# taz.de -- Mini-Investor greift Kohlekonzern an: Nun hat es RWE erwischt
       
       > Der Kohlekonzern stößt so viel CO2 aus wie keine andere Firma in Europa.
       > Ein Investor stört sich jetzt daran – und greift den Vorstandschef massiv
       > an.
       
 (IMG) Bild: Kraftwerk Niederaußem: RWE ist derzeit mit 89 Mio. Tonnen CO2 pro Jahr größter Emittent Europas
       
       BERLIN taz | Sie wollen mehr und schnellere Rendite. Und es gibt sie bei
       der Commerzbank, bei Traton, der LKW-Tochter von VW, und beim
       Porzellanhersteller Villeroy & Boch: Aktivistische Investoren, die mit
       relativ geringen Unternehmensanteilen die Chefs von Unternehmen unter Druck
       setzen. Und zwar, indem sie mit ihrer Kritik am Management an die
       Öffentlichkeit gehen – und möglichst viele andere Teilhaber mitziehen.
       Jetzt hat es [1][RWE] erwischt.
       
       Der aktivistische Investor Enkraft Capital ist bei dem Essener
       Energiekonzern eingestiegen – und fordert nun eine Abtrennung des
       umstrittenen Geschäfts rund um die Braunkohle. Encraft halte mehr als
       500.000 RWE-Aktien, heißt es in einem [2][Reuters vorliegenden Brief] des
       Investors aus Unterhaching bei München an RWE-Chef [3][Markus Krebber]. Das
       „strategische Festhalten an den (…) Braunkohleaktivitäten führt zu einer
       signifikanten Werteerosion“, heißt es darin. Dies sei für die Aktionäre nur
       schwer akzeptabel. Wenn sich der Konzern auf die Erneuerbare Energien
       konzentriere, würde dies „ein enormes Wertsteigerungspotential bei RWE“
       freisetzen.
       
       500.000 RWE-Aktien entsprechen einem Wert von derzeit etwa 16,4 Millionen
       Euro, der Energieversorger ist derzeit aber etwa 22,3 Milliarden Euro am
       Kapitalmarkt wert. Es ist also ein recht kleines Engagement des Investors.
       Und dennoch könnte die Kritik von Enkraft Capital ungemütlich für RWE
       werden.
       
       Das zeigt ein Beispiel aus den USA: Ende Mai reichte dem kleinen
       Investmentfonds Engine 1 auch eine Beteiligung von gerade 0,02 Prozent – 50
       Millionen US-Dollar -, um das weltgrößte börsennotierte Unternehmen in die
       Bredouille zu bringen. Bei der [4][Aktionärsversammlung von ExxonMobil]
       setzte Engine 1 nach viel öffentlichem Tamtam zwei neue KandidatInnen im
       zwölfköpfigen Verwaltungsrat der Firma durch.
       
       ## Gernegroße Mini-Investoren
       
       In Deutschland sind die gernegroßen Mini-Investoren noch nicht so etabliert
       wie in den USA. Dennoch ist Enkraft Capital bereits für sein forsches
       Vorgehen in der Energiebranche bekannt. Im vergangenen Sommer zettelte
       Enkraft-Geschäftsführer Benedikt Kormaier bereits eine [5][Aktionärsrevolte
       beim Bremerhavener Windkraftprojektierer Energiekontor] an. Ergebnis: Den
       beiden Gründern, Mehrheitseignern und Aufsichtsratschefs Günter Lammers und
       Bodo Wilkens, wurde auf der Hauptversammlung die Entlastung verweigert.
       
       Nun greift Enkraft Capital RWE-Vorstandschef Markus Krebber in dem
       Schreiben massiv an: Es sei „nicht nachvollziehbar, warum Vorstand und
       Aufsichtsrat noch nicht proaktiv einen Plan vorgelegt haben, die
       Braunkohleaktivitäten ambitionierter und schneller zu reduzieren sowie noch
       kurzfristiger vom zukunftsgerichteten Geschäft der RWE zu separieren“,
       heißt es dort.
       
       Eine Abtrennung der Braunkohle werde den Aktienkurs beflügeln, so Enkraft:
       RWE werde dann so stark wachsen wie andere vergleichbare Unternehmen, die
       auf erneuerbare Energien setzen. Außerdem schlummerten in den RWE-Bilanzen
       „Werthebungspotentiale“ von bis zu 13 Milliarden Euro durch bereits
       angekaufte CO2-Emissionsrechte, die bei einer Reduzierung der
       Braunkohleaktivitäten gehoben werden könnten. Enkraft sei sich sicher, dass
       entsprechende strategische Schritte auf eine breite Unterstützung der
       Aktionäre treffen würden. Beim „RWE-Kapitalmarkttag“ am 15. November könnte
       es schon um eine Neuausrichtung des Unternehmens gehen.
       
       ## RWE setzt auf Ökostrom
       
       RWE ist zwar derzeit mit 89 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr größter Emittent
       Europas, aber mitten im Umbruch. Der Konzern hält seinen Kritikern
       entgegen, er steige ja bereits aus der Braunkohle aus, wolle einer der
       größten Ökostromproduzenten Europas werden. Bis Ende 2022 würden sieben
       weitere Braunkohleblöcke vom Netz gehen. RWE werde bis 2030 insgesamt zwei
       Drittel seiner Kapazitäten stilllegen.
       
       Für ExpertInnen ist klar, dass das nicht reichen wird, um die Pariser
       Klimaziele zu erreichen. Die Bundesregierung geht derzeit offiziell von
       einem Kohleausstieg 2038 aus. [6][Allerdings rechnen auch CDU und SPD
       inzwischen damit, dass die Verschärfung des EU-Emissionshandels die
       Kohlemeiler wahrscheinlich viel früher unrentabel macht.] Mit einer Aktion
       am RWE-Braunkohlekraftwerk Neurath im Rheinland forderten Umweltaktivisten
       auch an diesem Donnerstagmorgen einen schnelleren Kohleausstieg. Auf einen
       Kühlturm des Kraftwerks ließen sie den Schriftzug „Braunkohle ist tödlich –
       Für unsere Dörfer und unser Klima“ projizieren.
       
       RWE bestätigte indes, ein Schreiben von Enkraft mit Fragen zur Strategie
       erhalten zu haben. „Wie jedem Investor haben wir ihnen angeboten, ein
       Gespräch über unsere Geschäftsstrategie zu führen“, sagte eine Sprecherin.
       
       9 Sep 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /CO2-Emissionen-bei-Stromproduktion/!5790393
 (DIR) [2] https://www.reuters.com/business/energy/exclusive-activist-enkraft-takes-stake-rwe-calls-separation-lignite-ops-2021-09-08/
 (DIR) [3] /Hochwasser-in-Nordrhein-Westfalen/!5787352
 (DIR) [4] /Klimaziele-aber-Oel-und-Gas-verkaufen/!5771470
 (DIR) [5] https://www.boerse-online.de/nachrichten/aktien/energiekontor-aktie-warnschuss-der-aktionaere-das-ist-jetzt-wichtig-1029276538
 (DIR) [6] /Parteien-zum-Kohleausstieg-2038/!5796211
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Kai Schöneberg
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
 (DIR) RWE
 (DIR) Investor
 (DIR) Braunkohle
 (DIR) CO2-Emissionen
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
 (DIR) Finanzmarkt
 (DIR) Wind
 (DIR) Schwerpunkt Hambacher Forst
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
 (DIR) Ölindustrie
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Kritischer Aktionär über Aktivismus: „Druck ist am effektivsten“
       
       Torten bei der VW-Hauptversammlung, Resolution beim Aktionärstreffen von
       Shell: Wie Aktivisten Macht bei Konzernen erlangen, erklärt Tilmann Massa.
       
 (DIR) Aktivistischer Investor: Mini-Aktionäre bei RWE scheitern
       
       Kleiner Investor, viel Krawall: Enkraft Capital will RWE grüner machen,
       setzt sich aber nicht durch. Der Konzern darf sein Kohlegeschäft behalten.
       
 (DIR) Kohlekonzern unter Druck: Mini-Investor mischt RWE auf
       
       Der aktivistische Aktionär Enkraft attackiert RWE: Der Umbau zu
       Erneuerbaren sei zu langsam. Jetzt wehrt sich der Aufsichtsratschef.
       
 (DIR) Hauptversammlungen während Pandemie: Protest braucht Präsenz
       
       Seit Corona halten Firmen ihre Hauptversammlungen online ab.
       Aktionärsvertreter:innen beklagen nun: Das schränke Kritikmöglichkeiten
       ein.
       
 (DIR) Solar- und Windkraft: Die Energiewende läuft an
       
       Immer mehr Solar- und Windkraftwerke finanzieren sich am Markt. Das liegt
       unter anderm daran, dass der CO2-Preis zuletzt stark gestiegen ist.
       
 (DIR) Urteil zum Hambacher Forst: Von wegen Brandschutz
       
       Für die Besetzenden ist das Kölner Urteil zum Hambacher Forst eine bittere
       Genugtuung. Ihren Mitstreiter macht es nicht wieder lebendig.
       
 (DIR) Rezo veröffentlicht neues Video: Hier spricht der Enkel
       
       In seinem neuen Video nimmt sich der Youtuber Rezo erneut die Klimapolitik
       der großen Koalition vor. Seine Bilanz ist vernichtend.
       
 (DIR) Klimaziele, aber Öl und Gas verkaufen: Big Oil setzt nicht auf grün
       
       Investoren, Regierungen und Gerichte drängen die Ölmultis stärker Richtung
       Umweltschutz. Aber viele wetten lieber auf ein Scheitern der Klimapolitik.