# taz.de -- Upcycling für bequeme Sitzblockaden: Filztasche for Future
       
       > Ob für Klimaschutz oder gegen Ungleichheit: Sitzstreiks sind ein probates
       > Mittel des zivilen Widerstands. Diese Tasche hält trocken und warm.
       
 (IMG) Bild: Allzeit bereit zum zivilen Ungehorsam: die Sitzstreiktasche
       
       Hier wird nichts genossen, nichts gekocht. Bestenfalls werden zwei, drei
       Käsebrote geschmiert und eingepackt. Denn das braucht, wer mit dieser
       Tasche unterwegs ist. Sie ist gemacht für den Sitzstreik. Der tut mehr denn
       je Not.
       
       Oder sehen Sie die Dinge sich zum Besseren ändern? Tun die
       Politiker:innen genug, um den Klimawandel aufzuhalten? Tun sie genug,
       um die Bürger und Bürgerinnen mit bezahlbarem Wohnraum zu versorgen? Wird
       durch politische Intervention die Schere zwischen Arm und Reich kleiner?
       Die Situation der Flüchtlinge verbessert? Die Rechtsgesinnten das Denken
       und Toleranz gelehrt? Wenigstens der Auto- und Flugverkehr minimiert?
       
       Nichts von alledem.
       
       Und umgekehrt: Tun wir genug, um den Politiker:innen zu zeigen, dass
       es so nicht geht? Dass die Wirtschaft ohne politischen Zwang niemals
       aufhören wird, nach Profit zu streben, auf Kosten der Menschen, der Natur,
       des Planeten. Auf Kosten der sozialen Gerechtigkeit und der Kultur. Nein,
       wir müssen weiterkämpfen. Selbst wer müde ist von einem langen Leben des
       Protests, muss weiter auf die Straße, muss zivil und ungehorsam sein.
       
       ## Tasche schützt vor Blasenentzündungen
       
       Diese Tasche soll helfen. Denn Demos alleine scheinen nicht mehr zu wirken.
       Sitzstreiks und Sit-Ins, wie Gandhi und Greta Thunberg, die Bürgerrechts-,
       die 68er-, die Anti-Apartheid- und die Anti-Atomkraft-Bewegung, die
       Feministinnen in den 70er Jahren, [1][Extinction Rebellion] und viele
       andere es machten und machen, sind ein lang erprobtes Mittel des zivilen
       Widerstands. Es sind zwei der „198 Methoden der gewaltfreien Aktion“, die
       der Politikwissenschaftler Gene Sharp in seinen Forschungen zählte, und sie
       scheinen heute aktueller denn je. Der Sommer kommt, da fällt das
       Widerstehen leichter.
       
       Gefertigt ist die Tasche aus meinem liebsten [2][Schöner-Müll]-Material:
       Filz. Also Filz, der entstanden ist, weil ich zerschlissene oder unrettbare
       Pullover aus reiner Wolle bei mindestens 60 Grad gewaschen habe. Das
       verkraften die nicht, sie verfilzen.
       
       Allerhand kann man aus dem, was nach einer solchen Behandlung aus der
       Maschine gezogen wird, machen: Kinderjacken, Handschuhe, Hüllen für
       Smartphones. Dafür gibt es Anleitungen. Mir bisher nicht bekannt dagegen:
       Taschen für Sitzstreiks.
       
       Dafür wird neben Filz auch ein wasserabweisendes Material benötigt. So
       schützt die Tasche beim Sitzstreik vor Nässe von unten, auch vor Kälte und
       Blasenentzündungen. Alte Planen, ausrangierte Wachstuchtischdecken oder
       zerschlissene Friesennerze eignen sich hier, oder eine dieser beschichteten
       Taschen, wie man sie neuerdings statt Plastiktüten in Supermärkten erwerben
       kann. Daraus schneidet man sich die zwei Taschenstücke heraus.
       
       Die mit Filz bestückte Schicht schützt beim Sitzstreik vor Kälte und Nässe.
       Auf einer Seite wird die Tasche mit drei mal drei etwa bierdeckelgroßen
       mehrlagigen Filzstücken benäht. Der kleine Abstand zwischen den einzelnen
       Stücken macht die Tasche sogar faltbar.
       
       Neben den Tragegriffen hat sie auch noch einen längeren Henkel. So kann man
       sie zudem wie eine Umhängetasche nutzen, damit man nichts in den Händen
       halten muss beim Davonlaufen, sollte der Protest brenzlig werden.
       Geschlossen wird die Sitzstreiktasche mit einem Stück Klettverschluss, das
       ich von einer ausrangierten Regenjacke abgetrennt habe. Eine Stulle kann
       man reintun und Wasser. Denn Proviant ist wichtig, Sitzstreiks dauern.
       Aber, schon klar, vor dem Draufsetzen sollte man das Essen rausnehmen.
       
       Weil das Leben aus Politik und Schönheit besteht, ist die Tasche nicht nur
       praktisch für den politischen Widerstand. Beim Picknick ist sie auch
       nützlich.
       
       ## Anleitung
       
       1. Waschen Sie zwei alte Pullover oder Jacken aus reiner Wolle bei
       mindestens 60 Grad.
       
       2. Schneiden Sie 18 bierdeckelgroße Stücke aus dem verfilzten Material.
       Legen Sie nun drei Reihen mit je drei Filzstücken zu einem Quadrat aus, mit
       je einem halben Zentimeter Platz dazwischen. Legen Sie die weiteren Stücke
       darauf, sodass der Filz zweilagig ist.
       
       3. Messen Sie ungefähr die Breite des Quadrats und schneiden Sie aus einem
       Stück wasserabweisenden Materials (etwa aus alten Tischdecken,
       Friesennerzen oder Supermarkttaschen) zwei Quadrate, die etwas größer sind
       als die Fläche, die die ausgelegten Filzstücke einnehmen. Falls Sie diese
       aus den Supermarkttaschen schneiden, ist es ideal, wenn Sie die Henkel
       gleich auch als Henkel der Sitzstreiktasche nutzen.
       
       4. Heften Sie die je doppelt gelegten 3 x 3 Filzstücke nun im Quadrat auf
       eine Taschenseite und nähen Sie sie anschließend mit der Maschine an. (Man
       muss heften, sonst rutschen die Filzstücke ungut zusammen.) Überhaupt ist
       das Nähen nicht ganz einfach, da auch das Plastikmaterial unter dem Nähfuß
       sehr rutscht.
       
       5. Wenn die Filzstücke festgenäht sind, nähen Sie die Seiten der Tasche
       zusammen. Damit die Tasche Halt hat, ist es sinnvoll, die Nähte mit
       Nahtband, Schrägband oder Köperband zu verstärken.
       
       6. Jetzt nähen Sie noch einen Klettverschluss zum Schließen von innen an
       die Taschenseiten. (Es funktioniert aber auch ohne.)
       
       7. Wer es einfacher haben will, kann die Filzstücke auf ein umsäumtes Stück
       Stoff nähen. Da kann man sie auch gut per Hand mit Hexenstich anstatt mit
       der Nähmaschine annähen. An den Ecken habe ich ein Stück Schrägband
       eingenäht, mit dem man diese mobile und jetzt auch faltbare Filzunterlage
       später an der Tasche fixieren kann.
       
       8. Wer keinen Mut zum Träumen hat, hat keine Kraft zu kämpfen!
       
       20 Jun 2021
       
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