# taz.de -- Angriffe auf Linke in Griechenland: Neonazis wüten in Hellas
       
       > Das Ziel sind Antirassisten und Flüchtlingshelfer: Mit Äxten und Messern
       > sind Angreifer in den vergangenen Tagen gegen ihre Opfer vorgegangen.
       
 (IMG) Bild: Rechte Jugendliche und Hooligans am 1. Oktober in Thessaloniki
       
       ATHEN taz | Am helllichten Tag tauchten sie auf – und schlugen brutal zu:
       Diesmal waren die Opfer Flüchtlingshelfer der „Bewegung gegen Rassismus und
       die faschistische Gefahr“ (Keerfa). Was die Antirassisten verbrochen
       hatten? Sie hatten am Sonntag auf dem zentralen Platz des Athener Vororts
       Neo Irakleio Infostände aufgebaut.
       
       Dann seien etwa 15 Männer mit Brechstangen auf die Keerfa-Mitglieder
       losgegangen und hätten sie mit Faustschlägen traktiert, berichteten
       Augenzeugen. Nach Keerfa-Angaben haben mehrere Personen Verletzungen
       erlitten.
       
       Die Polizei traf erst nach dem Angriff ein. Am Montag nahm sie einen
       Tatverdächtigen fest. Medienberichten zufolge sei der 30-Jährige Mitglied
       der rechtsextremen Gruppierung „Propatria“.
       
       Erst wenige Stunden zuvor hatte im Vorort Ilioupolis der nordgriechischen
       Metropole Thessaloniki ein halbes Dutzend mit Baseballschlägern und
       Eisenketten bewaffneter Männer eine Gruppe von Mitgliedern der
       Jugendorganisation der Kommunistischen Partei Griechenlands (KKE)
       angegriffen.
       
       Die Parteijugend hatte Flugblätter mit antifaschistischem Inhalt verteilt.
       Vier Personen seien bei dem Angriff der mutmaßlichen Neonazis verletzt
       worden, so die KKE. Auch hier soll die griechische Polizei auffällig passiv
       geblieben sein, wie Beobachter klagten.
       
       ## Nazigruß auf Schulgelände
       
       Die Angriffe auf Linke, Antirassisten und Antifaschisten in
       [1][Griechenland] hatten am Montag vergangener Woche im Westen
       Thessalonikis, einem sozialen Brennpunkt der Stadt, begonnen. Schwarz
       gekleidete Jugendliche und Männer hatten aus einer Berufsschule im Vorort
       Stavroupolis heraus mit Eisenstangen, Äxten, Messern und Steinen Linke
       attackiert, die vor der Schule Flugblätter gegen die Bildungs- und
       Schulpolitik der konservativen Regierung unter Premierminister Kyriakos
       Mitsotakis verteilten. Bilder zeigen, wie sie völlig unbehelligt auf dem
       Areal der Schule mit Nazigruß ihre Gesinnung preisgaben.
       
       Am folgenden Morgen kam es in und vor der Berufsschule erneut zu schweren
       Ausschreitungen zwischen Neonazis und nun gegen die Vorfälle vom Vortag
       protestierenden Linken. Am Mittwoch wütete dann ein Stoßtrupp der Neonazis
       in der Berufsschule in Evosmos, einem weiteren Vorort Thessalonikis. Die
       Polizei nahm mehrere Personen in Gewahrsam. Im benachbarten Stavropoulis
       konnte der Unterricht nur unter starker Bewachung durch die
       Bereitschaftspolizei stattfinden.
       
       ## Bedeutender Jahrestag steht an
       
       Die rechtsextremen Angriffe ereignen sich im Vorfeld des ersten Jahrestags
       des denkwürdigen [2][Gerichtsurteils aus dem Oktober 2020] zur
       berühmt-berüchtigten Ex-Parlamentspartei „Goldene Morgenröte“. Das Athener
       Berufungsgericht hatte unter anderem die gesamte Führungsriege unter
       Parteiführer Nikos Michaloliakos nach einem Mammutprozess zum Mord am
       linken HipHop-Sänger Pavlos Fyssas 2013 in Athen wegen der Bildung und
       Leitung einer kriminellen Vereinigung sowie Waffenbesitzes zu Haftstrafen
       von bis zu 13 Jahren und acht Monaten für schuldig gesprochen. Gegen den
       Mörder Georgios Roupakias wurde eine lebenslängliche Haftstrafe plus 14
       Jahre verhängt.
       
       Nach dem Urteil waren nicht zuletzt die im Athener Parlament vertretenen
       Parteien davon ausgegangen, dass das Unwesen der griechischen Neonazis
       damit beendet sei – offenbar ein Trugschluss, wie die Ereignisse der
       letzten Tage belegen.
       
       Wie aktiv die Rechtsextremen in Griechenland auch nach der Inhaftierung der
       Führungsspitze der „Goldenen Morgenröte“ bleiben, belegt ein weiterer
       Umstand: Vor einem Lyzeum in Pylaia, einem Vorort von Thessaloniki,
       versuchten Neonazis am 22. September, Schüler zu rekrutieren. Ungestört
       konnten sie vor Unterrichtsbeginn Flugblätter verteilen, auf denen unter
       dem Titel „Wie du ein Krimineller wirst“ stand: „Verabscheust du deinen
       Lehrer, dem beim Wort Nation und Rasse übel wird? Willst du, dass deine
       Mutter und Schwester keine Angst haben, abends auf die Straße zu gehen?
       Glückwunsch! Dann bist du auch ein ‚Mitglied einer kriminellen
       Vereinigung‘“ – offenkundig ein ironischer Verweis auf die Verurteilung der
       Mitglieder der „Goldenen Morgenröte“ vor fast einem Jahr.
       
       4 Oct 2021
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
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