheit gepamperter Autohersteller mit den Regeln
       des sportlichen Fair Play zu tun?
       
       ## Die Handlungsmacht des Einzelnen
       
       Wer die Aktion von Ronaldo geringschätzt, kann sich vielleicht auch
       umgekehrt fragen, was gewonnen wäre, wenn eine deutsche Ikone wie Bastian
       Schweinsteiger nicht für Salami, Kartoffelchips und Spielhöllen geworben
       hätte, sondern für etwas Besseres, das gewiss überall zu finden gewesen
       wäre.
       
       Und auch der Nachahmungseffekt, [6][der sich in der Geste des französischen
       Superstars Pogba zeigte], als dieser bei der Pressekonferenz nach dem
       Deutschlandspiel eine Bierflasche der Firma Heineken entfernte, kann
       natürlich, gerade da es sich um alkoholfreies Bier handelte, als ein
       imageförderndes „Ich mach jetzt auch einen auf gut“ gelesen werden.
       
       Aber allein die Möglichkeit, das zu tun, schien vorher eben gar nicht
       vorhanden – so eine Art von Raumdeutung würde man sich von mehr, von
       vielen, von allen Spielern wünschen. Und vielleicht müssen wir bei einer
       Gestalt wie Ronaldo mit 300.000.000 Followern auf Instagram überhaupt noch
       mal ganz neu über die Definition und die Bedeutung des „Einzelnen“ und
       seiner Handlungsmacht nachdenken.
       
       ## Arbeitet Ronaldo heimlich für Pepsi?
       
       Doch nun zur Börse. Am Mittwoch schrieb der Guardian, dass Ronaldos
       montägliches Verschieben zweier Glasbehälter mit einem anschließenden
       Kurssturz der Aktie des Getränkekonzerns in Höhe von 1,6 Prozent
       zusammengefallen sei, von 56,10 Dollar je Aktie bei Börsenschluss am
       Freitag auf 55,22 Dollar nach Ronaldos Abseitsstellung der Brause am
       Montag; und das entspräche einem Verlust für Coca-Cola von 4 Milliarden
       Dollar.
       
       Börsenexperten von FAZ bis taz zweifeln diese Interpretation des
       Spielverlaufs allerdings an. Just am Montag seien Coca-Cola-Aktien ohne das
       Bezugsrecht für die vierteljährlich ausgezahlte Dividende gehandelt worden,
       was immer zu Kurseinbrüchen führe.
       
       Hat Ronaldo das nun gewusst und seinen Spielzug geplant? Arbeitet er doch
       eigentlich für Pepsi (nachdem er für Coca-Cola und sogar für KFC [7][schon
       früher geworben hatte])? War das Wasser etwa von [8][nasty Nestlé] oder
       eben eines der Coca-Cola-Marken Apollinaris oder Vio? Egal. Was bleibt ist:
       [9][Geht’s raus und trinkt’s Wasser] – Ronaldo macht das auch.
       
       17 Jun 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Vorwurf-der-Vergewaltigung/!5612958
 (DIR) [2] https://www.youtube.com/watch?v=kZV01QAcl20
 (DIR) [3] https://www.theguardian.com/football/2021/jun/16/cristiano-ronaldo-snubs-coca-cola-billions-wiped-off-drink-giants-market-value
 (DIR) [4] /Sponsoren-bei-den-Spielen/!5767788
 (DIR) [5] /Missglueckte-Aktion-von-Umweltschuetzern/!5776926
 (DIR) [6] https://www.theguardian.com/football/video/2021/jun/16/first-ronaldo-now-pogba-removes-sponsors-bottle-at-press-conference-video
 (DIR) [7] https://www.youtube.com/watch?v=v-lsKraiV4M
 (DIR) [8] /Umweltzerstoerung-in-den-USA/!5483694
 (DIR) [9] /75-Jahre-Franz-Beckenbauer/!5707884
       
       ## AUTOREN
       
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