# taz.de -- Dressurreiten bei Paralympics: Debüt mit 66
       
       > Als bei Heidemarie Dresing Multiple Sklerose diagnostiziert wurde, war
       > sie 52 Jahre alt. Schnell war für sie klar: Sie will zu den
       > Paralympischen Spielen.
       
 (IMG) Bild: Dressurreiterin Heidemarie Dresing bei der Europameisterschaft 2019
       
       BERLIN taz | Mit 66 Jahren ist Heidemarie Dresing die älteste deutsche
       Teilnehmerin bei den [1][Paralympischen Spielen]. Aber damit nicht genug.
       Noch bemerkenswerter ist, dass sie in diesem Alter in Tokio ihr Debüt auf
       der weltweit größten Bühne für Sportler:innen mit Handicap feiert.
       
       Beinahe hätte sie auf ihrem Pferd La Boum beim ersten Anlauf am Donnerstag
       im Equestrian Park auch gleich noch eine Bronzemedaille im Wettbewerb der
       [2][Dressurreiter:innen] gewonnen. Doch sie musste mit dem undankbaren
       vierten Platz vorliebnehmen. Hauchdünn war bei 72,294 Prozentpunkten ihr
       Rückstand auf die Britin Georgia Wilson (72,765).
       
       Im Alter von 52 Jahren bekam Dresing die Diagnose, dass sie an Multipler
       Sklerose in schleichender Form erkrankt sei. Eine Nervenkrankheit, die zum
       schrittweisen Kontrollverlust über den eigenen Körper führt und die meisten
       eher ans Aufhören als ans Anfangen von Tätigkeiten denken lässt.
       
       Anders bei Dresing, die als achtjähriges Mädchen mit dem Reiten begann.
       Schnell war für sie klar, dass sie nun eine paralympische Laufbahn
       einschlagen werde. Sie begann in Grade V, wegen der Verschlechterung ihres
       Zustands reitet sie in der Klassifizierung der Behinderungen inzwischen in
       der Grade II, also ausschließlich Schritt und Trab.
       
       ## Energie hatte sie schon immer
       
       Auf der Reitanlage in Tokio kann sie sich nur mit einem Elektromobil und
       zwei Gehstöcken fortbewegen. Doch der Sport gibt ihr so viel, dass sie auch
       noch dabeibleiben würde, wenn sie nur noch Schritt reiten könnte, wie sie
       vor zwei Jahren in einem Interview bekannte.
       
       Auch jenseits der Reiterei beeindruckt die gebürtige Hagenerin mit ihrer
       Energie und ihrem Mut, Dinge neu anzupacken. Mit 60 Jahren begann sie das
       Klavierspielen, und vor zwei Jahren feierte sie Hochzeit. Energie, hat
       Dresing einmal gesagt, habe sie schon immer viel gehabt. Ihre Krankheit
       zwinge sie zur Langsamkeit. Dadurch ruhe sie nun mehr in sich und könne das
       Reiten mehr genießen.
       
       Für das deutsche Team startete sie erstmals im Jahr 2019 – bei der
       Europameisterschaft. Das Verpassen der Medaille am Donnerstag wird sie
       nicht weiter grämen. Ihr Ziel hat sie im Vorfeld des Wettkampfs sowieso
       nicht entlang von Platzierungen definiert. Gegenüber der ARD sagte sie:
       „Ich habe mir etwas vorgenommen. Ich will Harmonie und Eleganz zeigen –
       soweit das mit meinem Handicap möglich ist.“
       
       Die Schwierigkeit beim Reiten liegt für sie vor allem darin, dass der
       krankheitsbedingte Schwindel die Sturzgefahr immens erhöht. In ihrem Alter,
       bemerkte sie, dürfe das nicht mehr allzu oft vorkommen. Erschwerend wirkt
       für Dresing, dass ihre Hannoveraner Stute ebenso ein Energiebündel ist.
       
       Doch bislang ist Dresing immer wieder aufgestanden. Die Pferde, hat sie in
       Tokio gesagt, seien ihre beste Medizin. Gut möglich, dass die Reiterin bei
       den nächsten Paralympischen Spielen in Paris 2024 wieder dabei ist. Auch
       wenn sie ihr Dressurprogramm dann eben nur im Schritt zurücklegt. Und
       vielleicht wird sie sogar noch eine Medaille holen. Zuzutrauen ist ihr fast
       alles.
       
       27 Aug 2021
       
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