# taz.de -- AfD in der Krise: Katerstimmung bei Wahlkampfauftakt
       
       > Beim Auftakt gaben sich die AfD-Spitzenkandidaten Weidel und Chrupalla
       > zahm. Das „freundliche Gesicht des NS“ sitzt bald in ihrer Fraktion.
       
 (IMG) Bild: Wenig Zuschauer:innen, wenig Begeisterung in Schwerin beim Wahlkampfauftakt der AfD
       
       SCHWERIN taz | Die AfD gibt sich bei ihrem Wahlkampfauftakt in Schwerin
       alle Mühe, geschlossen zu wirken und die weiter schwelenden internen
       Machtkämpfe zu kaschieren. Doch ganz gelingt das an diesem Dienstagabend
       auf dem Alten Garten in Schwerin nicht. Denn der Wunschkandidat des
       angeblich aufgelösten rechtsextremen Flügels, Tino Chrupalla, kommt auch
       beim ersten Wahlkampftermin nicht ohne einen Seitenhieb gegen das
       nationalkonservative Lager um Parteisprecher Jörg Meuthen aus.
       
       So sagt Chrupalla gegen Ende seiner Rede auf dem Alten Garten vor dem
       Schweriner Schloss: „Wir sind stark, wenn wir einig sind und uns
       unterstützen, anstatt uns gegenseitig in den Medien in die Pfanne zu
       hauen.“ Dass Chrupalla die Spitze rausrutscht, liegt wohl auch daran, dass
       die letzte Auseinandersetzung im Bundesvorstand da gerade mal einen Tag alt
       ist: Das Meuthen-Lager ist nach wie vor äußerst irritiert darüber, dass der
       Parteivorstand mitsamt Spitzenkandidat*innen Chrupalla und Alice
       Weidel kein Parteiausschlussverfahren gegen Matthias Helferich beschlossen
       hat.
       
       Um den aussichtsreichen Bundestagskandidaten aus Nordrhein-Westfalen war
       ein offener Streit wegen dessen geleakter Facebook-Chats entbrannt. Der
       33-jährige Helferich hatte darin ein Foto von sich mit [1][„das freundliche
       Gesicht des NS“] kommentiert und den berüchtigten NS-Richter und Teilnehmer
       der Wannseekonferenz Roland Freisler als Vorbild genannt. Dennoch wird
       Helferich wohl in den Bundestag einziehen, weil es im Bundesvorstand nur
       [2][zu einer Ämtersperre gereicht hat].
       
       Am Montag hat es eine erneute Abstimmung im Bundesvorstand dazu gegeben.
       Für ein Ausschlussverfahren braucht es eine Zweidrittelmehrheit. Allerdings
       stimmte eine deutliche Mehrheit von 9 zu 14 im Vorstand gegen den
       Ausschluss – auch Weidel und Chrupalla. Die Spitzenkandidat*innen
       haben also kein Problem damit, zusammen mit dem „freundlichen Gesicht des
       NS“ in der künftigen AfD-Fraktion zu sitzen. Einige Beobachter*innen
       sehen Meuthens Macht im Vorstand erodieren. Wie der Grabenkampf aber
       letztlich ausgeht, hängt auch vom Ausgang der Wahl ab. Abgerechnet wird im
       Dezember, wenn der Vorstand neu gewählt wird.
       
       Der Wahlkampfauftakt war trotz pittoresker Kulisse in Schwerin schon mal
       [3][durchwachsen]: Lediglich 350 Personen kamen laut Polizei auf den
       zentralen Platz, um die Spitzenkandidat*innen zu sehen. Und während
       der Reden von Weidel und Chrupalla kam es nur zu verhaltenem
       Zwischenapplaus.
       
       Die Gesichter des AfD-Publikums, überwiegend ältere Herren, vereinzelt auch
       aus der [4][Thor-Steinar-Fraktion], sahen gar nicht mal so freundlich aus:
       Angesichts vieler Allgemeinplätze und für AfD-Verhältnisse eher
       zurückhaltender Reden von Chrupalla und Weidel kam kaum Stimmung auf.
       Nichts zu hören von den durchaus extremen Forderungen des Wahlprogramms wie
       dem EU-Austritt Deutschlands. Es wirkte wie Katerstimmung:
       Migrationsdebatten waren gestern, heute sind Klima- und Coronakrise, und
       für beides hat die AfD keine guten Konzepte. Auch weil der Partei ein Thema
       fehlt, dümpelt sie bei zehn Prozent.
       
       Gänzlich unterkühlt wird es, als Weidel auf ihre Familie zu sprechen kommt.
       Im Wahlprogramm der AfD steht, dass eine Familie aus Vater, Mutter und
       Kindern zu bestehen hat. Weidel sagte demgegenüber auf der Bühne, dass sie
       „stolz auf Deutschland“ sei, weil sie hier mit ihrer Lebenspartnerin
       zusammen leben und Kinder erziehen könne. Weidels Privatleben erzeugt wenig
       Begeisterung: Im Publikum bleibt es unangenehm still. In diesem Moment hört
       man die in Rufweite befindliche Gegendemo noch lauter als ohnehin schon.
       
       Immerhin zündet bei den meisten ein Gag von Chrupalla: Der kommt zu Beginn
       kurz in einem Maleranzug auf die Bühne. Sein parteiinterner [5][Spitzname
       ist „Pinsel“] – mit Blick auf dessen unakademische Ausdrucksweise und
       seinen Background als Malermeister. Auch durchaus mit gerümpfter Nase,
       Stichwort Einfaltspinsel. Ganz so volksnah, wie er sich gern inszeniert,
       ist Chrupalla allerdings längs nicht mehr: Mittlerweile fährt er einen 7er
       BMW als Dienstauto.
       
       11 Aug 2021
       
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