# taz.de -- Behörden sollen Büroflächen verkleinern: Platz ist in der kleinsten Hütte
       
       > Die Stadt Hamburg setzt erneut an, ihre behördlichen Büroflächen zu
       > verkleinern. Personal und Gewerkschaften fühlen sich vor den Kopf
       > gestoßen.
       
 (IMG) Bild: Zu viel Fläche: Auch die Hamburger Finanzbehörde soll mit weniger Quadratmetern auskommen
       
       HAMBURG taz | Es ist nur ein beiläufiger Satz, den Finanzsenator Andreas
       Dressel (SPD) auf seiner Pressekonferenz fallen lässt: dass es in Hamburger
       Behörden zukünftig enger werden soll. Das „Statussymbol Einzelbüro“, so der
       Wortlaut einer Präsentationsfolie, solle der Vergangenheit angehören und
       die Quadratmeterzahl von durchschnittlich 32 auf 28 Quadratmeter pro
       Mitarbeiter*in gesenkt werden. In den Ohren von Gewerkschaft und
       Personalrat klingelt der allerdings deutlich länger nach als selbst der
       penetrante Baustellenlärm auf der Pressekonferenz.
       
       Die Idee stammt bereits aus dem Jahr 2011, auch wenn sie durch die
       Coronapandemie nun erneut an Fahrt gewinnt. Damals forderte der Senat eine
       „messbare Büroflächenreduzierung“, um die Mietkosten für Behördengebäude zu
       verringern. Dass viele Stadtimmobilien in den 2000er-Jahren durch den
       CDU-geführten Senat verkauft wurden, hat zu erheblichen Bürokosten geführt
       – jährlich mehr als 150 Millionen Euro. Eine Richtlinie sollte darum die
       physischen Arbeitsplätze begrenzen, wobei neben dem durch die Tätigkeit
       vorgegebenen Bedarf auch die behördeneigene Hierarchie Berücksichtigung
       finden soll: von acht Quadratmetern für Mitarbeitende in Gruppenräumen bis
       zu 24 für Amtsleitende.
       
       Damals noch zuständiger Finanzsenator, sollte Peter Tschentscher (SPD)
       Flächenansprüche einkürzen, um die Haushaltsausgaben um rund 20 Millionen
       Euro zu drücken. Die Finanzbehörde ging selbst voran und zog ihre 840
       Mitarbeiter:innen in Gebäude am Gänsemarkt und Große Bleichen zusammen
       – inklusive Gruppenbüros für sechs Personen.
       
       Abgeschlossen wurde der Sparplan nicht. Auf einer Pressekonferenz bei der
       Immobilienfirma Sprinkenhof sagte der jetzige Finanzsenator Dressel nun,
       das Sparen müsse wieder in den Vordergrund rücken, denn: „Corona hat Löcher
       in den Haushalt gerissen.“ Andersherum heißt es aus der Finanzbehörde, dass
       die Pandemie die Erkenntnis gebracht habe, „dass Homeoffice eine gut
       funktionierende Alternative zum Arbeiten im Büro ist“. Das
       Immobilien-Service-Zentrum der Sprinkenhof GmbH berät aktuell vier
       Bezirksämter und vier Behörden bei der Umsetzung von Konzepten wie
       „Desksharing“, um die durchschnittliche Nutzungsfläche doch noch auf die
       vom Senat geforderten 28 Quadratmeter zu senken.
       
       Für das behördliche Personal sind solche Aussagen empörend: „Fast niemand
       hat ein Büro mit 30 Quadratmetern, das ist fernab der Realität“, sagt der
       stellvertretende Personalrat des Bezirksamts Hamburg-Harburg, Wilfried
       Kühn. Tatsächlich meint die „durchschnittliche Büromietfläche“ von 32
       Quadratmetern aber auch nicht allein die eigentlichen Arbeitsräume. Sie
       berücksichtigen anteilig etwa auch Keller-, Boden- und Sonderflächen, sowie
       die Sanitärbereiche.
       
       Wilfried Kühn fragt weiter, ob dieser „Wegfall des Statussymbol Einzelbüro“
       eigentlich auch für die politische Führung gelten solle. „Anstatt eine
       Verhandlungsgrundlage auf Augenhöhe zu schaffen, verstärken diese
       Äußerungen Ressentiments gegen Beamte“, so Kühn weiter. Generell sei
       durchaus Potential in der Umnutzung der Räumlichkeiten, aber „von oben
       herab“ über die Situation in den Büros zu sprechen, sei nicht akzeptabel.
       Transparenz und Partizipation seien dafür unerlässlich. Die Beschäftigten
       müssten schließlich auch „mitgenommen“ werden.
       
       Auch bei Ver.di ist die Stimmung schlecht. Die Dienstleistungsgewerkschaft
       und der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) fordern seit drei Jahren eine
       Vereinbarung zu Mobiler Arbeit und begrüßen grundsätzlich, dass die
       Verhandlungen aufgenommen werden. Aber: „Noch vor den Verhandlungen den
       Fokus auf Einsparung und nicht auf Modernisierung zu legen, ist nicht in
       Ordnung“, sagt Gewerkschaftssekretärin Sabine Meyer. Es gehe immerhin um
       die Arbeitsräume von Menschen. Die Arbeit aller Beschäftigten im
       öffentlichen Dienst sei strukturerhaltend gewesen – wenn auch aus Sicht der
       Finanzbehörde vielleicht nicht genug, um selbstverantwortlich die Tür im
       eigenen Büro schließen zu dürfen.
       
       Laut Finanzbehörde geht es bei der Durchschnittszahl allerdings ohnehin vor
       allem darum, weiteres Wachstum der Flächen auszubremsen, als Rückbau zu
       betreiben. Alte Gebäude wie am Gänsemarkt oder das Rathaus Altona ließen
       sich ohnehin nicht nach heutigen Maßstäben optimal nutzen. Außerdem sei
       auch zu berücksichtigen, dass weite Teile des öffentlichen Dienstes ohnehin
       nicht im Homeoffice arbeiten könnten – etwas die Polizei oder die
       Feuerwehr.
       
       19 Jul 2021
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Arne Matzanke
       
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