# taz.de -- Neuer Premierminister Ismail in Malaysia: Rückkehr der alten Machtelite
       
       > In Malaysia stellt die langjährige Regierungspartei Umno wieder den
       > Premier. Wegen eines Korruptionsskandals war diese 2018 abgewählt worden.
       
 (IMG) Bild: Der alte neue Premierminister Yaakob (links) empfängt ein Dokument des Königs; 21. August 2021
       
       BERLIN taz | In Malaysia ist am Samstag mit Ismail Sabri Yaakob bereits der
       dritte Premierminister in etwas mehr als drei Jahren vereidigt worden. Er
       war erst seit Juli stellvertretender Ministerpräsident gewesen. Davor war
       er Verteidigungsminister und als solcher zuständig für die Briefings der
       Bevölkerung zum Stand der Coronapandemie in dem südostasiatischen Land.
       
       Weil Malaysia inzwischen eine der höchsten Infektionsraten der Welt hat,
       war am Montag der bisherige Premierminister Muhyiddin Yassin im Streit um
       die Pandemiebekämpfung zurückgetreten. Er hatte nach nur 17 Monaten im Amt
       die Mehrheit im Parlament verloren. Mit Notstandsgesetzen, die Muhyiddin
       mit der Pandemie begründete, hatte er lange eine Zusammenkunft des
       Parlaments verhindern können, bis ihn kürzlich der König dazu zwang.
       
       Dabei entzog ihm die konservative Umno-Partei (United Malays National
       Organisation), die von der Unabhängigkeit 1957 bis 2018 das Land regiert
       hatte und jetzt ein Koalitionspartner war, das Vertrauen.
       
       Am Freitag bestimmte König Abdullah Schah den 61-jährigen Ismail als neuen
       Premier. Der König wird alle fünf Jahre von den neun Sultanen des Landes
       aus ihren Reihen von ihnen gewählt. Der jetzige König, Sultan von Pahang,
       ist erst seit 2019 im Amt. Erst im Jahr zuvor war erstmals in der
       Geschichte des Landes die Umno wegen eines milliardenschweren
       Korruptionsskandals um den staatlichen Investitionsfonds 1MDB, in dem
       [1][der damalige Regierungschef] die zentrale Rolle spielte, abgewählt
       worden. Dies ging einher mit Abspaltungen von dieser mächtigen Partei.
       
       ## Reformregierung ausgebremst
       
       So wurde die neue Reformregierung ausgerechnet von Mahathir Mohamad
       geführt, der da bereits 93 Jahre alt war. Der langjährige autoritär
       regierende Premier und Parteichef der Umno war nach 15 Jahren aus dem
       Ruhestand zurückgekehrt und hatte sich in den Kampf gegen die Korruption
       seiner alten Partei gestürzt.
       
       Der [2][Sieg der Opposition unter Mahathirs Führung] brachte ein
       divergierendes Reformbündnis an die Macht. Es hatte mehr Demokratie,
       Transparenz und ein neuen Ausgleich zwischen den Ethnien versprochen. Doch
       schon bald bremsten hier verschiedene frühere Umno-Politiker, die alle der
       dominanten Ethnie der Malaien angehören. Das Bündnis hielt nicht lange.
       [3][Mahathir stürzte im Februar 2020]. Seitdem hatte ein Teil der einstigen
       Opposition unter Muhyiddin mit der Umno koaliert.
       
       Mit dem neuen Premier Sabri, der zugleich Vizechef der Umno ist, übernimmt
       jetzt wieder ein Politiker dieser in den Augen vieler diskreditierten Parei
       direkt die Regierungsführung. Viele Malaysier sehen darin einen Rückschlag
       für die Aufarbeitung des 1MDB-Skandals.
       
       Im Parlament hat Sabris Koalition aus sieben Parteien nur eine hauchdünne
       Mehrheit von 114 der 222 Stimmen. Auch in der Bevölkerung ist er nicht
       beliebt. In einer erst diese Woche gestarteten Onlinepetition sprachen sich
       350.000 Unterzeichner*innen gegen ihn als Premier aus.
       
       ## Anwar Ibrahim wieder chancenlos
       
       Die mit dem erstmaligen Oppositionssieg 2018 verbundene Aufbruchstimmung in
       Malaysia ist längst verflogen. Viele sind frustriert von den politischen
       Ränkespielen der Politiker aus der traditionellen Elite, die sich
       inzwischen wieder durchsetzen konnte.
       
       Anwar Ibrahim als Kandidat des Reformlagers, der bereits 1997 bei der Umno
       unter Mahathir in Ungnade fiel und [4][jahrelang wegen angeblicher
       „Sodomie“ inhaftiert] wurde, war jetzt Sabri unterlegen. Anwar forderte
       seine Anhänger auf, sich jetzt auf die nächsten Wahlen 2023 zu
       konzentrieren.
       
       Sabri, den die malaysische Zeitung The Star als „Mr. Nice Guy“ bezeichnete,
       gilt als Übergangspremier. Er muss jetzt die [5][Pandemie] in den Griff
       bekommen. Am Samstag gab es den fünften Tag in Folge mehr als 20.000
       Coronaneuinfektionen und mehr als 200 Tote pro Tag.
       
       Bisher sind in Malaysia mehr als 13.960 Menschen an oder mit der Pandemie
       gestorben. Allerdings sind inzwischen schon mehr als 30 Prozent der
       Bevölkerung voll geimpft.
       
       22 Aug 2021
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Sven Hansen
       
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