# taz.de -- Ankern in Gewässern soll verboten werden: Auf dem Weg zur polierten Stadt
       
       > Haus- und Kulturboote, die in der Rummelsburger Bucht regelmäßig vor
       > Anker liegen, sollen vertrieben werden. Innensenator Geisel arbeitet
       > daran.
       
 (IMG) Bild: Das Bild von Mitte Juli 2021 zeigt: in der Rummelsburger Bucht liegen etliche Boote vor Anker
       
       Das Glattpolieren der Rummelsburger Bucht geht anscheinend in die nächste
       Runde: Nun sollen wohl auch die Haus- und Kulturboote, die dort regelmäßig
       vor Anker liegen und zumeist der alternativen Szene angehören, vertrieben
       werden. Es ist die letzte Entwicklung einer jahrelangen
       Verdrängungsgeschichte, in der zuletzt im Februar ein Obdachlosencamp
       zugunsten des Touristenaquariums Coral World geräumt wurde.
       
       Hauptakteur ist Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD), allerdings in
       seiner Rolle als zuständiger Wahlkreisabgeordneter. Scheinbar wandte sich
       Geisel schon Ende vergangenen Jahres mit der Bitte an
       Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU), dieser möge doch den
       Paragrafen 21.24 der Binnenschifffahrtsstraßenordnung ändern. Darin
       enthalten ist eine Ausnahmeregelung, die es – im Klartext formuliert –
       Besitzer:innen von Haus- und Kulturbooten ermöglicht, diese auch an
       ungenehmigten Stellen für einen Tag unbewacht liegen zu lassen.
       
       Fiele diese Ausnahme, wäre es aufgrund der teuren und rar gesäten
       Hafenplätze wohl vorbei mit Bootpartys, Kulturveranstaltungen und dem
       politischen Protest vom Wasser aus, für welche die Hausboote regelmäßig
       genutzt werden. Der Grund für Geisels Vorpreschen sind Beschwerden von
       Anwohner:innen in den teuren Neubauten, die rings um die Bucht
       entstanden sind. Hier fühlt man sich wohl vom Lärm, Dreck und dem
       schlechten Zustand einiger Boote gestört.
       
       ## Das bekannte Muster der Gentrifizierung
       
       Es werden nicht alle Beschwerden der Anwohner:innen völlig unbegründet
       sein. Dennoch tritt erneut das bekannte Muster der Gentrifizierung zutage:
       Nach der Aufwertung eines Viertels und dem Zuzug einer kapitalträchtigen
       Bevölkerungsschicht beginnt eine Verdrängungswut gegen all jene, die eben
       nicht leben wollen wie in einem Schöner-Wohnen-Katalog. Dass der
       alternative Flair den Hype um das Viertel erst geschürrt hat, wird gezielt
       verdrängt.
       
       Geisels Plan geht mit beträchtlichen Kollateralschäden einher: Denn ist ein
       Ankerverbot erst einmal beschlossen, gilt es nicht nur in der Rummelsburger
       Bucht, sondern überall. Betroffen wären all jene, die auf dem Wasser Sport,
       Tourismus oder Kultur betreiben.
       
       Wenn Geisel diese Konsequenzen in Kauf nimmt, nur um ein paar Alternative
       aus der Bucht zu vertreiben, dann scheint ihm die Kommerzialisierung der
       Stadt ein persönliches Anliegen zu sein.
       
       31 Jul 2021
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Timm Kühn
       
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