# taz.de -- Nach der jüngsten Eskalation im Kaukasus: Zweifelhafter Hilferuf an Moskau
       
       > Armeniens Ministerpräsident Paschinjan bittet Russland, die Grenze zu
       > Aserbaidschan zu sichern. Dort kam es zuletzt wieder zu Scharmützeln.
       
 (IMG) Bild: Zerstörtes Denkmal für sowjetische Soldaten in Aserbaidschan
       
       BERLIN taz | Russisches Militär soll sich entlang der Grenze zwischen
       Armenien und Aserbaidschan stationieren. Das fordert der [1][armenische
       Ministerpräsident Nikol Paschinjan] nach der jüngsten Eskalation im
       Grenzgebiet.
       
       Seit Ende Juli gibt es neue Schusswechsel zwischen den ehemaligen
       Sowjetrepubliken. So habe es in der Nacht zum 28. Juli massiven Beschuss
       von aserbaidschanischer Seite gegeben, dabei seien drei Soldaten getötet
       und zwei verletzt worden, teilte das armenische Verteidigungsministerium in
       Jerewan mit. Das Ministerium in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku
       warf der armenischen Seite Provokationen vor. Zwei aserbaidschanische
       Soldaten seien verletzt worden.
       
       Seit Mai kommt es immer wieder zu Auseinandersetzungen auf armenischem
       Territorium, seit Armenien und Aserbaidschan ihren jüngsten Krieg um die
       Region Bergkarabach am 10. November vergangenen Jahres für beendet erklärt
       haben. Jerewan behauptet, dass Aserbaidschans Truppen die [2][Staatsgrenze
       zu Armenien] in den Provinzen Sjunik und Gegharkunik überschritten hätten.
       
       Der aserbaidschanische Staatspräsident İlham Alijew erhebt
       historischbegründete Gebietsansprüche im armenischen Kernland und erklärt
       die beiden Gebiete sowie Jerewan zu „historischen aserbaidschanischen
       Gebiete“ und verspricht seiner Bevölkerung, in ihre „Heimatländern
       zurückkehren“ zu können.
       
       „Angesichts der aktuellen Lage halte ich es für sinnvoll, über die
       Stationierung von russischen Grenzschutzpunkten entlang der
       armenisch-aserbaidschanischen Grenze nachzudenken“, sagte Paschinjan bei
       einer Regierungssitzung letzte Woche. Moskau reagierte nur vage: „Wir sind
       im Gespräch mit Jerewan“, so Kremlsprecher Dmitri Peskow.
       
       ## Hilfe der OSZE gefordert
       
       Moskau hat rund 2.000 Soldaten nach Bergkarabach entsandt, um das unter
       [3][seiner Vermittlung geschlossene Waffenstillstandsabkommen] vom November
       zu überwachen. Bereits 5.000 russischen Soldaten sind in der armenischen
       Stadt Gjumri stationiert, wo von der einzigen russischen Militärbasis in
       der Region aus die westliche Grenze Armeniens zur Türkei überwacht wird.
       Während des Kriegs um Bergkarabach 2020 griff Russland nicht zugunsten
       Armeniens ein.
       
       Doch das wäre jetzt möglich, weil die Grenzen der Republik Armenien
       verletzt wurden. Der Politologe Stepan Grigorjan ist aber gegen eine
       Verstärkung von russischen Truppen auf dem Territorium Armeniens. Er leitet
       das Zentrum für Globalisierung und regionale Zusammenarbeit in Jerewan und
       gilt als Kremlkritiker. Er ist überzeugt, dass [4][Moskau versuche, seine
       Präsenz in der Region] sicherzustellen.
       
       „Russland macht Zugeständnisse an Aserbaidschan, da ein Beitritt Bakus zur
       Eurasischen Wirtschaftsunion möglich ist und Moskau damit die Kontrolle
       über beide Länder, sowohl Armenien als auch Aserbaidschan, erlangen will“,
       so Grigorjan zur taz. Seit 2015 ist Armenien Mitglied in der russisch
       dominierten Wirtschaftsunion. Dazu gehören noch Belarus, Kasachstan und
       Kirgisistan.
       
       Er sei skeptisch, ob Russland wirklich Armenien gegen die
       [5][türkisch-aserbaidschanischen Aggression] schützen wolle. Zusammen mit
       acht anderen Organisationen wendete sich das Zentrum für Globalisierung von
       Grigorjan an die OSZE, damit diese „eine unbewaffnete, zivile
       Sonderbeobachtermission nach Armenien entsendet, um eine langfristige,
       unparteiische und objektive Überwachung der Lage in den Grenzgebieten
       durchzuführen“.
       
       Grigorjan fügt hinzu: „Wir haben für unsere Zukunft auf Russland gesetzt
       und jetzt sehen wir, dass Sicherheitssysteme mit Russland in keiner Weise
       funktionieren.“
       
       4 Aug 2021
       
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