# taz.de -- Wahl in Kanada: Job auf Bewährung
       
       > Obschon Justin Trudeau Wahlsieger ist, hat er sein Ziel der absoluten
       > Mehrheit verpasst. Die Pandemie zu bewältigen, ist nun die zentrale
       > Mission.
       
 (IMG) Bild: Justin Trudeau während der Wahlparty in Montreal
       
       Justin Trudeau hat sich mit Ach und Krach noch einmal [1][über die
       Ziellinie gerettet]. Anders als von vielen vorhergesagt, konnte der
       kanadische Premierminister bei den vorgezogenen Parlamentswahlen das Ruder
       auf den letzten Metern noch einmal herumreißen und sich trotz schlechter
       Umfragewerte eine dritte Amtszeit sichern. Von einem glorreichen Sieg kann
       allerdings keine Rede sein.
       
       Denn sein eigentliches Ziel hat er verfehlt. Trudeau hatte hoch gepokert
       und zwei Jahre vor dem Ablauf der Legislaturperiode Wahlen ausgerufen, um
       sich eine absolute Mehrheit zu sichern. Das hat er nicht geschafft.
       Stattdessen ist er wie bisher auf die Hilfe der Opposition angewiesen, um
       wichtige Vorhaben durch das Parlament zu bringen und das Land aus der
       Coronapandemie zu führen.
       
       Tatsächlich gleicht das Wahlergebnis des Jahres 2021 verblüffend [2][dem
       von 2019] und viele Kanadier fragen sich: warum nur diese Wahl? Es ist eine
       Frage, auf die Trudeau den ganzen Wahlkampf über keine überzeugende Antwort
       geben konnte. Dass er dafür nicht härter abgestraft oder gar abgewählt
       wurde, hat er nicht sich selbst zu verdanken, sondern der Schwäche der
       Opposition.
       
       Die Konservativen unter Parteichef [3][Erin O’Toole] holten nach einem
       engagierten Wahlkampf zwar die meisten Stimmen, konnten sich in den urbanen
       Zentren des Landes jedoch nicht durchsetzen und aufgrund des
       Mehrheitswahlrechts nicht genügend Sitze gewinnen. Die Grünen fielen trotz
       der klimabedingten Waldbrände im Westen des Landes auf den Status einer
       Splitterpartei zurück.
       
       Die Botschaft der Wähler: Sie waren verärgert über den Machtpoker Trudeaus,
       am Ende aber doch nicht bereit, ihren Regierungschef mitten in der Pandemie
       auszuwechseln. Also haben sie über seine Skandale, charakterlichen
       Schwächen und Glaubwürdigkeitsprobleme hinweggesehen und ihn aufgefordert,
       den Job zu Ende zu bringen. Nach dem Motto: Hosenboden statt „sunny ways“.
       
       Es ist ein Job auf Bewährung, denn Trudeau ist spätestens jetzt politisch
       angezählt. Mit viel Fleißarbeit wird er das Land nun aus der Pandemie
       führen müssen – seriös und ohne Glamour. Dass er das kann, hat er in den
       letzten eineinhalb Jahren gezeigt, denn Kanada steht heute besser da als
       viele andere Länder. Es ist Trudeaus Chance, verlorenes Vertrauen
       zurückzugewinnen. Womöglich seine letzte.
       
       21 Sep 2021
       
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