# taz.de -- Neues Regierungsbündnis in Schottland: Grüne regieren mit SNP
       
       > Zwei Grüne treten in Schottlands Regionalregierung ein, weil Nicola
       > Sturgeons SNP keine Mehrheit im Parlament hat.
       
 (IMG) Bild: Schottland feiert gern. Hier nach dem 0:0 gegen England, 18. Juni
       
       LONDON taz | Zum ersten Mal treten Grüne in Großbritannien in eine
       Regierung ein. Dies ist das Resultat eines am Freitag angekündigten
       Kooperationsabkommen zwischen [1][Schottlands Grünen] und der in Schottland
       regierenden [2][SNP (Scottish National Party)]. Es benötigt jedoch noch die
       Plazets des SNP-Parteivorstands und der grünen Basis in Schottland.
       
       Zusammen halten die beiden Parteien die Mehrheit der 129 Sitze des
       schottischen Parlaments. Der SNP fehlte nach den [3][schottischen
       Parlamentswahlen im Mai], in welcher sie 64 Sitze holten, die erhoffte
       absolute Mehrheit. Diese besteht nun mit Hilfe der acht grünen
       Abgeordneten.
       
       Aus Sicht der SNP-Regierungschefin Nicola Sturgeon ebnet das den [4][Weg zu
       einem zweiten Unabhängigkeitsreferendum]. Die beiden Parteien haben unter
       anderem vereinbart, ein solches bis spätestens 2023 und je nach
       Weiterentwicklung der Pandemie durchzuziehen. Dennoch bedarf es nach wie
       vor hierfür der Zustimmung der britischen Regierung in London, die das
       bisher entschieden ablehnt – das letzte Unabhängigkeitsreferendum fand 2014
       statt.
       
       Aus Sicht der Grünen kommt das Mitspracherecht pünktlich vor der
       [5][Weltklimakionferenz Cop26] im schottischen Glasgow im November. Da
       trifft es sich auch, dass der Co-Leiter der schottischen Grünen, der
       48-jährige Patrick Harvie, ein Berater in sexueller Gesundheit und Aktivist
       für Gleichberechtigung der LGBTQIA+-Community, selber Abgeordneter Glasgows
       ist. Die Grünen erhalten zwei mindere Regierungsposten, welche Harvie
       selber und seine 45-jährige Co- Chefin Lorna Slater, Ingenieurin in
       Elektromechanik und Klimaexpertin, einnehmen werden.
       
       Geeinigt haben sich die beiden Parteien zu gemeinsamen Zielen in der
       Verkehrs-, Energie-, Bau- und Wohnungspolitik, die im Einklang mit
       Klimazielen stehen, etwa eine Erhöhung der Leistung der Offshore-Windkraft
       auf bis zu zwölf Gigawatt bis 2030, eine Überprüfung von bestehenden und
       zukünftigen Öl- und Gaslizenzen und Berichten zu einer emissionsfreien
       Zukunft Schottlands. Auch wollen die beiden die Menschenrechte in
       Schottlands Justizsystem stärker verankern, Gendergesetze reformieren und
       den Natur- und Artenschutz ausweiten, darunter neue Limits für den
       Fischfang vor der schottischen Küste setzen.
       
       Um Uneinigkeiten zuvorzukommen, sind einige Themen ausgenommen. Dazu
       gehören die Außenpolitik im Falle der Unabhängigkeit Schottlands und die
       Beibehaltung der Fuchsjagd und der Privatschulen – beides wollen die Grünen
       nicht, die SNP aber schon.
       
       ## „Wir kommen aus unseren Komfortzonen heraus“
       
       Sturgeon sagte, das Übereinkommen „trifft die Herausforderungen und Chancen
       der Zeit, mit Verweis auf den Klimanotstand und die wirtschaftliche
       Rehabilitation nach der Pandemie und dem Brexit.“ Sie betonte, dass die
       Parteien ihre unterschiedlichen Identitäten beibehalten. „Dies ist keine
       Koalition, wir stimmen nicht in allen Punkten überein. Aber wir kommen aus
       unseren Komfortzonen heraus, um uns auf das zu konzentrieren, bei dem wir
       miteinander übereinstimmen“, sagte sie am Freitagnachmittag.
       
       Dort unterstrich auch Harvie, dass dieses historische Abkommen nicht zu
       einem bedeutenderen Zeitpunkt hätte kommen können: „Wir müssen ein faireres
       und anteilnehmenderes Land aufbauen und alles in unserer Macht stehende
       tun, um die Oberhand über den eskalierenden Klima- und Naturnotstand zu
       erlangen und einen gerechten Übergang für alle zu schaffen. Dieser Deal
       wird das liefern.“
       
       Umweltorganisationen wie Friends of the Earth hießen das Abkommen
       willkommen. Die Gewerkschaft GMB, welche auch Arbeitnehmer*innen in
       der Öl- und Gaswirtschaft vertritt, sprach sich besorgt aus.
       
       Die Opposition aus Konservativen, Liberaldemokrat*innen und Labour
       ist dagegen. Für die Konservativen schadet das Regierungsbündnis der
       Wirtschaft und den Arbeitsplätzen, während Labour die Grünen als Lakaien
       der Nationalisten beschimpft, die sich lieber auf Umweltpolitik
       konzentrieren sollten.
       
       22 Aug 2021
       
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