# taz.de -- Flucht nach Großbritannien: Asylgesetz nimmt erste Hürde > Das britische Unterhaus hat für eine Verschärfung des Asylverfahrens > gestimmt. Derweil sind in nur drei Tagen 800 Bootsflüchtlinge angekommen. (IMG) Bild: Gerettete Menschen am Strand von Dungeness vor der britischen Küste am 20. Juli BERLIN taz | Unter dem Eindruck von Rekordzahlen an Flüchtlingen, die aus Frankreich in kleinen Booten über den Ärmelkanal nach Großbritannien kommen, hat das britische Unterhaus am Dienstagabend in zweiter Lesung für das [1][umstrittene neue Asylgesetz] der konservativen Innenministerin Priti Patel gestimmt. Mit 366 zu 265 Stimmen ging der Gesetzentwurf durch, der unter anderem Einreise ohne Einreisegenehmigung zum Verbrechen erklärt, illegal eingereiste Flüchtlinge auf ein zeitlich begrenztes Aufenthaltsrecht beschränkt und die Strafen für Menschenschmuggel drastisch verschärft; zugleich soll er es leichter machen, im Ausland Asyl in Großbritannien zu beantragen. Der Gesetzentwurf tritt damit noch lange nicht in Kraft. Er muss noch ins Oberhaus, wo er auf Kritik stoßen dürfte, woraufhin er in den Ausschüssen neu beraten werden müsste. Das wird nicht mehr vor der parlamentarischen Sommerpause geschehen, die am Freitag beginnt und erst am 6. September endet. Danach gibt es nur wenige Wochen bis zur traditionellen erneuten Unterbrechung für die Jahresparteitage der großen Parteien. Es wird also mit einer Verabschiedung frühestens gegen Jahresende gerechnet, wenn überhaupt. Während die linke Opposition und Flüchtlingsorganisationen gegen die neuen Hürden für illegal Eingereiste Sturm laufen, erregt sich die Rechte über die immer größeren Zahlen erfolgreich eingereister Flüchtlinge. Am Montag erreichte die Rekordzahl von 430 Bootsflüchtlingen [2][britische Gewässer im Ärmelkanal], gefolgt von weiteren 287 am Dienstag und rund 100 am Mittwochmorgen – etwa 800 in drei Tagen, fast so viele wie im gesamten Jahr 2019. Bis Dienstag sind damit dieses Jahr bereits 8.474 Flüchtlinge auf dem Seeweg nach Großbritannien gekommen – im gesamten Jahr [3][2020 waren es 8.420 gewesen], damals ein Rekord. ## Gesetz mit überschaubarem Nutzen Experten weisen darauf hin, dass das neue Asylgesetz daran nichts ändert. Die Bootsflüchtlinge werden fast alle in britischen Gewässern abgefangen und von ihren Schlauchbooten auf die Schnellboote der britischen Küstenwache transferiert. Die bringt sie dann an die Küste, womit sie rechtlich gesehen nicht illegal einreisen und daher auch unter dem neuen Gesetz nicht verfolgt werden dürften. Ohnehin hat die britische Generalstaatsanwaltschaft es bereits abgelehnt, das von Patel geplante neue Delikt der illegalen Einreise zu verfolgen, da Aufwand, Kosten und Nutzen unverhältnismäßig seien. Augenzeugen behaupten derweil, dass die französische Küstenwache Flüchtlingsboote bewusst ziehen lässt, um die wilden Lager an Frankreichs Stränden zu leeren. Am Dienstag überließen die Franzosen ein Schlauchboot mit 13 Sudanesen einer überrumpelten britischen TV-Crew, die im Meer gerade die Flüchtlingskrise filmte. Nach amtlichen Angaben hat Frankreich in der ersten Hälfte des Jahres rund 6.000 Flüchtlinge an der Überfahrt gehindert, etwa so viele wie die Zahl derjenigen, denen im gleichen Zeitraum die Überfahrt gelang. 21 Jul 2021 ## LINKS (DIR) [1] /Asylrecht-in-Grossbritannien/!5780710 (DIR) [2] /Flucht-nach-Grossbritannien/!5711448 (DIR) [3] /Flucht-nach-Grossbritannien/!5724525 ## AUTOREN (DIR) Dominic Johnson ## TAGS (DIR) Schwerpunkt Flucht (DIR) Großbritannien (DIR) Ärmelkanal (DIR) Asylrecht (DIR) Großbritannien (DIR) Großbritannien (DIR) Schwerpunkt Rassismus (DIR) Großbritannien (DIR) Schwerpunkt Flucht ## ARTIKEL ZUM THEMA (DIR) Seenotrettung in Großbritannien: Farage beschert Spendenregen Der Brexit-Hardliner hat die königliche Rettungswacht als „Taxidienst“ für Flüchtende bezeichnet. Daraufhin erhält die Organisation Rekordspenden. (DIR) Großbritanniens Premier Boris Johnson: Der verkannte Reformer Das Zerrbild Boris Johnsons als rechter Autokrat geht an der Realität vorbei. Sein Projekt für Großbritannien: die Erneuerung in der Klimakrise. (DIR) Antirassismus in Manchester: Solidarität mit Marcus Rashford Im Heimatort des Fußballstars wurde sein Wandgemälde nach der EM beschmiert. Nun ist es ein antirassistischer Versammlungsort. (DIR) Rechtsruck in Großbritannien: Eine illiberale Demokratie Wer Boris Johnson für einen Politclown hielt, hat sich getäuscht. Er verändert Großbritannien in eine autoritäre Richtung. (DIR) Flucht nach Großbritannien: Die Türsteher vom Ärmelkanal Zu Tausenden kommen Flüchtlinge in kleinen Booten aus Frankreich nach Großbritannien. An Englands Südküste machen jetzt rechte Aktivisten mobil.