# taz.de -- FC Barcelona ohne Messi: Gegen die Mutlosigkeit
       
       > Nach dem Weggang von Lionel Messi sagen viele Barça eine düstere Zukunft
       > voraus. Ein Erfolg gegen den FC Bayern wäre gut für die Stimmung.
       
 (IMG) Bild: Gut gedehnt ist halb gewonnen. Barcelonas Memphis Depay in Ibrahimović-Manier
       
       FC Barcelona gegen Bayern München: Das waren immer wegweisende
       Champions-League-Duelle, die eine Mannschaft triumphal und die andere
       zerstört hinterließen. Das 4:0 der Katalanen im Viertelfinale 2009 führte
       bei den Münchnern zu Tränen und einer Katharsis, die letztlich in eine
       glorreiche Folgedekade mündete. Schon im Halbfinale 2013 wendeten sie das
       Blatt in deutlicher Form: 4:0 und obendrauf 3:0 im Rückspiel.
       
       2015 war es dann wieder Barça, das mit einem 3:0 im Halbfinale seinen
       Extrainer Pep Guardiola entzauberte. Doch erneut revanchierte sich Bayern
       bei nächster Gelegenheit noch fulminanter: das 8:2 im Viertelfinale 2020.
       Vergleichbar definitive Urteile wird das heutige Duell kaum sprechen
       können. Erstmals seit der Saison 1998/99 (zwei knappe Bayern-Siege) treffen
       sich beide Mannschaften schon in der Gruppe. Für Barça war ein guter
       Eindruck trotzdem selten wichtiger.
       
       Der Klub gleicht einer Dauerbaustelle ohne Aussicht auf Fertigstellung.
       Nach einem fast schon gewohnt chaotischen Sommer haben sich große Teile der
       Meinungsmacher mit dem Abgang von Lionel Messi noch nicht abgefunden und
       bezweifeln die offizielle Version, wonach die Schulden von 1,35 Milliarden
       Euro sowie die Gehaltsobergrenze der spanischen Liga keine
       Weiterbeschäftigung des sechsfachen Weltfußballers erlaubten.
       
       „Die Zukunft ist schwarz“, leitartikelte am Sonntag die vereinsnahe Sport,
       ohne Messi sei Barça bloß „ein mediokres Team“. Dass internationale
       Mittelmäßigkeit eher ein Fortschritt wäre gegenüber den desaströsen
       Auftritten mit Messi (nach dem 2:8 unter anderem ein 0:3 gegen Juventus
       Turin und ein 1:4 gegen Paris St. Germain, jeweils zu Hause) – diese Pointe
       fehlte freilich.
       
       ## „Dank mir hat dieser Klub eine Zukunft“
       
       Sie ist aber die große und wohl einzige Chance auf ein bisschen Frieden.
       Eine Rehabilitation gegen die Bayern könnte das defätistische Narrativ
       verändern, so was geht im Fußball ja oft schnell. Die Frage ist bloß: Woher
       soll sie kommen? „Über die Mannschaft“, sagt Trainer Ronald Koeman. Und:
       über ihn. „Dank mir hat dieser Klub eine Zukunft“, tönte er dieser Tage
       während einer Interviewtour in eigener Sache. Zu der sah er sich genötigt,
       weil er von Klubpräsident Joan Laporta allenfalls lauwarme Unterstützung
       bekommt.
       
       Wo Barça seit zweieinhalb Wochen nicht mehr gespielt hat – die Partie am
       Samstag in Sevilla wurde wegen der Nähe zur südamerikanischen
       WM-Qualifikation abgesagt –, wurde zuletzt umso mehr gequatscht, und
       Laporta erweckte dabei den Eindruck, dem Coach als Bedingung für eine
       Weiterbeschäftigung gewisse Klubinteressen in die Arbeit diktieren zu
       können. „Da redete er zu viel“, sagte Koeman. Jetzt, wo wieder gekickt
       wird, sollen die Scharmützel jedoch beendet sein. „Es gibt kein Problem mit
       dem Präsidenten“, so der Niederländer.
       
       Der ehemalige Libero und Held von Barças erstem Champions-League-Sieg 1992
       ist während seines ersten Amtsjahres kaum als taktischer Innovator
       aufgefallen. Auf Verdienste bei der Fahndung nach einer Perspektive beruft
       er sich aber mit Grund. Koeman setzt so ungeniert auf die Jugend, dass er
       aus dem 18-jährigen Pedri innerhalb einer Saison einen internationalen
       Spitzenspieler formte. Weitere Talente stehen in den Startlöchern, nachdem
       er sie zu sich in die erste Mannschaft beförderte.
       
       Außerdem war es Koeman, der um eine Verpflichtung des ablösefreien Memphis
       Depay warb – sein Landsmann avancierte in den ersten Spielen zum großen
       Lichtblick in der Offensive. Dort hat Barça wegen seiner finanziellen
       Engpässe neben Messi (jetzt Paris SG) auch Antoine Griezmann abgegeben,
       nachdem vorigen Sommer schon Luis Suárez ging (beide zu Atlético Madrid).
       Zumal Hoffnungsträger Ansu Fati, 18, nach einer langwierigen Knieoperation
       und auch mal wieder Ousmane Dembélé verletzt fehlen, klingt der Verfall im
       Angriff besonders drastisch.
       
       Bei Barça wollen sie sich trotzdem nicht so kleinmachen. Koeman glaubt fest
       daran, dass ein Spiel gegen Bayern eine Umkehr bringen kann. Oder zumindest
       die Möglichkeit zur Korrektur des infamen 2:8. „Das muss uns bewusst sein“,
       fordert er und hat dabei zumindest einen psychologischen Vorteil: Schlimmer
       kann es ja nicht werden.
       
       14 Sep 2021
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Florian Haupt
       
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