# taz.de -- Unruhen in eSwatini: Aufstand gegen den König
       
       > In eSwatini, dem früheren Swaziland, schlägt der Staat nach
       > Massenprotesten gegen König Mswati III brutal zurück. Die Opposition
       > meldet viele Tote.
       
 (IMG) Bild: König Mswati III regiert eSwatini seit seiner Thronbesteigung 1986 wie sein Privateigentum
       
       MBABANE taz | Die politische Krise in eSwatini (früher Swaziland)
       verschärft sich. Angeführt von Jugendlichen ohne Perspektive gehen die
       Menschen seit Tagen auf die Straße gegen die Herrschaft von [1][König
       Mswati III]. Am Mittwoch liefen sie Amok in der Stadt Manzini, größtes
       urbanes Zentrum des Landes vor der Hauptstadt Mbabane. Sie richteten ihre
       Wut der Zerstörung gegen Privateigentum mit Verbindungen zum König. So
       wurde die größte Brauerei des Landes, Swaziland Breweries, teilweise in
       Brand gesteckt.
       
       Die Sicherheitskräfte antworten mit tödlicher Gewalt. Seit Mittwoch
       schwärmt die Armee auf den Straßen aus und eröffnet das Feuer. Das Internet
       ist gesperrt. Zwischen 18 und 5 Uhr gilt eine komplette Ausgangssperre.
       „Dies ist eine bewusste Entscheidung, um die Rechtsstaatlichkeit zu
       bewahren und die Spannungen zu deeskalieren“, sagte Premierminister Thema
       Masuku.
       
       Der oppositionelle Swaziland Youth Congress (SWAYOCO) [2][berichtet] von
       mindestens 21 Toten. Die Oppositionspartei People's United Democratic
       Movement (PUDEMO) meldete am Donnerstagnachmittag aufgrund gesammelter
       Angaben aus Krankenhäusern über 40 Tote, dazu 150 mit Schusswunden
       eingelieferte Patienten.
       
       „Hunderte“ von Menschen seien von ihren Familien als vermisst gemeldet
       worden. „Das ist eindeutig inakzeptabel“, sagte PUDEMO-Präsident Mlungisi
       Makhanya. „Wer diese Akte des Völkermords angeordnet und umgesetzt hat,
       muss verhaftet, angeklagt und bestraft werden.“
       
       ## Konkubine des Königs – ein Ausweg aus der Armut
       
       Die Kritiker verlangen, dass der König seinen Platz zugunsten einer
       demokratisch gewählten Regierung räumt. Eswatini ist die letzte absolute
       Monarchie Afrikas. Makhosetive Dlamini, wie König Mswati III mit
       bürgerlichem Namen heißt, regiert eSwatini seit seiner Thronbesteigung im
       Jahr 1986 als sein Privateigentum. Es gibt keine gewählte Regierung, die
       Opposition darf sich nicht politisch betätigen, und die Verfassung der
       ehemaligen britischen Kolonie, die 1968 unabhängig wurde, ist seit 1973
       suspendiert.
       
       Die riesige Großfamilie des Königs ist eine Insel des Wohlstands in einem
       Meer der Armut, geprägt von hoher Jugendarbeitslosigkeit, Hunger und einer
       der welthöchsten HIV-Infektionsraten – 27 Prozent der erwachsenen
       Bevölkerung sind HIV-positiv. Mitten in der jüngsten Wirtschaftskrise
       kaufte der König für 24 Millionen US-Dollar 19 Rolls-Royce-Luxuslimousinen
       für seine Familie, darunter seine 15 Ehefrauen. Er hat schon eine Reihe von
       Mercedes- und BMW-Oldtimern und mehrere Privatjets auf einem
       Privatflughafen. Das Fotografieren der königlichen Wagenflotte ist
       verboten.
       
       Die sehr traditionell geprägte Swazi-Gesellschaft nahm das lange hin. Jedes
       Jahr standen junge Mädchen zu Hunderten Schlange bei der [3][jährlichen
       Zeremonie], bei der sich der König seine jeweils neue Konkubine aussucht –
       es ist der einzig sichere Weg aus der Armut.
       
       Doch die Tötung des 25-jährigen Jurastudenten [4][Thabani Nkomonye] im Mai
       hat nun das Land in eine beispiellose Krise gestoßen. Die Proteste sind die
       größten in der Geschichte des unabhängigen Staates. Bei den Unruhen der
       1990er Jahre, als Studenten und Gewerkschaften für politische Reformen
       eintraten, oder bei Wirtschaftsprotesten vor zehn Jahren brachten die
       Sicherheitskräfte die Lage unter Kontrolle. Heute ist das vorherrschende
       Gefühl „Genug ist genug“.
       
       ## Viele Gerüchte um den Aufenthalt des Königs
       
       „Wir sind nicht unsere Eltern, die zum Schweigen eingeschüchtert wurden“,
       sagt die 26-jährige Sandile Mambe in Mbabane. „Wir haben das Recht auf ein
       genauso schönes Leben wie die Kinder des Königs. Wir bitten bloß um Arbeit,
       damit wir unsere Zukunft gestalten können.“
       
       Ein Universitätsstudent, der seinen Namen nicht genannt sehen will, ist
       optimistisch, dass die Regierung einknicken wird, aber er fürchtet auch ein
       Blutbad. „Die Grausamkeit der Soldaten ist wie die Tritte eines sterbenden
       Pferdes“, meint er. „Der König ist am Ende seiner Kräfte.“
       
       Die Unklarheit der Lage wird dadurch genährt, dass der König durch
       Schweigen und Abwesenheit glänzt. „Der König muss sprechen und auf die
       Forderungen aus dem Volk eingehen“, sagt die Aktivistin Kiki Dlamini. „Die
       emaSwati haben unter seiner Diktatur zu lange gelitten. Was wir jetzt an
       Gewalt erleben, ist die Folge von jahrelanger Unterdrückung.“
       
       Gerüchte gehen um, dass der König aus dem Land „geflohen“ ist. Die
       Opposition behauptete bereits Anfang der Woche, Mswati III halte sich in
       Südafrika auf. Dort hat er familiäre Bindungen zum traditionellen
       Zulu-Königtum, das zufällig gerade nach dem Tod von König Goodwill
       Zwelithini und Königin Mantfombi Dlamini-Zulu in inneren Machtkämpfen
       steckt. Die verstorbene Zulu-Königin war die Schwester des Swazi-Königs
       Mswati III; sie sind beide Kinder des ersten Königs von Swaziland nach der
       Unabhängigkeit 1968.
       
       Am Mittwoch wurde dann behauptet, Mswati III halte sich in Mosambik
       „versteckt“. Wieder andere Gerüchte behaupteten, er habe sich in einer
       Edelvilla in Simbabwes Hauptstadt Harare niedergelassen.
       
       Südafrikas oppositionelle Democratic Alliance (DA) hat die Regierung und
       die Regionalorganisation SADC (Southern African Development Community) zum
       politischen Eingreifen in eSwatini aufgefordert. „Es ist von kritischer
       Bedeutung, dass Südafrikas Regierung und SADC Vermittlung zwischen der
       Monarchie und den Protestführern anbieten“, sagte DA-Schattenaußenminister
       Darren Bergman. Ein Sprecher des südafrikanischen Außenministeriums rief
       die Sicherheitskräfte eSwatinis zu „völliger Zurückhaltung und Schutz von
       Leben und Eigentum“ auf.
       
       1 Jul 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Koenigreich-Swasiland/!5111991
 (DIR) [2] https://twitter.com/SWAYOCO/status/1410139246606827530
 (DIR) [3] /Mehrere-Tote-in-Swasiland/!5228141
 (DIR) [4] https://www.swazilandnews.co.za/fundza.php?nguyiphi=1161
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sambulo Dlamini
       
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