# taz.de -- Beschäftigte in der Automobilindustrie: Die Karre begeistert nicht mehr
       
       > Laut einer Umfrage sind Beschäftigte in der Autobranche enttäuscht von
       > „ihren“ Konzernen. Auch E-Mobilitätsstrategien überzeugen sie nicht.
       
 (IMG) Bild: Produktion des VW ID3: Sieht so die Zukunft aus? Die Beschäftigten zweifeln
       
       BERLIN taz | Gewerkschafter:innen warnen davor, sie „nicht der AfD zu
       überlassen“, beim Automobilverband nimmt man sie in Geiselhaft, um
       Subventionen herauszuschlagen und klimapolitische Maßnahmen zurückzuweisen:
       Die Beschäftigten in der Autoindustrie müssen in der Diskussion um die
       [1][Transformation der Autoindustrie] für einiges herhalten. Dabei sind sie
       tatsächlich bislang ein blinder Fleck. Wie stehen sie eigentlich zum Umbau?
       Verweigern sie sich? Oder wollen – und was können – sie beitragen?
       
       Einen Anfang macht nun die Rosa-Luxemburg-Stiftung mit ihrer [2][Befragung
       „E-Mobilität – ist das die Lösung?“], für die die Autoren
       qualitativ-explorative Interviews in 16 Betrieben durchführten, vor allem
       in denen rund um die großen VW-, Daimler- und Audi-Standorte herum. Im
       Mittelpunkt: explizit nicht Spitzen der Gewerkschaften, sondern
       Beschäftigte und gewerkschaftliche Vertrauensleute, Facharbeiter:innen
       und Ingenieur:innen. Die Auswertung lag der taz vorab vor.
       
       „Wir wollten die zu Wort kommen lassen, die sich in den Betrieben auskennen
       und wissen, was ihre Kolleginnen und Kollegen umtreibt“, meint Mitautor
       Johannes Schulten. Repräsentativ seien die Ergebnisse nicht, „aber sie
       geben einen guten Einblick in die betrieblichen Diskussionsprozesse“.
       
       Und die zeigen, dass die Beschäftigten die politischen und
       gesellschaftlichen Veränderungen mehrheitlich differenziert betrachten.
       [3][Klimawandelleugner waren nicht unter den Befragten]; ein
       Daimler-Vertrauensmann sagte jedoch, er schätze den Anteil in den
       Belegschaften insgesamt auf „zehn Prozent“. Die Mehrheit sei aber „offen
       dafür, dass Umweltverschmutzung ein Problem ist“ und die Autobranche darauf
       reagieren muss.
       
       ## „Riss“ zwischen Beschäftigten und Management
       
       Die Autoren erklären diese Offenheit vor allem mit dem „Riss“, der zwischen
       Beschäftigten und Management entstanden sei. „Die frühere Identifikation
       mit ‚ihren‘ Automobilunternehmen hat abgenommen“, schreiben sie.
       
       Gründe dafür seien der Abgasskandal, Fehlentscheidungen des Managements,
       als „unangemessen hoch empfundene“ Dividendenausschüttungen trotz der Krise
       und öffentlicher Beihilfen, steigende Renditeorientierung, bei der
       gemeinsame Werte auf der Strecke blieben. Nicht zuletzt fänden viele
       Beschäftigte die „von den Unternehmen verbreiteten Zukunftsversprechen
       einer smarten, ökologisch nachhaltigen Mobilität“ unglaubwürdig.
       
       So berichten die einen davon, dass das mittlere und höhere Management
       selbst noch immer „dicke Verbrenner“ fahre. Andere erzählen, dass es auf
       einem Daimler-Firmenparkplatz für 9.000 Fahrzeuge fünf Ladestationen gebe –
       bei der Geschäftsleitung. Die Belegschaft müsse E-Autos „bei Aldi“
       aufladen.
       
       Ähnliche Probleme haben die Befragten mit „der Politik“ und mit anderen
       Verkehrsunternehmen. Sie trauen ihnen nicht zu, die Infrastruktur für
       E-Mobilität oder einen kostengünstigen ÖPNV bereitzustellen.
       
       ## Skepsis gegenüber E-Mobilität
       
       Entsprechend groß ist die Skepsis generell gegenüber der E-Mobilität als
       einzigem Ansatz. Zumal die Interviewten auch „ungelöste Umwelt- und
       Ressourcenprobleme der Batterieelektrik“ sehen. Die Skepsis erstreckt sich
       auch auf diejenigen, die in ihren Augen die E-Mobilität pushen. Und das
       sind nicht nur die Konzernspitzen und Politiker:innen, sondern auch die
       Betriebsratsvorsitzenden der großen Player und der IG Metall.
       
       Die Befragten monieren einerseits, dass ihre eigenen Kompetenzen, ihr
       Wissen über Produkte, Technologien, Abläufe, aber auch Ökobilanzen und
       gesellschaftliche Kontexte – kurz: die Produzentenintelligenz – bei der
       Strategieentwicklung nicht oder zu wenig abgefragt würden. Andererseits
       klagen sie über hohe „Alltagsbelastung“ und Abwehrkämpfe, die ihnen wenig
       Raum für so etwas ließen.
       
       Ideen gibt es trotzdem: Mehrheitlich können sich die Befragten vorstellen,
       alternative Produkte zu fertigen oder die Unternehmen als
       Mobilitätsanbieter umzubauen. Als Instrument zur Beschäftigungssicherung
       beim Umbau bringen sie Arbeitszeitverkürzungen ins Spiel.
       
       29 Jun 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Transformation-in-der-Autoindustrie/!5765607
 (DIR) [2] https://www.rosalux.de/publikation/id/44586
 (DIR) [3] /Autobranche-gegen-neue-Klimaziele/!5765693
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Beate Willms
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
 (DIR) Schwerpunkt Bundestagswahl 2021
 (DIR) Mobilität
 (DIR) Auto-Lobby
 (DIR) Schwerpunkt Bundestagswahl 2021
 (DIR) Auto-Branche
 (DIR) Verkehrswende
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Autokonzerne investieren in Forschung: Viel Geld für den Wandel
       
       Die deutsche Autoindustrie steckt etliche Milliarden in die Forschung.
       Cheflobbyistin Müller fordert noch bessere Standortbedingungen.
       
 (DIR) Radfahrende Politiker:innen: Die Zukunft auf zwei Rädern
       
       Dass der Berliner Politbetrieb öfter einmal am Rad dreht, ist leicht
       dahingesagt. Wir haben uns mit Abgeordneten auf den Sattel geschwungen.
       
 (DIR) Grüner Politiker über Straßenneubau: „Wir wollen auf die Bremse treten“
       
       Deutschland hat genug Straßen, sagt der grüne Bundestagsabgeordnete
       Matthias Gastel. Alle Projekte sollen auf Klimaverträglichkeit überprüft
       werden.
       
 (DIR) Prägende Autos: Bärbel oder Stalin
       
       Unserer Autorin diente das eigene Auto zum sozialen Überleben, war Safe
       Space und feministisches Symbol in einem. Eine Autobiografie.
       
 (DIR) Verkehrswende in Deutschland: Reduce, shift, improve
       
       Der Verkehrssektor braucht einen Systemwechsel. Die Vergesellschaftung der
       Sozial-und Umweltschäden produzierenden Autoindustrie wäre ein Anfang.
       
 (DIR) Fortschritte bei E-Autos: Die erste Million ist die schwerste
       
       Endlich boomen die E-Autos. Das liegt nicht nur an EU-Vorgaben und
       Kaufprämien – die Stromer sind auch in vielen Belangen einfach besser.
       
 (DIR) VdK-Präsidentin über Mobilität: „Manche sind aufs Auto angewiesen“
       
       Autoverkehr zu reduzieren geht nicht ohne Alternativen, sagt Verena
       Bentele, Präsidentin des Sozialverbands VdK. Barrierefreiheit sollte Ziel
       sein.
       
 (DIR) Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit: Spritpreis ist sozialer als sein Image
       
       Der CO2-Preis hat einen schlechten Ruf, was seine sozialen Folgen angeht.
       Aber wenn man das Geld zur Umverteilung nutzt, könnten viele profitieren.